Einer der Redner musste seine Ansprache telefonisch halten - er weigerte sich, eine Maske aufzuziehen. Foto: Lück

Veranstaltungen laufen größtenteils friedlich ab. Keine Wiederholung der Versammlung geplant.

Sie blieb weitgehend friedlich: Die erste große Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Rottenburg. Laut Polizei 800 Teilnehmer und 120 Gegendemonstranten. Eine Veranstaltung der Gegensätze, harter Sätze, aber auch mit Festival-Charakter. Und fast alle trugen Mundschutz.

Rottenburg - Kurz vor Ende droht die Stimmung kurz zu kippen. Impf- und Frauenarzt Guido C. Hofmann aus Königstein (Hessen), des Öfteren schon Gastredner von Querdenker-Veranstaltungen, redet sich in Rage, so wie man es von anderen Veranstaltungen von ihm kennt: "Guckt Euch dieses Bild an. 300 Menschen bewusst eingezäunt. Bewusst ausgegrenzt aus der Stadt. Was ist da los?"

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Drei Polizisten sind an einen Rollstuhlfahrer herangetreten, der ohne Mundschutz zuhört. Hofmann: "Was ist das für eine Szene?" Einige Demonstranten umringen die Polizei, gucken wütend. Skandieren: "Schließt Euch an, schließt Euch an!"

Hofmann reagiert: "Das machen sie nicht. Das sind Befehlsempfänger!" Dann spricht die Polizei eine Frau direkt vor der Bühne an. Hofmann: "Jetzt geht es los! Guckt mal her, wie er sich aufbaut!" Die Demonstranten skandieren: "Abstand halten!"

Demo-"Veranstalter" Helmut P. Krause geht auf Hofmann zu und sagt: "Lass die laufen!" Spricht kurz mit dem Arzt aus Hessen.

"Wir wollen friedlich bleiben"

Der Redner: "Das ist Einschüchterung." Mit-Veranstalterin Susanne Jeschke – sie stammt aus Rottenburg – geht auf Hofmann zu: "Komm mal ein bisschen runter." Die Demonstranten skandieren: "Pro Meinungsfreiheit." Dann spricht der nächste aus dem Orga-Team zu Hofmann: "Inhaltlich mag alles stimmen, was du sagst. Wie du es sagst, wirkt agitierend. Wir wollen friedlich bleiben!"

Hofmann räuspert sich: "Agitieren – unglaublich. Ich kriege hier offen den Mund verboten!" Dann kommt Jeschke wieder auf die Bühne, bittet Hofmann ums Rede-Ende. Der Arzt: "Tut mir leid, das ist Einschüchterung." Verlässt die Bühne und sagt noch zum Abschied: "Das ist Zensur im Widerstand."

Mit-Initiatorin Susanne Jeschke später: "Die Polizei hat uns aufgefordert, den Redner zu bremsen, um die Lage ruhig zu halten."

Einspruch oder Kritik aus dem Publikum sind selten

Die Corona-Demo in Rottenburg. Zunächst als "Friedensfest" angekündigt. Vieles, vieles wird hier in Rottenburg behauptet, bejubelt und geht unwidersprochen durch: Einspruch oder Kritik aus dem Publikum sind selten.

Ursprünglich angemeldet wurde die Demo von einem Baisinger. Dann übernahm der Puchheimer Anwalt Helmut P. Krause die Demo-Anmeldung, weil es angeblich öffentlichen und privaten Druck im Umfeld der Initatiatoren gegeben hatte.

Initiatorin Jeschke, Friedensaktivistin aus Rottenburg erklärt: "Als die Stadt bei den Auflagen für die Demo auch noch verlangt hat, dass nicht einmal Ehepartner nebeneinander ohne Abstand stehen dürfen, haben wir Rechtsanwalt Krause ins Boot geholt!"

Krause habe diese Bestimmung gekippt. ER lobt am Anfang der Demo erst einmal Polizei und Stadt: "Die Polizei zeigt sich sehr kooperativ. Die Stadt hat nicht nur die Toiletten sauber gemacht, sondern die Graffiti der Antifa beseitigt!" Applaus.

Immer noch strömen Demonstranten auf den Platz hinter der Festhalle. Vorbei an einem Spalier aus Antifa, die skandiert "Stoppt den Rechtsruck in der BRD", und vorbei an anderen Gegendemonstranten mit Schildern wie "Nazis raus" oder "Aluhut tut selten gut".

Politik betreibe Spaltung

Vorne an der Bühne werden rote "Friedensballons" verteilt – die meisten haben einen Mundschutz auf.

Florian Kuhn ist mit seinem "Friedensfahrzeug" und Boot gekommen – blau weiß mit gelben Streifen –¬ im kompletten Polizei-Design. Er ruft zur Gelassenheit auf: "Die Einsatzkräfte sind sehr kooperativ. Wir wollen keine Reibereien, die niemanden etwas bringen. Die Politik betreibt die Spaltung. Wir denken, die Polizei bleibt unser Freund und Helfer!"

