Die Welt befindet sich im zweiten Frühling der Corona-Pandemie und hofft inständig, dass es keinen dritten geben wird. Foto: ozrimoz/ Shutterstock

Ostern steht vor der Tür, und ähnlich wie im vergangenen Jahr werden wir das Fest auch diesmal mit Einschränkungen feiern müssen - Corona sei Dank. Ein zweites Frühjahr im Lockdown: Anlass für uns, zurückzublicken.

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Oberndorf - Über ein Jahr Corona-Lockdown liegen hinter uns - und ein Ende ist nicht in Sicht. Als im März 2020 Schulen und Kindergärten geschlossen wurden, galten die Schließungen vorerst bis Ostern. Es sollten Monate daraus werden, begleitet von Einschränkungen aller Lebensbereiche.

Aber wie sah das Leben vor einem Jahr aus, wie haben wir den Frühling 2020 verbracht - und was hat sich seither verändert?

Ende Februar 2020 hatte das Coronavirus erstmals die Schwabo-Region erreicht: Ein 32-jähriger Mann aus dem Kreis Rottweil war nach der Rückkehr aus Italien positiv auf das Virus getestet worden. Er war zu dem Zeitpunkt der vierte Infizierte in Baden-Württemberg - nach einem ersten Fall im Kreis Göppingen und zwei weiteren im Landkreis Tübingen.

Dies war auch die Geburtsstunde unseres Coronavirus-Newsblog, in dem wir bis heute über die aktuelle Corona-Lage informieren.

Seit Beginn der Corona-Pandemie starren wir gebannt auf die Zahlen - allerdings hat sich der Fokus immer wieder verlagert. 
Während seit Herbst 2020 das Hauptaugenmerk auf der sogenannten 7-Tage-Inzidenz (Zahl an Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche) liegt, blickten die Verantwortlichen anfangs auf ganz andere Werte: Im März 2020 war das in erster Linie die Gesamtzahl der bestätigten Coronavirus-Fälle pro Landkreis - anfangs ohne sie ins Verhältnis zur Einwohnerzahl oder zur Zahl der bereits Genesenen zu setzen. Auf Bundesebene sprach man zu diesem Zeitpunkt indes viel vom sogenannten R-Wert - er gibt an, wieviele weitere Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt. 
In einem nächsten Schritt legte man das Augenmerk auf die Kapazitäten der Krankenhäuser und die Zahl der belegten Intensivbetten
Viel beachtet war und ist auch die Zahl der verstorbenen Infizierten. Vor allem die Frage, ob jemand an oder mit dem Virus gestorben ist, wurde viel diskutiert. Der Streit hält sich hartnäckig bis heute, obwohl Pathologen bestätigten, dass ein Großteil der obduzierten Menschen, die sich vor ihrem Tod mit dem Coronavirus infiziert hatten, tatsächlich an Covid-19 gestorben ist. 

Am 5. März wurde Südtirol zum Risikogebiet erklärt, aber für Urlauber aus Baden-Württemberg war es bereits zu spät: Reiserückkehrer aus dem Zollernalbkreis zum Beispiel hatten das Virus zu der Zeit schon in ihre Heimat gebracht. Für Südtirol-Rückkehrer wurde eine Selbstisolation empfohlen, verpflichtend war sie jedoch nicht. Dasselbe galt für Tirol - dort galt Ischgl als Corona-Hotspot.

Das Aus für die Großveranstaltungen kam am 10. März - und blieb bis heute: Nach Bayern und vielen weiteren Bundesländern zog auch Baden-Württemberg die Reißleine und untersagte Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ermöglichte ab Mitte März Krankschreibungen per Telefon: Bei leichten Erkältungssymptomen konnte man sich fortan nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt krankschreiben lassen, ohne die Praxis aufsuchen zu müssen. Die Regelung galt bis Ende Mai und trat im Herbst 2020 erneut in Kraft. Laut aktuellem Stand läuft sie Ende März 2021 aus.

