"Jugend steht auf" – dieses von der Jungen Alternative beim Spaziergang präsentierte Banner sorgt für Sorgenfalten bei der Grünen Jugend. Foto: Eich

Die Spaziergänge gegen die Corona-Maßnahmen, die in Villingen-Schwenningen nun schon mehrfach stattgefunden haben, rufen auch die "Omas gegen Rechts" und die Grüne Jugend auf den Plan. Beide Gruppierungen sehen die Situation äußerst kritisch.

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Villingen-Schwenningen - So formulierten die Omas gegen Rechts einen offenen Brief zur lokalen Corona-Politik und äußern ihre Bedenken: "Wir, die ›Omas gegen Rechts‹ (...) beobachten mit Unverständnis, Sorge und immer größerem Zorn die montäglichen ›Corona-Spaziergänge‹ durch unsere Städte. Seit vielen Monaten befinden wir uns in einer Pandemie und seit Kurzem spitzt sich die Situation zu wie nie zuvor." Die Krankenhäuser arbeiteten am Limit und die Belastung der Pflegekräfte sei an einer Grenze, die für die gesamte Gesellschaft bedrohlich "und teilweise bereits überschritten ist".

In welcher Gesellschaft sich die Spaziergänger dabei bewegen, wird mit Sorge registriert: Hunderte Bürger gingen "gemeinsam mit Rechtsextremen wie dem sogenannten ›III. Weg‹, den JA, den ›Villinger Patrioten‹ und sonstigen radikalen, auf Telegram organisierten Initiativen auf die Straße und tragen damit erst recht zur Verbreitung des Coronavirus und antidemokratischer Ideologien bei".

"Gipfel der Geschmacklosigkeit"

Wenn dabei Vergleiche mit der Verfolgung von Juden im Nationalsozialismus hergestellt würden, sei dies ein "Gipfel der geschichtsvergessenen Geschmacklosigkeit". Zumal die Demonstranten im Dritten Reich allesamt im Gefängnis oder Konzentrationslager gelandet wären. "Wir fordern die demonstrierenden ›Spaziergänger:innen‹ auf, dieses weitere Befeuern der Pandemie zu unterlassen", schreiben die Omas gegen Rechts. Von den Entscheidungsträgern erwarten sie, diese Demonstrationen nicht länger hinzunehmen und dafür zu sorgen, dass Maskenpflicht und Abstände durchgesetzt werden.

Dass sie selbst die Corona-Beschränkungen ebenfalls als Last empfinden, daraus machen die Omas gegen Rechts keinen Hehl: "Wir tun es nicht gerne, aber wir tragen die temporären Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus mit: Aus Verantwortungsgefühl unserer Gesellschaft gegenüber und im Vertrauen darauf, dass die von der Wissenschaft empfohlenen und von der Politik beschlossenen Maßnahmen notwendig sind, um noch viel größeren Schaden abzuwenden." Begrüßen würden die Omas gegen Rechts auch kreative Maßnahmen, "wie zum Beispiel abgeschaltete Festbeleuchtung und ungemütliches Flutlicht zu ›Spaziergangszeiten‹, um den Pandemietreiber:innen und Demokratiefeind:innen keine Kulisse zu bieten." Gegen eventuelle Parolen hülfe zudem ohrenbetäubendes Glockengeläute.

Rechte herzlich aufgenommen

Auch die "Grüne Jugend im Schwarzwald-Baar-Kreis" sieht in den Corona-Spaziergängen eine "Plattform für rechte Propaganda": "Die neueste Entwicklung ist, dass Akteure aus dem rechten Milieu immer offener Auftreten und dabei die Unterstützung der weiteren Teilnehmer*innen erhalten." Die Grüne Jugend beobachte das mit großer Sorge, "denn es gibt einen Unterschied zwischen berechtigter Kritik an den Corona-Maßnahmen und dem rücksichtslosen Protest". So seien Ansammlungen von um die 500 Personen, insbesondere bei einer Inzidenz von über 400, nicht zu verantworten. Die dortige Verweigerung von Masken, sowie die geringe Impfquote unter den Teilnehmern stelle eine Gefahr für die Mitmenschen dar. Dies sollte laut der Grünen Jugend SBK nicht geduldet werden, so Amelie Hornig, die Sprecherin der Grünen Jugend.

Des Weiteren befürchtet die Nachwuchsorganisation der Grünen, dass die Demonstrationen als Plattform für rechte Propaganda dienen und es zu einem Schulterschluss der Querdenken-Bewegung mit rechten Gruppierungen komme, "denn anstelle sich klar von Rechts zu distanzieren, werden Rechte auf den Demonstrationen herzlich aufgenommen". So hätten die Vertreter der Jungen Alternative, die vom baden-württembergischen Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet werden, bei ihrem Auftreten Applaus der Mitdemonstranten. Dementsprechend kritisch sieht die Grüne Jugend SBK deren Anwesenheit und das von ihnen präsentierte Banner mit der Aufschrift: "Jugend steht auf". Beschämend sei hierbei, dass ein Bild der Jugend impliziert wird, welches falsch sei. Die Junge Alternative repräsentiere nicht die Jugend und würde lediglich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nutzen, um ihr gefährliches Gedankengut zu verbreiten, stellt Hornig klar.