Der Landrat sowie die Oberbürgermeister und Bürgermeister der 16 Städte und Gemeinden im Kreis Freudenstadt erhoffen sich vom Land Öffnungsperspektiven für Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie.
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Kreis Freudenstadt - Mit einer entsprechenden "eindringlichen Bitte" wenden sie sich in einem gemeinsamen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er möge "die Sorgen und Anliegen der Kommunen" bei den Entscheidungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie einfließen lassen und "nicht nur auf die nackte Zahl der Sieben-Tage-Inzidenz schauen". Die Not bei Einzelhändlern, Gastronomen und Hoteliers sei groß. Es sei wichtig, ihnen "baldmöglichst eine wirtschaftlich tragbare Perspektive zu geben".
Mit Teststrategie
Nach Auffassung der Bürgermeister im Kreis wäre ein Öffnen der drei Branchen "mit strengen Hygienekonzepten und mit entsprechenden Teststrategien durchaus auf der bisherigen Basis möglich". Etwa nach dem Prinzip "Click and Meet", bei dem ein persönlicher Shopping-Termin im Geschäft nach vorheriger Anmeldung möglich ist. Nach dem Grundsatz "mit Sicherheit öffnen" könnte "ein verantwortbarer und zumindest eingeschränkter Betrieb von Kultur, Hotels und Gastronomie wie auch von Veranstaltungs- und Sportangeboten wieder möglich sein".
Sorge vor "Verödung"
Die modellhafte Erprobung dieses Ansatzes in der Stadt Tübingen beobachte der Kreis Freudenstadt mit großem Interesse. Leider bringe dieser Testversuch den restlichen Städten und Gemeinden nichts, solange er nicht auf das gesamte Land übertragen werde. Gastronomie und Einzelhandel befänden sich "seit fast einem Jahr in einem Ausnahmezustand". Trotz finanzieller Hilfe vom Staat müssten viele von ihnen zwischenzeitlich ihre Altersversorgungen angreifen, weil ihre Reserven aufgebraucht seien.
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"Wir sind der Überzeugung, dass mit dem Aufbau einer flächendeckenden Testinfrastruktur in Baden-Württemberg nachhaltig und zuverlässig eine Öffnung des Einzelhandels, der Gastronomie und der Tourismusbranche wieder möglich sein könnte", heißt es in dem Brief weiter. Nur wenn das Tübinger Modell mit Hygienekonzepten und Teststrategien auf das gesamte Land zu übertragen werde, könne eine "drohende Insolvenzwelle abgemildert werden", die im touristisch geprägten Landkreis Freudenstadt "einen nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten" und "eine nachhaltige Verödung der Innenstädte und Gemeinden" nach sich ziehen würde.
Vorgeschlagen wird ein Tagespass, der nicht nur für eine Stadt, sondern für das gesamte Land Gültigkeit besitzen und zur Nutzung von Theatern, Kinos, Gaststätten und Einzelhandel berechtigen könnte. Die dafür notwendigen Testkapazitäten hätten die Städte und Gemeinden in den vergangenen Wochen aufgebaut.
App "Luca" kommt bald
Die neue Corona-App "Luca", für die sich der Landkreis eine Linzenz gekauft hat, geht voraussichtlich am Gründonnerstag in Betrieb. Dies erklärte Sabine Eisele, Pressesprecherin des Landratsamts, am Mittwoch auf Nachfrage. Die Behörde habe noch mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die Daten vom örtlichen Gesundheitsamt verarbeitet werden können. Nähere Einzelheiten über den Start des Programms zur Kontakt-Nachverfolgung sollen am Gründonnerstag bekannt gegeben werden.
Am Mittwoch hatte bereits der Verein Freudenstadt-Marketing seine Mitglieder informiert, dass sie die Applikation nun nutzen könnten. "Luca" ist laut Landratsamt ein komplettes System unter anderem für Gaststättenbetreiber, Betriebe, Veranstalter, Kirchen oder Seniorenheime sowie Einwohner. Das Programm wird auf den Handys installiert. Es übernehme dabei die Dokumentationspflicht und helfe den örtlichen Gesundheitsämtern dabei, im Falle von Corona-Infektionen die Kontaktpersonen nachzuverfolgen. So könnten Infektionsketten schnell erkannt und gestoppt werden. Laut Landratsamt bleibe der Nutzer Herr über seine Daten. Nur das zuständige Gesundheitsamt sei direkt angebunden und könne als einziger die QR-Codes entschlüsseln sowie die Kontaktpersonen informieren. Im Schwarzwald-Baar-Kreis kann die App bereits jetzt genutzt werden.
Indessen meldete das Landratsamt am Dienstag 34 Corona-Neuinfektionen. Die betroffenen Personen wohnen in Baiersbronn (fünf), Dornstetten, Eutingen (zwei), Freudenstadt (drei), Glatten, Horb (elf), Loßburg, Pfalzgrafenweiler (drei), Schopfloch, Seewald (drei) und Waldachtal (drei). Seit Beginn der Pandemie haben sich aus dem Landkreis nachweislich 3876 Personen mit dem Virus angesteckt. 3412 (plus 23) sind zwischenzeitlich wieder aus der Isolierung entlassen, 136 gestorben. Derzeit gibt es 328 (plus elf) bekannte akute Fälle. Die 7-Tage-Inzidenz beträgt nach offiziellen Angaben des Landesgesundheitsamts vom Dienstag 100,6, ein Minus von 20,3 innerhalb eines Tages.
Inzidenz aktuell bei 100
Bereinigt um den Ausbruch in einem Kindergarten in Waldachtal ergab sich laut Landratsamt am Dienstag eine Inzidenz von 80. Diesem Infektionsherd in Waldachtal werden 28 Neuinfektionen zugerechnet. Das Infektionsgeschehen dieses "Clusters" sei abgesichert, die Betroffenen seien teils in Isolation, Kontaktpersonen ersten Grades in Quarantäne. Das Gesundheitsamt überwache strengstens, dass diese Anordnungen eingehalten würden. In der Klinik des Landkreises Freudenstadt wurden am Montag, 29. März, insgesamt sechs Patienten mit Covid-19 behandelt, davon zwei auf der Intensivstation, vier weitere auf der eigens eingerichteten Isolierstation.
Was planen die Kirchen?
Nach derzeitiger Lage können die geplanten Präsenzgottesdienste der christlichen Kirchen im Kreis Freudenstadt zum Osterfest stattfinden. Sollte sich die Lage verändern, wollen die Gemeinden dies rechtzeitig mitteilen. Ohnehin mussten sich die Teilnehmer für viele Feiern im Vorfeld anmelden und stehen im Kontakt mit den Pfarrbüros.