Schulschließungen bis Ostern? Am 11. März in Baden-Württemberg noch unvorstellbar, obwohl erste Lehrer die Forderung aussprachen. Die Elternbeiräte hielten dagegen. Das Land sei auf allgemeine Schulschließungen nicht vorbereitet, der Grund: "Wir haben keine Möglichkeiten, auf digitale Bildungsangebote auszuweichen, weil wir nach wie vor in der Steinzeit sind", argumentierte der Vorsitzende des Landeselternbeirats, Carsten Rees. Die endgültige Entscheidung fiel am Freitag, den 13. März: Vom folgenden Dienstag an sollten alle Schulen und Kindergärten im Land geschlossen werden - laut damaliger Planung bis nach den Osterferien am 19. April. Kultusminsterin Susanne Eisenmann sprach von "drastischen Maßnahmen". Die Landesregierung appellierte eindringlich an die Bevölkerung, die Kinder während der Zeit nicht von den Großeltern betreuen zu lassen, um ältere Menschen nicht zu gefährden. Eine Notbetreuung sollte für Kinder von Eltern geschaffen werden, die beide in der sogenannten kritischen Infrastruktur arbeiten. Auch der Studienbetrieb an Hochschulen sollte bis zum 19. April ausgesetzt werden.

Der Ansturm auf die Supermärkte begann: Leergefegte Regale prägten das Bild. Regelrecht gehamstert wurden vor allem haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis und Konserven, Drogerieartikel und natürlich immer wieder Toilettenpapier. Die Märkte sahen sich dem Ansturm stellenweise nicht gewachsen, auch wenn sie nicht müde wurden zu betonen, dass die Versorgung gesichert sei.
Auch beim Alkohol griffen Konsumenten häufiger zu: Von Ende Februar bis Ende März 2020 gingen gut ein Drittel mehr Weinflaschen über die Ladentheken als im gleichen Zeitraum 2019.

Die Ausgehfreude und Reiselust der Menschen sank in den Keller - und der Tourismus im Land erlebte den ersten von vielen Tiefschlägen. "Die Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie sind schon jetzt gewaltig", erklärte Wolfgang Weiler von der Schwarzwald Tourismus GmbH in Freiburg, Anfang März gegenüber dem Schwarzwälder Boten. "Viele mittelständische Betriebe im Hotel- und Gaststättengewerbe sind durch diesen plötzlichen und heftigen Rückgang schon jetzt an der Grenze ihrer wirtschaftlichen Belastungsfähgigkeit", betonte der Dehoga-Landesvorsitzende Fritz Engelhardt. Einen plötzlichen Boom erlebten hingegen die Lieferdienste: Anstatt ins Restaurant zu gehen, ließen sich die Menschen ihr Essen nach Hause bringen.
Ebenfalls im März begann eine weltweite Rückholaktion für im Auslang gestrandete Deutsche. Bis April wurden rund 250.000 Menschen nach Deutschland zurückgeflogen. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte die "Luftbrücke" für deutsche Touristen gestartet, um zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften Reisende aus den Ländern zurückzuholen, aus denen es keine regulären Flüge mehr gab.

Der Betrieb von Gaststätten wurde wenig später laut Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg generell untersagt - mit Ausnahme von Speisegaststätten. Diese mussten ihre Öffnungszeiten jedoch auf 6 bis 18 Uhr beschränken und einen Abstand von 1,5 Metern zwischen den Tischen gewährleisten. Klassische Bars und Kneipen machten dicht. Die Restaurants blieben jedoch nicht lange weiter geöffnet: Vom 21. März an mussten alle Gaststätten schließen, nur Essen zum Mitnehmen blieb erlaubt.

Die Nachricht über den ersten Corona-Todesfall im Land ereilte Baden-Württemberg am 12. März: Ein 67-jähriger Mann aus dem Rems-Murr-Kreis war der vierte Mensch in Deutschland, der mit einer Covid-19-Erkrankung starb. Am selben Tag starb ein 80-jähriger Mann aus dem Kreis Esslingen in einer Klinik, zuvor war er positiv auf das Coronavirus getestet worden. "Der zweite im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehende Todesfall im Land und einige infizierte Menschen, die derzeit mit schwerem Krankheitsverlauf auf Intensivstationen liegen, zeigen eindringlich, wie ernst die Situation für unser Gesundheitswesen ist", erklärte Landesgesundheitsminister Manne Lucha damals und ergänzte: "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von höchster Dringlichkeit."