Nach Markus und Silke von den "Christen im Widerstand" und dem Lied "Macht hoch die Tür" kommt der erste "Zoff-Redner": Karl Hilz, pensionierter Kriminalhauptkommissar aus München. Weil er sich weigert, Mundschutz aufzusetzen, darf er nicht auf das Demo-Gelände. Spricht hinter der Absperrung.

Es fallen Sätze, die für viele nicht so leicht verdaulich sein können. Hilz: "Wir wehren uns mit aller Kraft dagegen, dass die Würde des Menschen kaputt gemacht wird mit den Masken! Der Zwang, Masken aufzusetzen, ist ein Anschlag auf die Gesundheit des gesamten Volkes. Deshalb muss die Maskenpflicht sofort aufgehoben werden! Wir leben aktuell in einer Illusion einer Demokratie." Der pensionierte Kriminalhauptkommissar spricht weiter: "Die Definition der organisierten Kriminalität ist das Zusammenwirken Höchst-Krimineller –¬ also Drosten und Co. – mit Behörden, Justiz und Politik. Genau das müssen wir jetzt sehen. Das müssen wir abstellen!" Jubel bei den Demonstranten.

Neben ihm steht Rolf Kron, Arzt und Homöopath aus Augsburg. Auf einer Veranstaltung in Lindau sagte er: Maske zu tragen sei nur dazu da, die Menschen zu spalten. "Das ist genau der Hitlergruß von damals." Und hob am 28. Oktober auf der Bühne am Bodensee den rechten Arm.

Schulkinder würden "reihenweise von den Stühlen kippen"

Jetzt ist er in Rottenburg. Von der Straße wird aus einem Auto gerufen: "Jawoll, Scheiß auf Corona!" Kron spricht von einer "Plandemie".

Er setzt an: "Die Maskenpflicht ist völlig schwachsinnig. Die Polizei sitzt zu viert im Auto – ohne Maske. Sie kontrollieren die Ausweise – ohne Desinfektion. Wenn das Virus so gefährlich ist – warum das?" Er berichtet, dass er selbst Maskenbefreiungs-Atteste ausgestellt hat und deswegen – wie viele Kollegen – mit "Razzien" bedrängt werden würde. Kron behauptet: "Es fallen reihenweise die Kinder von den Stühlen in den Schulen durch die Maskenpflicht!" Pfiffe. Sein Schlusswort:  Lasst Euch bitte alle bloß nicht impfen!"

Dann der nächste Arzt: Johann Walter aus Herrenberg. Er schildert das Schicksal seiner Patienten, deren Symptome sich durch Angst verschlimmern: "Wie weit soll der Terror noch gehen? Der Terror der Angst? Diese Isoliertheit macht die Gesellschaft krank!"

Demo-Mitinitiatorin Susannes Jeschke sagt: "Die Regierung ist die Progagandazentrale der Angst. Sie bestimmt, an was wir gefälligst nicht zu sterben haben. Selbst die jährliche Bronchitis meines Vaters heißt jetzt Corona." Sie kritisiert die Mundschutzpflicht: "Es ist lächerlich zu glauben, der Fetzen könnte Euch retten!"

Der Horber Allgemeinarzt und Homöopath Heinz Huber will mit Zahlen die Angst bekämpfen: "Derzeit werden in der Uni-Klinik Tübingen 19 Corona Patienten behandelt. Neun davon auf der Intensivstation. Und die Zahl der positiv Getesteten iar so hoch! Ich ahne, wir sind über dem Gipfel der zweiten Welle hinweg." Sein "Rezept" für die Zuhörer: "Sorgen Sie dafür, dass es ihnen gut geht!“

Keine Wiederholung geplant

Dann gibt es noch Musik. Straßenmusikerin Kathi aus Reutlingen appelliert: "Hetzt Euch nicht gegeneinander auf!"

Dann ist die Corona-Demo von Rottenburg zu Ende. Mit-Initiatorin Jeschke sagt: "Ich bin überwältigt. In dieser Form wird es das aber nicht mehr geben – weil die Organisation so aufwendig war."

Und warum wurde das ursprünglich angekündigte "Friedensfest" kein "Friedensfest"? Jeschke bedauert, dass es keinen Dialog gegeben habe weil EInladungen von allen Bürgermeistern der Stadt Rottenburg, Tübingens OB Boris Palmer und Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgeschlagen worden seien. Der Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner (Ex-AfD) ge habe doch noch abgesagt – "aus Angst um seine Sicherheit".

Die Bilanz der Polizei – fast alles friedlich. Die ganze Polizei-Bilanz finden Sie ebenfalls auf unserer Internetseite.