Warum wird Kreisverwaltung nicht selbst aktiv? Gemeinden schreiben über 80-Jährige an.

Kreis Rottweil - Nachdem der Kreisseniorenrat Rottweil kritisiert hatte, dass die besondere Situation der über 80-jährigen Senioren bei der geplanten Vereinbarung von Impfterminen nicht berücksichtigt worden ist, ist einiges in Bewegung geraten: Mit "großer Freude" konstatiert Matthias Kohlhase, der Vorsitzende des Kreisseniorenrats, in einem Schreiben an den Landrat, dass nun die Gemeinden die über 80-Jährigen anschreiben und eine Unterstützung beim Buchen von Impfterminen anbieten.

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Positiv vermerkt Kohlhase darüber hinaus die rasche Reaktion und Bereitschaft ehrenamtlicher Gruppen und Organisationen wie das "Frohe Alter Dunningen/Lackendorf" und das "Gesellige Alter Seedorf". Die Aussagen des früheren gesundheitspolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzenden des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Klaus Kirschner, der in seinem Leserbrief ebenfalls forderte, die Personengruppe, die gerade für das Impfen gegen das Coronavirus vorgesehen ist, anzuschreiben, sieht der Vorsitzende als zielführend an. Er mahnt eine Koordinierung sämtlicher Ansprechpartner (Kreis, Kommunen, Ärzte, DRK, ambulante Pflegedienste, Seniorenorganisationen und ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement) an und regt die Einrichtung einer Task Force an. "Es bedarf nun der schnellen und konsequenten Führung."

Langsames Impftempo

Mit Ernüchterung und Bestürzung nehmen Kohlhase und die Mitglieder der Corona-Projektgruppe des Kreisseniorenrats zur Kenntnis, dass Baden-Württemberg beim Impftempo mittlerweile auf der vorletzten Stelle aller Bundesländer liege. Während in so manchen Städten bereits sehr viele Bewohner von Pflegeheimen durch mobile Impfteams geimpft worden seien, beginne man jetzt im ländlichen Raum erst in der kommenden Woche damit. Das zeige einmal mehr, dass der ländliche Raum nicht gerade im Fokus von Politikern und Behörden sei.

Man frage sich beim Kreisseniorenrat, warum die Kreisverwaltung sich darauf versteife, den vom Land vorgegebenen Weg zum Impftermin zu gehen, und nicht selbst kreative Lösungen dafür suche. Damit die Belange älterer Menschen entsprechend Berücksichtigung finden, wäre es aus Sicht des Kreisseniorenrates wünschenswert gewesen, man hätte den Kreisseniorenrat frühzeitig in Planungsprozesse miteinbezogen. Bereits im August 2020 habe der Kreisseniorenrat für Fragen hinsichtlich der besonderen Lebenssituation älterer Mitbürger die Arbeitsgruppe Corona eingerichtet.

Für die Entwicklung einer innovativen Kommunalpolitik wurden von Matthias Kohlhase, Peter Wolf und Dieter Gaus die speziellen Altersrisiken mit der Zielsetzung sozialer Integration und Kompetenzorientierung benannt.

Der Arbeitsgruppe stellen sich heute die aktuellen Fragen: Was geschieht mit ambulant versorgten Menschen, die bettlägerig sind? Krankentransporte in die Impfzentren oder Impfung durch mobile Impfteams? In stationäre Pflegeeinrichtungen gehen die Impfteams, wie werden die Menschen im betreuten Wohnen geimpft? Im Kreisseniorenplan wird als besonderes Problemfeld im Landkreis Rottweil die Mobilität älterer Menschen erörtert. Einige Kommunen halfen jetzt kurzfristig aus – das sei super. Diese Problematik hätte man jedoch bereits im Planungsprozess viel früher angehen können.