Der "richtige" Lockdown wurde am 16. März verkündet: Nach Kindergärten und Schulen wurden die Grenzen weitgehend geschlossen, außerdem die Flughäfen dicht gemacht. Übernachtungsangebote für Touristen wurden verboten, ebenso wie Vereinstreffen und Busreisen. Profi- und Amateursportvereine mussten pausieren. Hart für die Kinder, die nicht mehr in Kita und Schulen durften: Auch die Spielplätze wurden geschlossen - übrigens für eineinhalb Monate, bis Anfang Mai. Auch die Justiz schränkte ihren Alltag in Gerichten und Gefängnissen so weit wie möglich ein. Häftlinge durften nicht mehr besucht werden. Große Unternehmen fuhren ihre Produktionen herunter, unter anderem beim Autobauer Daimler herrschte wochenlang Stillstand.

Am 18. März trat in Baden-Württemberg erstmals eine Corona-Verordnung der grün-schwarzen Landesregierung in Kraft, die Maßgabe: Alles, was notwendig ist, bleibt möglich - was nicht notwendig ist, soll auf null. 
Geschlossen wurden neben Geschäften aller Art Kultureinrichtungen wie Museen und Theater, Bildungseinrichtungen wie Musikschulen, Kinos, Bäder, Saunen, öffentliche und private Sportanlagen und Sportstätten. Hinzu kamen Bibliotheken, Spielhallen, Bordelle, Eisdielen, Bars, Discos, Kneipen Messen, Ausstellungen sowie Freizeit- und Tierparks. Hotels durften ihre Betten nicht mehr zu rein touristischen Zwecken vergeben. In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen galt ein grundsätzliches Besuchsverbot - ohne Ausnahme.
Gottesdienste und andere religiöse Veranstaltungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen wurden nun grundsätzlich untersagt. Ausnahmen waren unaufschiebbare Zeremonien wie Taufen und Eheschließungen im engsten Familien- und Freundeskreis mit nicht mehr als fünf Teilnehmern sowie Gottesdienste im kleinsten Rahmen zur Aufzeichnung und medialen Verbreitung. Auch Erd- und Urnenbestattungen sowie Totengebete blieben erlaubt, wenn sie unter freiem Himmel mit nicht mehr als zehn Teilnehmern stattfanden.
Offen blieben Lebensmittelläden, Wochenmärkte, Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau sowie Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.
Wenig später folgte die Schließung von Friseuren, Blumenläden und Massagestudios. Grundsätzlich nicht betroffen blieben Handwerk und Dienstleistungen.

In Baden-Württemberg wurde es leiser: In den Innenstädten herrschte Mitte März plötzlich Stille, wo sich zuvor noch Leute in der Mittagspause getroffen hatten, wo Kinder lärmend auf dem Nachhauseweg waren. Vereinzelt hatten Geschäfte mit Hinweis auf die Viren-Gefahr bereits geschlossen, obwohl sie zu dem Zeitpunkt eigentlich noch öffnen durften. Um Ansammlungen zu vermeiden, wurden zusätzliche Maßnahmen getroffen - unter anderem wurden in Horb Bänke bei Ausflugszielen entfernt.
Vor allem ältere Menschen trauten sich nicht mehr aus dem Haus aus Angst, sich mit dem Virus zu infizieren. Die Folge war eine beispiellose Welle der Hilfsbereitschaft, die in der Bevölkerung entstand: Einkaufen für andere, Bringdienste und Nachbarschaftshilfen sprossen aus dem Boden. Zudem boten viele geschlossene Geschäfte einen Lieferservice an, teilweise stiegen sie auch auf "virtuelles Einkaufen" um.

Als erste Stadt in Baden-Württemberg griff Freiburg am 19. März durch und erließ eine "eingeschränkte Ausgangssperre": Mit einem Betretungsverbot für öffentliche Orte sollte die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden. Das Zuhause durfte nur noch für dringende Angelegenheiten verlassen werden - also zum Arzt, zur Arbeit oder zum Einkauf von Lebensmitteln.
Das Land Baden-Württemberg zog einen Tag später nach und verbot Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen. Mehr als drei Personen durften nicht mehr zusammenkommen - ausgenommen Mitglieder des eigenen Haushalts. Auch im privaten Raum sollte von Treffen abgesehen werden, appellierte Ministerpräsident Winfried Kreschmann.

Leidtragende der Corona-Krise waren fortan viele. Unter anderem Paare, von denen ein Teil auf deutscher Seite und der andere Teil in der Schweiz lebte: "Besuchsreisen nicht gestattet", hieß es von der Bundespolizei, weshalb sich Liebende am provisorischen Grenzzaun in Konstanz versammelten, um einander nahe zu sein.

