Reiserückkehrer sind im Fokus der Behörden. Foto: Balk/dpa

Landrat Wolf-Rüdiger Michel ist sich sicher: "Die vierte Infektions-Welle kündigt sich an." Das Landratsamt erwartet steigende Inzidenzwerte. Reiserückkehrer tragen zum Anstieg bei. Bei ihnen kommt fast ausschließlich die Delta-Variante vor.

Kreis Rottweil - Die Telefonkonferenz mit der Kreisbehörde findet an jenem Tag statt, an dem die Inzidenzstufe 2 der Corona-Verordnung gilt. Am Mittwoch war festgestellt worden, dass die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis an fünf aufeinanderfolgenden Tagen den Wert von 10 überschritten hat. Am Mittwoch betrug die Inzidenz sogar 20. Nun gelten wieder strengere Regeln (wir berichteten bereits).

Der Landrat und das Gesundheitsamt gehen davon aus, dass das Neuinfektionsgeschehen im Kreis weiter zunimmt und bald den 30er-Bereich erreichen wird – "wenn kein Wunder geschieht", so Michel. In einer Firma im Schwarzwald und in einem Kindergarten sind drei, beziehungsweise zwei Infektionen festgestellt worden. Mitarbeiter des Gesundheitsamts besuchen am Donnerstag die Firma, um PCR-Tests zu machen. Noch könne der Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten werden, sagt Stephan Vilgis, der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamts.

Große Sorgen macht sich die Behörde angesichts des bevorstehenden Sommerurlaubs und der Reiserückkehrer. Die bisherige Bilanz: 15 Kreisbewohner haben sich seit Mitte Juni im Ausland mit dem Corona-Virus angesteckt. Dabei haben die Urlaubsrückkehrer nicht nur das Virus im Gepäck, sondern mit ihm auch gleich noch die gefährlichere Delta-Variante. Der Anteil dieser Mutante bei Urlaubsreisenden liegt bei mehr als 90 Prozent, während bei infizierten Nichtverreisten die Delta-Variante in lediglich 43 Prozent der Fälle nachgewiesen wird.

Michel und Vilgis appellieren, im Sommerurlaub vorsichtig zu sein, sich an die Hygienevorschriften zu halten, Massenveranstaltungen fern zu bleiben, sich gut zu überlegen, ob die Auslandsreise auch wirklich sein müsse, und an die Pflichten bei der Rückkehr in die Heimat zu denken und diese zu erfüllen.n Was geschieht bei einer Inzidenz von 30?

Landrat Michel sagte, dass die Tendenz im Kreis in Richtung 30 weise. Der 30er-Wert bedeutet weiterhin die bislang schon geltende Inzidenzstufe 2, ab einem Wert von 35 (bis 50) würde die Stufe 3 gelten, ab 50 die Stufe 4.

In der Stufe 3 würde es weiterhin vier Haushalten mit maximal 15 Personen erlaubt sein, sich zu treffen, die Maximalanzahl an Personen bei privaten Veranstaltungen und öffentlichen Veranstaltungen würde reduziert werden – einen kurzen Überblick über das Regelwerk gibt es hier.

 Die vierte Welle droht – wie verliefen die vorigen Wellen?

In der ersten Welle im Frühjahr vorigen Jahres infizierten sich im Kreis Rottweil 681 Menschen, die schlimme zweite Welle mit vielen Todesfällen in den Heimen im Winter erfasste 4621 Menschen, 2429 Infizierte wurden in der dritten Welle im Frühjahr dieses Jahres gezählt. Landrat Michel spricht von einer drohenden vierten Welle und bezieht sich dabei auf aktuelle Zahlen. Allein in den vergangenen sieben Tage seien 28 neue Coronafälle registriert worden – mehr als im gesamten Vormonat Juni (19 Fälle).

Es gibt einen neuen Todesfall. Eine ältere Frau, die vorerkrankt war, starb mit dem Virus. In den Heimen wiederum gibt es zurzeit keine Infektionen.


 

Wen trifft es zurzeit?

Von den aktuell 33 Infizierten werden vier der Altersgruppe 0 bis zehn Jahre zugeordnet, vier weitere der Gruppe der Elf- bis 19-Jährigen, fünf Infektionen gibt es bei den 20- bis 29-Jährigen, 14 bei den 30- bis 39-Jährigen, drei bei 40- bis 49-Jährigen und jeweils einen Fall in den Gruppen der 50- bis 59-Jährigen, der 60- bis 69-Jährigen und der über 70-Jährigen.

Für Landrat Michel ist demnach klar: Das Impfen wirke und zeige nun auch den Erfolg bei den über 50-Jährigen. Gleichzeitig rät er dringend dazu, sich impfen zu lassen.

Wie groß ist die Bereitschaft zum Impfen?

Laut dem Leiter des Kreisimpfzentrums (KIZ), Nicos Laetsch, ist das Interesse nach wie vor gering. Das Kiz biete den Piks ohne Termin an, zudem ist am Freitag und Samstag eine Impfaktion beim Kaufland auf der Saline in Rottweil geplant.

Bislang sind im KIZ rund 66 000 Impfdosen verabreicht worden, in den Hausarztpraxen haben sich 59 000 Patienten eine Spritze setzen lassen. Laut Landrat sei die Quote bei den Hausärzten deutlich über dem Durchschnitt vergleichbarer Landkreise. Ebenso deutlich besser sei die bisherige Impfbereitschaft der Kreisbewohner insgesamt im Vergleich zu anderen Landkreisen in unmittelbarer Nachbarschaft, so Michel.

Nach Postleitzahlen aufgeschlüsselt ergibt sich für den Kreis eine Impfquote von 60 Prozent bei Erstimpfungen und 52 Prozent bei vollständig Geimpften.