Der ehemalige Bundeswehr-Oberst Maximilian Eder trat mit rotem Barett auf. Foto: Beyer

Gegner der Corona-Politik haben erneut auf dem Marktplatz demonstriert. Diesmal traten als Redner Wolfgang Greulich und Maximilian Eder auf, die selbst in der Szene umstritten sind.

Freudenstadt - Noch sind sie mit dabei. Die freundlich lächelnden älteren Damen. Die Familien, die mit dem Kinderwagen auf die Demo kommen. Doch der Ton wird rauer. "Das ist der von der Lügenpresse", raunt schon einer der Teilnehmer zu Beginn der Demo. Und vermehrt sind nun Protestler mit schwarzen Westen zu sehen, auf denen in alter deutscher Schrift steht: "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."

Erste Risse in der Bewegung

Doch langsam tun sich erste Risse in der Bewegung auf. Sebastian Armbruster, einer der bisherigen Initiatoren der Proteste, hat sich schon vorige Woche von der Veranstaltung distanziert. Der Grund sind die Redner, die diesmal bei der Abschlusskundgebung auftreten. Und mit Armbruster sind auch viele Demonstranten zuhause geblieben. So schätzt die Polizei die Zahl der Teilnehmer nur noch auf 250. Vor vier Wochen waren es mit 550 Demonstranten noch doppelt so viele.

Und auch bei den Protestierenden, die noch gekommen sind, brodelt es. "Ich laufe den Spaziergang mit und werde mir die Reden nachher nicht anhören", erzählt ein Teilnehmer, der lieber anonym bleiben möchte. "Wir brauchen lokale Lösungen, keine Scharfmacher von außen."

Die meisten hören sich die Reden an

Trotz solcher Stimmen versammeln sich nach dem Demonstrationszug die meisten auch zur Abschlusskundgebung um die kleine Bühne auf dem Marktplatz. Offensichtlich wollen sie sich anhören, was die "Scharfmacher" zu sagen haben.

Den Anfang macht Maximilian Eder. Einer der Veranstalter stellt den ehemaligen Bundeswehr-Oberst als Gründungsmitglied des Kommandos Spezialkräfte (KSK) vor. Derweil blickt Eder mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne. Ein selbstsicheres Lächeln im Mundwinkel. Er wirkt wie ein General, der das Schlachtfeld in Augenschein nimmt.

Um Corona geht es nur am Rande

In Eders Rede geht es dann nur am Rande um Corona. "Ich stehe auf dem Boden des Grundgesetzes", versichert Eder. "Ich bin aber nicht für Politiker, die sich das Geld in die eigene Tasche stecken."

Die Regierung will er vor Gericht stellen

Damit beginnt ein Rundumschlag gegen die politische Klasse. Eder erzählt aus seiner Zeit beim KSK und beklagt das Unwissen der Entscheidungsträger. "Wir haben drei Verteidigungsministerinnen gehabt, die keine Ahnung von nichts haben."

Und plötzlich ist der Bahnvorstand das Problem

Doch Eder wirft der Politik nicht nur Unfähigkeit vor. In seinen Augen werde derzeit das Grundgesetz abgeschafft. "Wir haben keine Demokratie mehr, sondern eine Parteiokratie."

Wahllos springt Eder von einem Thema zum anderen. So beklagt er die jüngste Gehaltserhöhung für den Bahnvorstand, kritisiert Ricarda Lang, Bundesvorsitzende der Gründen, dafür, dass sie sieben Jahre lang Jura studiert hat, ohne einen Abschluss zu machen und schimpft über die Impfpflicht für Soldaten. "Das ist eine Straftat, ein Verbrechen an der Menschlichkeit."

"Die stehen mit dem Rücken zur Wand"

Deshalb sind für Eder auch die Konsequenzen klar. "Die gehören nach Den Hag oder Nürnberg 2.0." Dabei sieht Eder die Bewegung schon kurz vorm Ziel. "Die stehen mit dem Rücken zur Wand, die wissen, dass das nicht lange gut geht." Und kündigt an: "Die Regierung und das Parlament werden in Kürze in die Wüste gejagt."

Zumindest Greulich kommt dann in seiner Rede doch noch mal zum Thema Corona-Maßnahmen zurück. Dass die allgemeine Impfpflicht im Bundestag gescheitert ist, feiert er als Sieg der Bewegung. "Die haben es nicht gemacht, weil sie die Hosen voll haben, dass wir sie zur Rechenschaft ziehen."

Neues Thema: der Krieg in der Ukraine

Dann macht Greulich ein neues Thema auf: den Krieg in der Ukraine. "Das geht uns alles nichts an", verkündet er. "Schon in den Schulen wiegeln sie die Kinder auf. Sie sagen den Kindern, die sollen ihr Taschengeld mitbringen und spenden."

Greulich fürchtet scheinbar, dass bald auch deutsche Soldaten in den Krieg ziehen werden. "Wer mit der Ukraine in den Krieg will, der soll mit den Amis gehen. Ich bleibe hier und mache hier was Gutes."

Zum Abschluss setzt Eder sein Barett auf

Doch was hat Greulich vor? "Wir brauchen eine radikale Veränderung, aber eine friedliche, radikale Veränderung." Wie genau diese "radikale Veränderung" aussehen soll, lässt er offen. Auch bleibt völlig unklar, wie er sie herbeiführen will.

Doch zumindest Eder wagt eine Andeutung: Denn zum Abschluss zieht er mit einem breiten Lächeln ein Bundeswehr-Barett aus der Tasche, setzt es sich auf und verkündet: "Ich bin Soldat und bleibe Soldat."

Einem Anwohner platzt schließlich der Kragen

Der Unterstützung der Massen sind sich beide sicher. "Wir sind die laute Minderheit für eine schweigende Mehrheit", verkündet Greulich und mutmaßt, dass rund um den Marktplatz in den Häusern Leute sitzen, die der gleichen Meinung sind und sich einfach nur nicht trauen, auf die Straße zu gehen.

Und schon steht einer der Anwohner neben der Bühne – mit Maske. Er versucht zu Wort zu kommen, bekommt von den Veranstaltern aber nicht das Mikro. Später erklärt er gegenüber den anwesenden Journalisten, dass ihm bei der Aussage über die angeblich schweigende Mehrheit die Hutschnur gerissen sei. "Ich wollte mir das nicht gefallen lassen." Er sei Geschichtslehrer und wisse daher, wie Demagogie funktioniere.

Doch viel kann er nicht sagen. Rasch bildet sich eine Menschentraube um ihn. Immer wieder fallen ihm die Demonstranten ins Wort. "Über den schreiben Sie nachher eine ganze Seite und über uns nicht", schreit eine Frau.