Mit Inkrafttreten am 29. März beschloss das Innenministerium Baden-Württemberg einen Bußgeldkatalog zur Corona-Verordnung. Bei Verstößen erwartet die Betroffenen seither teilweise ein empfindliches Bußgeld. Für die Überwachung der Einhaltung sind sowohl die Ordnungsämter als auch die Polizei zuständig.

Anfang April dann der erste Lichtblick: Der Anstieg der Corona-Infektionen im Land begann sich zu verlangsamen. Die Verlangsamung sollte dem Land Zeit verschaffen, um das Gesundheitssystem vorzubereiten und mehr Betten mit Beatmungsmöglichkeiten bereitzustellen. Zu der Zeit wurde gegen Ostern der erste Höhepunkt der Infektionszahlen erwartet. Erst nach Ostern könne man über mögliche Lockerungen entscheiden, hieß es damals. Bundesgesundheitsminster Jens Spahn allerdings stellte klar: "Das, was sicherlich als letztes wieder möglich ist, das ist im Zweifel die Party und das Volksfest." Er sollte Recht behalten.

Immer mehr Corona-Schwerpunktpraxen in der Region nahmen ihren Betrieb auf. In sogenannten Fieberambulanzen konnten sich Menschen mit Symptomen auf das Coronavirus testen lassen, ohne andere Patienten in den Arztpraxen zu gefährden. Die Praxen bestehen größtenteils bis heute und wurden inzwischen sogar ausgeweitet.

Vielerorts im Land wurden Notfallkliniken errichtet, um für die steigenden Corona-Fallzahlen gewappnet zu sein. Unter anderem in Stuttgart und Balingen wurden Feldbetten in Messe- und Turnhallen aufgebaut, in anderen Orten wurden Rehakliniken zu Corona-Krankenhäusern umfunktioniert - zum Beispiel im Kreis Freudenstadt. Die zusätzlich geschaffenen Flächen wurden größtenteils nicht benötigt und im Frühsommer wieder aufgelöst.
Parallel dazu beschloss das grün-schwarze Kabinett zu Ostern Ausgangsbeschränkungen für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann begründete die Maßnahme damit, dass das bereits geltende Besuchsverbot in Heimen immer wieder umgangen worden sei, indem sich die Bewohner einfach abholen ließen. 

Auf Unverständnis und Verärgerung stieß Anfang April die Mitteilung des Krankenhauses Freudenstadt, Väter nicht mehr mit in den Kreißsaal zu lassen. Der immense Protest zeigte erst einige Wochen später Wirkung: Die Klinik erlaubte den Männern wieder, die werdenden Mütter zu begleiten.

"Kommen die Grundrechte unter die Räder?", hieß es pünktlich zum Osterfest vielerorts in Deutschland. Der Grund: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie waren die bis dahin drastischsten Beschränkungen der Freiheitsrechte in der Geschichte der Bundesrepublik. Kein Oster-Gottesdienst, kein Familientreffen und nicht mal ein Feiertagsausflug - und in einigen Bundesländern durfte zu der Zeit nicht mal demonstriert werden. Die Bürger verschafften sich daher anders Gehör: Landauf, landab gingen Eilanträge bei den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten ein.

Die Landesregierung überarbeitete derweil kurz vor Karfreitag die Corona-Verordnung für Baden-Württemberg. Demnach durften Behandlungen beim Zahnarzt nur noch im Notfall durchgeführt werden. Die Landeszahnärztekammer lief Sturm, woraufhin Nachbesserungen folgten - wenn auch nur gering.
Ebenfalls gänzlich verboten wurde in der überarbeiteten Verordnung die Prostitution. Neuankömmlinge in Landeserstaufnahmestellen mussten ab sofort für 14 Tage unter Quarantäne gestellt werden. Da die Infektionszahlen zu dem Zeitpunkt weltweit hoch waren, gab es ab dem 10. April keine Ausweisung von Risikogebieten mehr.

