Pitt Lang von der "Krone" in Villingendorf ist entsetzt über die neuen Vorgaben. Foto: Siegmeier

Seit Samstag gilt in der Gastronomie die 2G+-Regel. Auch Geimpfte müssen sich jetzt testen lassen. Das Ergebnis: überwiegend leere Gaststuben und entsetzte Wirte

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Rottweil - Die Situation am Samstagmorgen ist ernüchternd. Nicht nur für Rottweils Gastronomen, auch für potenzielle Gäste, denn wer zwar zweimal geimpft, aber nicht getestet ist, dem bleibt ab sofort der Zutritt zur Gastronomie verwehrt. Lediglich Geboosterte haben freien Zutritt.

Lange Warteschlangen

Indes: Selbst, wer sich testen wollte: sämtliche Kapazitäten auf dem Berner Feld oder in Sailers Testzentrum sind restlos ausgebucht. Am Testzentrum am Nägelesgraben hat sich eine lange Warteschlange gebildet.

Wirte machen ihrem Unmut Luft

Der Frust und die Enttäuschung sind sowohl auf der Seite der Gastronomen, als auch auf Seiten der Gäste groß. Am Freitagabend nutzten viele Gäste noch die letzte Chance, die Restaurants ohne weitere Tests zu besuchen. Nahezu überall herrschte volles Haus. Am Samstag blieben dann viele Tische leer. Die Wirte machen ihrem Unmut und ihren Sorgen Luft.

Hier gibt es in der Region Schnell- und PCR-Tests

Am späten Samstagabend wird dann nachgebessert: Auch zweimal Geimpfte, deren letzte Impfung nicht länger als sechs Monate zurückliegt und Genesene, deren Infektion nicht länger als sechs Monate her ist, dürfen Restaurants und Bars ohne zusätzlichen Test besuchen. 

Die Verunsicherung ist groß

"Die Umsetzung mit 2G+ ist schwierig und die Verunsicherung bei den Gästen groß", sagt Tobias Maier, Inhaber des Hotels Johanniterbad. Er bezeichnet die neue Regelung nicht nur als ärgerlich, sondern auch als höchst kompliziert. Außerdem sei sie viel zu überraschend gekommen. "Für uns Gastronomen ist das sehr bitter, da solche Beschränkungen ein Lockdown durch die Hintertür sind", kritisiert Maier.

Momentan sei man am Überlegen, wie man weitermache. "Uns ist wichtig, den Gästen ein sicheres Gefühl zu geben", betont er, denn die Verunsicherung sei groß. Maier rechnet, dass es bezüglich der pandemischen Lage bis zum Frühjahr vermutlich keine Entspannung geben wird und man sich auch für die Weihnachtstage und Silvester wieder Alternativen überlegen muss. "Wir bieten aber bereits seit zwei Wochen wieder unseren Lieferdienst an", fügt er an und vermutet, dass es bis März "eine bittere Zeit werden wird".

Kritik an der kurzfristigen Regelung

Auch Marco Koch von der Villa Rottweil rechnet mit deutlich weniger Gästen durch die neue Regelung. Außerdem habe man einen deutlich höheren Aufwand, alle Gäste zu kontrollieren, betont er. "Aber wir werden mal abwarten, wie es sich entwickelt. Wir hoffen, dass sich die Leute testen lassen, um die Gastronomie auch weiterhin zu besuchen", sagt er. Und auch er kritisiert die kurzfristige Umsetzung der neuen Regelung quasi über Nacht.

Lesen Sie auch: 2G plus in Südwest-Gastronomie - Todesstoß für Gastronomen im Schwarzwald?

"Es ist eine wirklich schwierige Situation, und wir hoffen, dass die Leute vernünftig sind, dass sie sich testen lassen und uns besuchen, damit wir weitermachen können", sagt Gianni Luceri vom "Cappuccino". Am Samstagmorgen muss er schweren Herzens gleich mehreren potenziellen Gästen den Zutritt verwehren. Er hofft, dass es keinen weiteren Lockdown geben wird.

Pitt Lang von der "Krone" in Villingendorf ist ebenfalls entsetzt über die neue Regelung. "Wir können ohnehin nicht mehr kostendeckend arbeiten und nun nochmals Verschärfungen", kritisiert er. Er wolle aber in jedem Fall weiter öffnen. "Ich möchte den Gästen einfach auch etwas zurückgeben, da sie mich die gesamte Zeit unterstützt haben", sagt er. Aber auch er wolle sein Außer-Haus-Angebot ausweiten, um zusätzliche Einnahmen zu haben. Sämtliche Weihnachtsfeiern seien zwischenzeitlich wieder abgesagt. Das sei sehr bitter. "Ich öffne auch, um mein Personal halten zu können", sagt der Gastronom und hofft, dass ihn die Gäste weiterhin unterstützen.

Leere Tische und entsetzte sowie enttäuschte Gesichter gibt es am Samstagmittag auch in der "Osteria No. 1". "Wir hoffen, dass die Gäste wieder kommen. Wenn nicht, dann bieten wir nur noch Service zum Abholen. Wir werden das jetzt mal noch ein paar Tage abwarten", sagt Gaetano Milia, hofft aber, dass die Gäste das Restaurant weiterhin unterstützen und die Tische bald wieder gut belegt sind.

Juri Kühn von der "Linde-Post" in Horgen betont, dass 2G+ für viele gar nicht machbar sei. "Wer geht schon testen, nur weil er essen gehen möchte", sagt er. Auch bei ihm seien alle Weihnachtsfeiern so gut wie abgesagt. "Wir lassen aber dennoch offen und kämpfen bis zum Schluss", betont er. Auch er bietet Außer-Haus-Service an.

"Katastrophal"

Dehoga-Vorsitzender Wilhelm Mayer bezeichnet die neue Regelung als "katastrophal", da die meisten ohnehin schon knabbern und knausern müssten. "Auch die Mitarbeiter sind demotiviert, wenn schon wieder Kurzarbeit droht", sagt er. Man arbeite seit geraumer Zeit unter der Wirtschaftlichkeitsgrenze, die Leute seien aus Angst und Respekt ohnehin schon spärlich gekommen, "und mit 2G+ wird das noch weniger", vermutet er. Er kritisiert, dass man bei den schnellen Vorgaben der Regierung keinerlei Spielräume habe, sich vorzubereiten oder zu planen. Noch sei sein Brauereigasthof Pflug über die Weihnachtstage ausgebucht, doch ob das so bleibe? "Wir warten jetzt einfach mal ab, was kommt, lassen aber auf jeden Fall geöffnet, um Arbeit zu haben und die Leute zu motivieren", so Maier.

Aber selbst, wer sich am Wochenende testen lassen wollte, der war schnell ernüchtert, denn die Kapazitäten waren erschöpft. Termine gibt es erst wieder ab Montag. "Wir haben unsere Testfrequenz deutlich ausgeweitet und das Team verdoppelt, aber wir werden gestürmt", schildert Apotheker Eckart Sailer die Situation. Er sei froh, dass er genügend Test habe, um der Nachfrage gerecht zu werden. "Wir testen derzeit gut 600 Leute am Tag" informiert er. Mehr sei einfach nicht möglich. Mit der Nachbesserung der Landesregierung dürfte sich die Situation hoffentlich wieder ein wenig entspannen.