Rechstanwalt Bernhard Mussgnug vertritt zehn der 14 Wanderer, die im Januar während ihrer Wanderung im Donautal gegen die Corona-Verordnung verstoßen haben. Er ruft dazu auf, die Situation zu versachlichen. Foto: Jansen

Eine Wanderung im Donautal trotz Lockdown könnte ein juristisches Nachspiel haben. Die meisten Teilnehmer lassen sich mittlerweile von Rechtsanwälten vertreten. Sie wehren sich gegen die Darstellung ihres Treffens in der Öffentlichkeit und wollen zu harte Strafen nicht akzeptieren.

Kreis Rottweil/Kreis Tuttlingen - Vielmehr äußern die Wanderer Kritik an Politik und Verwaltung. Insgesamt 14 Personen aus zehn Haushalten hatten sich am Samstag, 16. Januar, in Mühlheim getroffen, um gemeinsam nach Fridingen zu wandern. Möglicherweise ausgelöst durch eine Einkehr an mindestens einem Ort haben sich bisher 32 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt.

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Diese Verletzung der Corona-Verordnung muss sanktioniert werden, stellt Bernhard Mussgnug klar. Der Tuttlinger Rechtsanwalt vertritt zehn der 14 Wanderer. Und die Empörung über die Einkehr und die folgende Verbreitung des Virus sei auch "zu Recht groß". Der Jurist ruft nun aber dazu auf, die Situation zu versachlichen und den sozialen Frieden – vor allem in Mühlheim und Stetten – wiederherzustellen.

Zusammensitzen sei "eine Dummheit" gewesen

Alle Mandanten, mit denen Mussgnug bisher Kontakt hatte, hätten eingeräumt, dass das Zusammensitzen in einer Hütte "eine Dummheit" war. "Sie bedauern, dass sie in der Hütte waren und werden eine Bestrafung auch akzeptieren." Allerdings schränkt Mussgnug ein, man werde sich wehren, wenn der Landkreis bei den Bußgeldforderungen überziehen sollte.

Landrat Stefan Bär hatte angekündigt, gegen die Wanderer mit "aller Härte und Konsequenz" vorzugehen. Dies, meint der Tuttlinger Jurist, sollte sich im Bereich von maximal mehreren Hundert Euro bewegen. Wenn man die Strafe jetzt schon an der obersten Grenze ansiedele, wie wolle man schwere Vergehen noch handhaben, fragt Mussgnug. "Das muss man ins Verhältnis setzen." Schließlich hätte die Gruppe mit dem Wandern nicht gegen die Ausgangsbeschränkungen verstoßen. "Wenn man die Abstände einhält, ist das nicht verboten", sagt Mussgnug.

Einen Straftatbestand, dass einer der Wanderer bewusst andere angesteckt habe, erkennt Mussgnug bisher nicht und verweist darauf, dass die Staatsanwaltschaft Rottweil auch noch keine Ermittlungen aufgenommen hat. "Somit besteht nicht einmal der Anfangsverdacht", sagt der Jurist. Auch die Polizei hatte erklärt, dass man sich nach den Ermittlungen im Bereich einer Ordnungswidrigkeit befindet.

Hetzjagd gegen Wanderer

Dafür sei das öffentliche Echo sehr deutlich gewesen. Mussgnug spricht von einer Hetzjagd, die sich bei mindestens drei Wanderern auch auf die Arbeitsplatzsituation ausgewirkt haben soll. Persönlich habe er – wegen der noch angeordneten Quarantäne – bisher nicht mit allen Mandanten sprechen können. Bei seinen Kontakten habe sich aber kein Wanderer als Corona-Leugner entpuppt. Dies hatte Emil Buschle, Erster Bürgermeister der Stadt Tuttlingen und Ortsvorsteher von Stetten, unterstellt.

Zu der Aufforderung von Mussgnug, zu seinen Aussagen Stellung zu beziehen, erklärte Buschle: "Solange die Verfahren gegen die Betroffenen nicht abgeschlossen sind, werde ich mich in der Angelegenheit grundsätzlich nicht mehr äußern."

Kritik gibt es von Mussgnug auch an der Vorgehensweise des Gesundheitsamtes und der Landkreisverwaltung. Nach seiner Darstellung seien Teilnehmer der Wanderung nach einem positiven Test zunächst aufgefordert worden, ihre Kontakte der vorherigen 48 Stunden zu nennen. Erst später hätte die Behörde die Kontakte seit dem 15. Januar in Erfahrung bringen wollen.

"Da kann es nur das Ziel gewesen sein, zu erfahren, wer noch bei der Wanderung dabei war", meint Mussgnug und findet das Vorgehen "prozessual vom Datenschutz sehr bedenklich". Man könne nicht unter Androhung eines weiteren Bußgelds Teilnehmer zur Aussage verpflichten, um weitere Teilnehmer zu ermitteln. Das Landratsamt wollte sich zu dem Vorwurf nicht äußern. Pressesprecherin Julia Hager teilte auf Anfrage mit: "Solange die Ermittlungen und das Verfahren andauern, äußern wir uns nicht, werden aber auf die gestellten Fragen nach Abschluss des Verfahrens gern antworten."