Das erste Osterfest unter Pandemiebedingungen brachte vor allem eines: viel freie Zeit. Ausflüge, Reisen, Feste - alles war im April 2020 nicht möglich. Verwandte "in gerader Linie" sowie deren Partner durften zusammenkommen, allerdings nur im privaten Raum, jedoch unabhängig von einer Personenzahl. Bei Treffen mit Freunden galt eine Beschränkung auf maximal fünf Personen, im öffentlichen Raum war dies nur zu zweit erlaubt.
Wegen der Ausgangsbeschränkungen gab es auf den Autobahnen und Rasthöfen im Land verstärkte Polizeikontrollen. Wie erwartet blieben die Straßen deutlich leerer als in "normalen" Jahren.

Das Corona-Karussell nahm immer mehr Fahrt auf. Die Erkenntnis, dass die Situation wirklich ernst war, nahm in den Köpfen der Menschen zu. Die drängenden Fragen: Bin ich selbst schon infiziert? Ist jemand meiner Nächsten infiziert? Und bin ich als Nicht-Infizierter nicht in stetiger, dauerhafter Gefahr? Was kommt nach einer Infektion? Was nach der Pandemie? Fragen, auf die es bis heute keine ausreichenden Antworten gibt.

Homeoffice, Homeschooling und Bespaßung der Kleinsten - der neue Alltag stellte viele Familien vor neue Herausforderungen. Die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche im Schwarzwald-Baar-Kreis war eine der ersten im Land, die eine Hilfe-Hotline ins Leben rief.
Auch das Land Baden-Württemberg richtete eine Telefonberatung ein, die sich in der Corona-Krise an Menschen mit psychischen Belastungen richtete. Bereits in der ersten Woche wurde sie mehrere Hundert Mal genutzt, teilte das Sozialministerium mit. Häufig riefen Betroffene demnach wegen der Kontakt- und Ausgangseinschränkungen sowie wegen Ängsten zum Beispiel vor einer Infektionen an.

Inzwischen begann das Virus, sich in Alten- und Pflegeheimen auszubreiten und damit die besonders gefährdeten Altersgruppen zu treffen. Im Kreis Calw standen bereits Anfang April zwei Heime unter Quarantäne. Auch im Zollernalbkreis spitzte sich die Lage zu. Im Kreis Freudenstadt starben im April acht Heimbewohner nach einer Covid-19-Erkrankung.
Auch in Flüchtlingsunterkünften und Landeserstaufnahmestellen begann sich das Coronavirus auszubreiten, unter anderem in Ellwangen und Konstanz.

Der Lockdown wirkte sich von Anfang an auf die Wirtschaft aus: Bereits Mitte April hatten in Deutschland 725.000 Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. In Baden-Württemberg waren es zu dem Zeitpunkt 89.000 Betriebe - rund 10.000 mehr als noch eine Woche zuvor. Damit schickte jeder Dritte Betrieb im Land seine Mitarbeiter in Kurzarbeit.

In einem Fleischwerk im Enzkreis gab es im April einen massiven Corona-Ausbruch, mehrere hundert Mitarbeiter wurden positiv getestet. Der Betrieb wurde komplett unter Quarantäne gestellt. Wie später bei Tönnies auch, war ein Großteil der Beschäftigten aus dem Ausland und über Subunternehmer im Einsatz. Das Bundeskabinett beschloss daher Ende Mai ein "Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft": Seit 1. Januar sind Werksvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassungen nicht mehr möglich.

Durch die Corona-Krise kam es auch zu einem dramatischen Einbruch der Wetterdaten: Verantwortlich dafür war laut WetterOnline vor allem der Rückgang des Flugverkehrs. Die Flugzeuge konnten demnach keine Wetterdaten mehr an die Bodenstationen funken.

Der Hammer folgte Mitte April im Kreis Rottweil: Als erste Stadt in Baden-Württemberg führte Sulz am Neckar eine Maskenpflicht ein. Sie gelte auf allen öffentlichen Straßen und Plätzen, beim Einkaufen, im Bus und auch am Arbeitsplatz, sofern dort der vorgeschriebene Mindestabstand von eineinhalb Metern nicht sicher eingehalten werden könne, erklärte ein Sprecher der Stadt.
Die Maskenpflicht für ganz Baden-Württemberg folgte zwei Wochen später: Ab dem 27. April mussten beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr Alltagsmasken getragen werden. Zuvor hatte es diesbezüglich nur eine "dringende Empfehlung" gegeben. Da zu der Zeit in Deutschland allgemein viel zu wenig Masken verfügbar waren, konnte es laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann auch ein Schal sein.
Engpässe gab es im April aber nicht nur bei Masken, sondern auch bei Desinfektionsmitteln, die größtenteils ausverkauft waren. Brauereien sprangen in die Bresche und lieferten hochprozentigen Alkohol an Apotheken, damit diese Desinfektionsmittel herstellen konnten. Auch die Alpirsbacher Klosterbrauerei beteiligte sich an der Aktion.

