Die Herbstwelle türmt sich derzeit nicht weiter auf. Die möglichen Erklärungen machen Mut für die nächsten Monate.
Nach anderthalb Monaten mit steigenden Infektionszahlen hat die Corona-Herbstwelle zuletzt ein Plateau erreicht. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Freitagmorgen eine Inzidenz von 645 bestätigten Infektionen je 100 000 Einwohner (Vorwoche: 810).
Die absoluten Werte sind mittlerweile wenig aussagekräftig. Als Trendindikator taugt die Inzidenzkurve aber weiterhin, auch im Vergleich zur Sommerwelle – weil damals ausweislich von Zahlen des Laborverbands ALM ähnlich viel getestet wurde wie derzeit. Bis jetzt ähnelt die Herbstkurve stark jener vom Sommer: Ungefähr sechs Wochen lang wurden stark steigende Infektionszahlen beobachtet. Im Sommer folgten etwa fünf Wochen mit rückläufiger Tendenz bis auf das Ausgangsniveau.
Auf die Variante kommt es an
Wissen wir also, wie die Zeit bis zum Advent verläuft? Eher nicht, und das liegt am „engen Wettrennen“ neuer Varianten, wie diese Woche der Heidelberger Bioinformatiker Moritz Gerstung auf Twitter schrieb. In Europa scheint die Variante BQ.1.1 derzeit den größten Vorteil zu haben. In Frankreich sei der Anteil mit circa 40 Prozent besonders hoch, „und den Effekt wird man von nun an sehen“, so Gerstung. In Deutschland schätzt er den Anteil auf gut zehn Prozent. Die Entwicklung in Frankreich sei ein guter Hinweisgeber auf das, was in einigen Wochen in Deutschland passiert. Im Nachbarland stagnieren die bestätigten Infektionen seit einigen Tagen ebenfalls – die kommenden zwei Wochen werden also aufschlussreich.
BQ.1.1 und andere neue Varianten sind vermutlich noch ansteckender als BA.5. Doch die Bevölkerung steht den Mutanten nicht wehrlos gegenüber. Impfungen schützen insbesondere Risikogruppen weiterhin vor schweren Verläufen. „Ansonsten hängt viel an unserem Verhalten“, sagt der Hamburger Epidemiologe Ralf Reintjes, „und das Verhalten können wir anpassen“.
Verhalten als Erklärung
In der Herbstwelle haben sich wie schon im Sommer die meisten mit der Omikron-Subvariante BA.5 infiziert. Der Anstieg der Infektionszahlen im Herbst hatte also weniger mit der Variante als vielmehr mit dem Verhalten zu tun – mehr Treffen in Innenräumen, nachlässigeres Maskentragen und so weiter. Die Warnungen der vergangenen Wochen etwa aus dem Gesundheitssystem, wo derzeit viel Personal erkrankt ist, hätten wohl ebenso Wirkung gezeigt wie die vielen Berichte aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. „Corona wird derzeit wieder ernster genommen“, beobachtet Ralf Reintjes.
Wenn das geholfen hat, die Herbstwelle zu brechen, macht das für die kommenden Monate Mut.