Künftig werden Bürger der Prioritätsstufe eins, die 65 oder jünger sind, mit dem Astrazeneca-Vakzin geimpft. Ausnahmen seien hier nicht möglich. (Symbolfoto) Foto: dpa

Es ist ein trauriger Jahrestag: Am Aschermittwoch 2020 wurde der erste Corona-Fall im Kreis Rottweil bekannt – und das Virus beherrscht weiter das Geschehen. Wie im Gespräch mit dem Landratsamt am Donnerstag bekannt wurde, ist nun auch der Astrazeneca-Impfstoff im Kreis angekommen. Damit wird der Durchlauf im Impfzentrum deutlich erhöht.

Kreis Rottweil - Nächste Woche stehen im Rottweiler Kreisimpfzentrum neben rund 1100 Impfdosen mit dem Biontech-Vakzin auch 400 Astrazeneca-Impfdosen bereit. Ab Anfang März soll es dann bereits 1500 Impftermine allein für das neue Präparat geben. Die Einführung von Astrazeneca im Landkreis bedeutet gleichzeitig, dass niemand mehr, der in der Prioritätsgruppe eins bis zu 65 Jahre alt ist – also beispielsweise medizinisches Personal – einen Biontech-Impfstoff bekommt. "Das ist genau vorgegeben", informiert Kreisbrandmeister Nicos Laetsch.

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Strenge Regelung

Der – teilweise in der Kritik stehende – Astrazeneca-Impfstoff soll gemäß Empfehlung der Ständigen Impfkommission nur an Personen zwischen 18 und 65 Jahren verimpft werden. Deshalb gebe es künftig bei der Terminvergabe eine automatische Altersabfrage, nach der unter 65-Jährige der ersten Prioritätsgruppe automatisch einen Astrazeneca-Termin erhalten. Wer sich "verklickt" und dann für einen Biontech-Termin in der Rottweiler Stadthalle steht, dem wird trotzdem Astrazeneca angeboten. "Wer das nicht möchte, wird nicht geimpft", so Laetsch.

Bislang 3600 Impfungen

Zur Diskussion um Wirksamkeit und Nebenwirkungen erklärt Martine Hielscher vom Gesundheitsamt: "Beide Impfstoffe schützen vor einem schweren Verlauf bei einer Corona-Erkrankung, deshalb sehe ich da kein Problem." Die Kritik am Astrazeneca-Impfstoff hält die Ärztin für nicht gerechtfertigt.

Klar ist, dass die Impfungen im Kreis mit dem neuen Vakzin weiter Fahrt aufnehmen: Bislang wurden laut Behörde rund 3600 Menschen im Kreis geimpft.

Ausgangssperre im Blick

Für Landrat Wolf-Rüdiger Michel gibt die Sieben-Tage-Inzidenz des Kreises noch keinen Anlass zur Entwarnung. Diese stagniere seit längerem bei um die 60. Allein im Februar habe es nun bereits 240 neue Corona-Infektionen und leider auch Todesfälle gegeben. Es gebe viele kleinere Ausbrüche über den Kreis verteilt. "Nun ist die große Frage, in welche Richtung es weiter geht", so Michel. Davon hänge ab, ob die Verordnung zur Ausgangssperre ab 21 Uhr, die eigentlich am Freitag ausläuft, verlängert wird oder nicht. Man wolle noch die Zahlen des Donnerstags abwarten und am Freitag entscheiden, so Michel. Man mache sich die Entscheidung über diesen Eingriff in die Handlungsfreiheit der Bürger nicht leicht.

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Der Landrat betont: Trotz aller Schnelltests gebe es auch für die Einrichtungen – wie der Fall der Helios-Klinik zeigt – keine 100-prozentige Sicherheit. "Das ist wie mit den Winterreifen. Man sollte sie aufziehen und dann trotzdem vorsichtig fahren."

Vom Corona-Ausbruch in der Helios-Klinik waren laut Petra Sostak vom Gesundheitsamt 42 Mitarbeiter und 16 Patienten aus dem Kreis Rottweil betroffen, die Gesamtzahl sei höher. 600 K1-Quarantänen sind verhängt worden. "Das hält uns auf Trab", so Sostak, das Geschehen sei aber unter Kontrolle. Eine neue Virusvariante spiele nach bisherigen Erkenntnissen in der Helios-Klinik keine Rolle.

Sieben Mutations-Fälle

Im Kreis seien bislang sieben Fälle mit Virus-Mutationen bekannt. Teils seien sie von Reiserückkehrern, beispielsweise aus Tschechien, mitgebracht worden, teils könne der Ansteckungsweg aber nicht genau verfolgt werden. Zudem gebe es – ohne Mutation – kleinere Ausbrüche in einem Unternehmen oder unter Jugendlichen, die sich außerhalb des Kreises trafen. 

Erfreulich ist für Landrat Michel die Entwicklung in den Pflegeheimen, wo man seit Wochen ein recht leichtes Infektionsgeschehen mit aktuell acht infizierten Bewohner und sieben Mitarbeiterin habe. Inzwischen sei in allen Heimen die erste Impfung abgeschlossen, in sieben Einrichtungen sei auch der zweite Impftermin erledigt. Den Vorstoß, dass nun das DRK Menschen, die zuhause gepflegt werden, impfen will, hält er für interessant. Er sei gespannt, wie das Ministerium reagiere.

Schlag ins Gesicht

Bemühungen an vielen Fronten also. Für den Mini-Narrensprung am Montag in Rottweil hat der Landrat deshalb keinerlei Verständnis. "Das ist eine Mischung aus Eitelkeit und Borniertheit", ärgert er sich. Die Aktion sei ein Schlag ins Gesicht aller Corona-Erkrankten, Angehörigen und auch ein Schlag ins Gesicht des Handels und aller, die von den Einschränkungen betroffen sind. "So bringen wir die Zahlen nicht runter." Ob sich die Aktion auch tatsächlich mit Corona-Fällen in der Statistik zeigt, lasse sich aktuell nicht sagen. Und man wisse ja auch nicht, wer dabei war, so Michel. "Bei Nachfragen des Gesundheitsamts dürfte da "der Bekennermut" eingeschränkt sein, vermutet er.

Inzidenz sinkt

Im Laufe des Donnerstags meldet das Landratsamt  dann 19  weitere Corona-Infektionen. 199 Fälle gelten derzeit in der Statistik als aktiv. Nach genau einem Jahr wurden  nun  4865 Bürger positiv auf das Virus getestet. Am Abend  wird erstmals seit langem mit 46,5 eine Inzidenz unter 50 gemeldet.