Mitte April, nach Ostern 2020, der erste Hoffnungsschimmer: Winfried Kretschmann verkündete, dass kleine und mittlere Geschäfte alsbald unter strengen Auflagen öffnen dürften, ebenso wie Auto- und Fahrradhändler sowie Buchhandlungen. Hotels und Gastronomen hingegen gingen vorerst leer aus, genauso wie Schüler und Kindergartenkinder. Auch die strengen Kontaktbeschränkungen blieben bestehen.
Hoffnung machte die Nachricht, dass am 20. April der Thekenverkauf wieder erlaubt sein sollte - und damit die Eisdielen wieder geöffnet werden durften.

Neben Lockerungen gab es aber auch Rückschläge: So wurden Mitte April sämtliche Großveranstaltungen bis Ende August verboten. Damit war der Festival-Sommer zu Ende, ehe er überhaupt angefangen hatte.

"Sind Kinder die neuen Hunde"?, fragte eine Leserin und wandte sich nach einem Besuch im Rottweiler Hornbach-Baumarkt empört an uns: Man habe ihrer Familie keinen Zutritt in den Markt gewährt, da nur eine Person pro Familie das Geschäft betreten dürfe. Hornbach hingegen verwies darauf, dass ein Baumarkt-Besuch kein Familienausflug sein könne.

"Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären" - mit diesem Zitat erntete der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer Ende April deutschlandweit Kritik, aber auch Zustimmung. Der Grünen-Politiker forderte unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für junge und ältere Menschen anstelle einer Beschränkung für alle Altersstufen. 
Immer mehr Menschen wehrten sich gegen die strengen Corona-Regeln und forderten eine Lockerung der Maßnahmen - allen voran die Stuttgarter Initiative "Querdenken": Regelmäßig fanden ab April Demonstrationen statt, unter anderem auf dem Cannstatter Wasen. Bundesweit gab es ähnliche Kundgebungen.

Und endlich kamen die lang ersehnten ersehnten Lockerungen: Spielplätze, Gedenkstätten, Zoos und Museen durften Anfang Mai wieder öffnen. Lichtblicke gab es auch für Friseure, Fußpfleger und Zahnärzte.

Eine stufenweise Öffnung der Schulen begann am 4. Mai, so dass zumindest die Prüflinge wieder an die Schulen zurückkehren konnten, um sich unter anderem auf Abitur oder Mittlere Reife vorbereiten zu können. An Kindergärten wurde eine erweiterte Notbetreuung angeboten. Damit durften auch Kinder von berufstätigen Eltern notbetreut werden, die nicht in der kritischen Infrastruktur tätig sind.

Nach knapp acht Wochen Zwangspause feierten die Kirchen im Südwesten erstmals wieder gemeinsame Gottesdienste mit Gläubigen. Neben dem Mindestabstand und einer Besucherbegrenzung war das gemeinsame Singen aus Infektionsschutzgründen untersagt.

Am 11. Mai folgte eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen: Nun durfte man sich mit einem weiteren Haushalt draußen treffen. Im privaten Raum waren nun auch Treffen mit Geschwistern und deren Familien möglich.

Nach mehreren Wochen der Corona-Zwangspause nahm die Mobilität der Bevölkerung plötzlich wieder zu. Immer mehr Menschen zog es bei frühlingshaftem und sommerlichem Wetter nach draußen in die Natur. Dies beobachtete auch die Bergwacht Schwarzwald, und sie mahnte zur Vorsicht: Rettungseinsätze seien für die Helfer wegen des Coronavirus mit einem höheren Aufwand verbunden.
Profitiert von der Corona-Krise haben auch Fahrradhändler: Manche Geschäfte wurden geradezu überrannt.

In Baden-Württemberg wurden Maßnahmen für eine lokale Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen: Wenn ein Landkreis innerhalb von sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner verzeichnete, mussten regional konsequente Beschränkungen eingeführt werden.

