Vor der surrenden Fernsehkamera setzt dieser Passant in der Fußgängerzone seine Unterschrift in die Liste für einen solidarischen Schutz der allgemeinen Gesundheit und zur Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat. Foto: Heinig

Am Ende standen 974 Unterschriften in den Listen. So viele Menschen machten sich am Samstagvormittag in der Villinger Innenstadt für Gesundheit und Demokratie stark. Und es können noch mehr werden: demnächst soll es eine Online-Plattform geben, auf der man sein Votum für das Impfen abgeben und so ein deutlichen Zeichen für das Impfen setzen kann.

Villingen-Schwenningen - Die Initiatoren der Aktion waren Kommunalpolitiker aller Parteien, Gewerkschafter und Kirchenvertreter und auch die unterschreibenden Befürworter kamen aus allen Ecken der Bevölkerung. "So eine bunte Mischung sieht man selten", sagt der Mitinitiator und SPD-Stadtrat, Nicola Schurr. Für ihn sei es wichtig, dass nicht nur die "Spaziergänger" Aufsehen erregen, sondern auch jene zu Wort kommen, die sich in der Corona-Pandemie um den solidarischen Schutz der allgemeinen Gesundheit und die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat Sorgen machen.

Neben Unterschriften auch Diskussionen

In der Stadtmitte war von 10 bis 14 Uhr ein Kommen, Gehen, ein Unterschreiben und Diskutieren, auch mit "Andersdenkenden", wie Schurr die Impfgegner nennt, die seit einigen Wochen immer wieder vor dem Rathaus gegen die politischen Entscheidungen in der Pandemie protestieren. Auch wenn die Einschränkungen der persönlichen Freiheit jedes Einzelnen nun schon sehr lange dauern, gelte es, für die Demokratie standhaft zu bleiben: "Anders geht’s nicht", warb Schurr um Geduld und Durchhaltevermögen.

Sie sei froh über "diese Art der Gegendemonstration, die die Impfgegner und Querdenker nicht aufwertet", lobte Ex-CDU-Stadträtin Renate Breuning. "Man stelle sich vor, es nehme niemand Notiz von den Spaziergängern, da wäre deren Spaß schnell vorbei", glaubt sie. Seite an Seite erschienen am Latschariplatz auch die Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei (CDU) und Derya Türk-Nachbaur (SPD) und die Landtagsabgeordnete der Grünen, Martina Braun. Landrat Sven Hinterseh und Oberbürgermeister Jürgen Roth trugen sich ebenfalls in die Listen ein.

Forderung nach "Weniger Ich, mehr Wir"

"Alle zusammen" müssen deutlich machen, "dass die Lauten eine kleine Minderheit sind", wünschte sich Roth. Es sei der richtige Weg, dass die Leisen nicht länger daheim bleiben. "Ich weiß durch meine Frau, was es heißt, intubiert zu werden, das möchte ich nicht noch einmal erleben", sagte der evangelische Pfarrer Udo Stober, der sich wie auch Thomas Bleile, Geschäftsführer der IG Metall, und SPD-Kreisvorsitzender Bruno Arm länger am Unterschriftenstand aufhielt, um das Gespräch zu suchen mit Zögernden und Ängstlichen.

Die Aktion sei für ihn ein positives Zeichen dafür, dass man ein Für und Wider für das Impfen thematisieren könne, "ohne die Gräben zu vertiefen", so Stober. Es gehe "um Solidarität und nicht gegen die Impfgegner", vielmehr um einen achtsamen Umgang miteinander. Das spiegelte sich auch in den Niederschriften wieder, zu denen ein jeder auf einem Flip-Chart die Gelegenheit bekam. Wirklich wichtig sei, stand dort, "weniger Ich, mehr Wir", "sozialer Frieden und Respekt", "Gesundheit und Demokratie schützen", aber auch – "kühlen Kopf bewahren".