Die Spielplätze auf dem Stadtgebiet sind aufgrund einer Allgemeinverfügung des Landkreises geschlossen. Foto: Riesterer

Per Allgemeinverfügung hat der Landkreis die Spielplätze und Sportstätten in Schramberg geschlossen. Das sorgt nun für Aufruhr, etwa im Internet, wo in den sozialen Medien meist Unverständnis gezeigt wird.

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Schramberg - Dass gerade Kinder die Situation "ausbaden" müssen, lässt vielerorts die Emotionen hochkochen – vor allem natürlich bei den Eltern. Diese reagierten nun, vertreten von Mareike Braun und Sophia Wolf, den Vorsitzenden des Gesamtelternbeirats der Schramberger Kindergärten, mit einem offenen Brief an Landrat Wolf-Rüdiger Michel, Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und den Schramberger Gemeinderat.

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"Warum trifft es wieder die Kinder am härtesten?", sei der erste Gedanke bei der Nachricht der Schließung gewesen. Dies wecke Erinnerungen an den Beginn der Pandemie – mit dem Unterschied: "Heute sollten wir nicht mehr von der Situation überrascht worden sein", bezeichnen Braun und Wolf die Maßnahme als nicht nachvollziehbarer Aktionismus. Zudem seien vor allem Kinder aus ärmeren Verhältnissen betroffen aufgrund von kleineren Wohnungen oder fehlenden Gärten beziehungsweise geringerer Mobilität.

Wenn denn eine solche Maßnahme nötig sei, dann weitreichender: Die Schließung werde "aller Erfahrung nach nur dazu führen", dass nun die Spielplätze auswärts besucht würden. Ein Schließen der Spielplätze sorge nur dafür, dass die Fläche für die Kinder zum spielen kleiner werde, solange etwa Parks mit Sitzgelegenheiten offen blieben. So erhöhe man eher die Ansteckungsgefahr.

Warum wurde nicht verstärkt getestet?

Die Eltern stellen einige Fragen: nach einer detaillierten Begründung der Maßnahme, nach der Datengrundlage für die Gefahr, die von Spielplätzen ausgeht, nach nachgewiesenen Ansteckungszahlen auf Spielplätzen, warum eine Beschränkung der Personenzahlen nicht ausreicht, welche Ausgleichsmaßnahmen oder -flächen vorgesehen sind, ob alternative Maßnahmen in Betracht gezogen wurden und warum diese als weniger erfolgversprechend eingestuft worden waren. Zudem fragen sie, warum nicht verstärkt getestet wurde.

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Nach vielen Gesprächen stelle sich die Tatsache, dass "Kinder in unserer Gesellschaft wenig zählen" als keine Einzelmeinung heraus. Man wolle nicht mit der "großen Kelle der dauerhaften Schäden" kommen, aber bei allem, auf was die Kinder verzichten, könnten die Eltern das langsam nicht mehr auffangen. Braun und Wolf fordern eine genaue Abwägung solcher Maßnahmen und vor allem eine bessere Kommunikation.

In sozialen Medien hat Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr bereits am Dienstag zur Sache ein Statement abgegeben: So erreichten die Verwaltung "jede Menge Anfragen dazu, warum denn nun auf einmal die Spielplätze geschlossen würden". Die Aerosole seien doch im Freien nicht so schlimm. "Das trifft für die bisher verbreitete Variante des Corona-Virus zu. Allerdings haben wir gerade eine neue Situation: In Tennenbronn verbreitet sich aktuell vor allem die britische Mutation, und die verhält sich offenbar wesentlich aggressiver als die bisherige Variante", erklärt die OB.

Schneller und länger ansteckend

Sie sei schneller ansteckend, länger ansteckend, "und sie verursacht auch schon bei ganz kleinen Kindern Symptome und zum Teil sehr schwere Verläufe". In Tennenbronn seien 69 Prozent der positiv getesteten Personen mit der britischen Mutation infiziert, und bei den unter fünfjährigen Kindern seien es gar 94 Prozent. "Ein Kind hat sich nachweislich auf einem Spielplatz angesteckt", beantwortet die OB eine der Fragen vorab. Das sei die Grundlage für die Entscheidung gewesen.

Als Stadt könne man nur sagen: "Ja, wir verstehen die Enttäuschung und die Wut, die damit verbunden ist. Das Wetter ist toll, und Spielplätze gehörten zum Wenigen, was für Kinder noch möglich war. Zudem stehen die Osterferien vor der Tür. Gleichzeitig möchte aber sicher auch jeder das eigene Kind vor einer möglicherweise schweren Erkrankung schützen, und wir müssen schauen, dass das Virus sich nicht komplett unkontrolliert verbreitet."

Deshalb habe der Landkreis diese Maßnahme getroffen. "Bitte machen Sie mit und halten Sie sich dran, so schwer es auch sein mag. Wir fühlen mit Ihnen", so Eisenlohr.