Ab 18. Mai durften Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Patienten in Krankenhäusern wieder besucht werden.
Öffnen durften am 18. Mai auch Sonnen-, Kosmetik- und Tattoo-Studios, Spielhallen, Fahrschulen sowie Tennis- oder Golfplätze.

Die Menschen wollten plötzlich wieder ausgehen, Freizeit und Kultur erleben. Wegen der Kontaktbeschränkungen mussten Veranstalter aber umdenken. So sprossen überall in der Region zum Beispiel Autokinos aus dem Boden. Ein Verlustgeschäft, wie sich zeigen sollte, für die Besucher dennoch eine willkommene Abwechslung. Auch Autokonzerte sorgten für Zerstreuung - unter anderem in Balingen.

Dann die ersehnte Nachricht für Wirte und Hoteliers: Ab dem 18. Mai 2020 sollte es in der Gastronomie weitergehen. Los ging es mit Restaurants im Innen- und Außenbereich, gefolgt von Ferienwohnungen und Campingplätzen. Ab dem 29. Mai - rechtzeitig zu Pfingsten - durften Hotels wieder öffnen, genauso wie Freizeitparks. Auch der Europa-Park öffnete am 29. Mai seinen Park, die Hotels und die Camp-Ressorts.
Am 30. Mai durften Kneipen und Bars ihre Außenbereiche wieder öffnen.

Grünes Licht für öffentliche Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen für weniger als 100 Menschen gab es Anfang Juni. Bereits im Mai hatte der Profifußball wieder seinen Betrieb aufgenommen, allerdings durften Fußballspiele nur ohne Zuschauer stattfinden. Vereine setzten teilweise auf Pappfiguren, um die Geisterspiele für Spieler und Fernsehzuschauer weniger geisterhaft wirken zu lassen.
Auch die Vorgaben für private Feiern wie Hochzeiten und Geburtstage wurden gelockert. Demnach durften im privaten Raum bis zu zehn Personen aus mehreren Haushalten wieder zusammengekommen. Bei Veranstaltungen im Freien waren es bis zu 20 Personen. Die Personenbeschränkung galt nicht, wenn es sich um direkte Verwandte handelte.
Bei privaten Veranstaltungen folgten die Lockerungen Schlag auf Schlag: Bereits ab 9. Juni durften sich bis zu 20 Menschen aus unterschiedlichen Haushalten treffen.

Anfang Juni gab es allgemein jede Menge Lockerungen: Fitnesstudios durften öffnen, Sportvereine durften wieder in Hallen trainieren, und auch der Betrieb von Freibädern wurde wieder gestattet.

Reisebusse im touristischen Verkehr waren ab 15. Juni wieder erlaubt - das Comeback von Flixbus und Co. Auch die Auslandsreisen wurden wiederbelebt: In immer mehr europäischen Ländern war eine Einreise wieder ohne Quarantäne und ohne einen negativen Corona-Test möglich, außerdem hob die Bundesregierung die weltweite Reisewarnung auf.
Doch während Auslandsreisen wieder möglich wurden, beschloss das Land Baden-Württemberg ein Beherbergungsverbot für Reisende aus Corona-Hotspots in Deutschland.

Grünes Licht gab's Mitte Juni für das Tübinger Unternehmen Curevac: Es durfte mit den klinischen Prüfungen seines Impfstoff-Kandidaten beginnen. Auch der deutsche Staat investierte Millionen in die Entwicklung. Bis zur Zulassung kann es nach aktuellem Stand aber noch bis Sommer 2021 dauern.

Nach den Pfingstferien öffneten die Schulen im Land wieder. Viele Schüler nahmen erstmals seit drei Monaten wieder am Präsenzunterricht teil. Im "rollierenden System" sollten sich verschiedene Jahrgangsstufen abwechseln, außerdem sollten die Abstandsgebote eingehalten werden. Auch eine "Durchmischung" der Schüler in den Pausen wurde untersagt.
Weniger gut funktionierte das Konzept allerdings in den Schulbussen, wo sich Schüler aller Klassenstufen dicht an dicht drängten. Auch in der Region gab es jede Menge Kritik.

Am längsten warten mussten schlussendlich die Kleinsten: Erst Ende Juni öffneten die baden-württembergischen Kindergärten wieder für alle. Auch hier mussten die Gruppen streng getrennt bleiben.