Die Retter stehen unter enormem Druck und arbeiten an der Belastungsgrenze. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Corona-Ausfälle bei Mitarbeitern, Aufnahmestopps an Kliniken und die Hitze bringen den Rettungsdienst an die Belastungsgrenze. Das Innenministerium gestattet Ausnahmeregelungen, um die Lage abzumildern.

Die Corona-Sommerwelle gefährdet zunehmend die Aufrechterhaltung des Betriebs in lebenswichtigen Bereichen. Nachdem die Krankenhäuser wegen großer Personalausfälle und vieler Patienten bereits Alarm geschlagen haben, trifft die Situation nun auch die Rettungsorganisationen in Baden-Württemberg mit voller Härte. „Wir haben bis zu 20 Prozent Personalausfälle“, sagt ein Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), das den Großteil des Rettungsdienstes im Land übernimmt.

„Die Kolleginnen und Kollegen geben ihr bestes, verzichten auf Urlaub und übernehmen immer wieder kurzfristig Zusatzschichten. Aber auch das hat seine Grenzen“, sagt DRK-Rettungsdienstleiter Marcus Schauer. Die Problematik betreffe nicht nur die Notfallrettung, sondern auch den Krankentransport. Man greife mittlerweile auch auf ehrenamtliche DRK-Einsatzkräfte mit den notwendigen Qualifikationen zurück.

Wochenlange Krankheitsausfälle

Trotz aller Schutzmaßnahmen steige die Zahl der Corona-Infektionen bei den Mitarbeitenden von Tag zu Tag, betont man beim DRK. Die Krankheitszeiten reichten bis zu 20 Tage. Das verbleibende Personal befinde sich an der Belastungsgrenze. Dazu komme, dass aufgrund der ebenfalls angespannten Personalsituation viele Kliniken Aufnahmestopps verhängen müssen, was die Fahrzeiten verlängere. Darüber hinaus erhöhe sich derzeit das Einsatzaufkommen aufgrund der Hitzewelle noch weiter. „Dies gefährdet temporär die flächendeckende Sicherstellung eines schnellen Rettungsdiensts“, heißt es bei den Rettern.

Aktuell seien in der Notfallrettung hohe Personalausfälle und eine angespannte Personalsituation zu verzeichnen, bestätigt man beim Innenministerium. „Baden-Württemberg befindet sich mitten in der Sommerwelle. Die Auswirkungen zeichnen sich auch in der Notfallrettung ab“, sagte Staatssekretär Wilfried Klenk unserer Zeitung. „Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die uns zur Verfügung stehen, um die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes aufrecht zu erhalten und sind zuversichtlich, dass wir mit diesen Maßnahmen durch die angespannte Lage kommen“, so Klenk.

Dazu gehört eine vorübergehende Aufweichung der Regeln zur personellen Besetzung von Rettungsfahrzeugen, die nun flexibler ist. Auch die Fortbildungspflicht ist ausgesetzt, um die Leute für Einsätze zur Verfügung zu haben. Zudem dürfen Notfallsanitäter in Ausbildung, die einen bestimmten Standard erreicht haben, eingesetzt werden. Damit wolle man erreichen, „dass die Rettungskräfte trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gerade bei lebensbedrohlichen Notfällen weiterhin schnellstmöglich vor Ort sind“, heißt es im Ministerium.