Die Commerzbank will bis 2016 eine Million Kunden dazugewinnen. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Privatkunden-Vorstand Martin Zielke. Foto: Thomas Klewar/Commerzbank

Die Commerzbank kämpft mit ungewöhnlichen Aktionen um neue Kunden und ärgert damit die Konkurrenz. Solche Klagen seien „meistens ein Zeichen für den Mangel an Ideen“, sagt Martin Zielke, Privatkunden-Vorstand der Commerzbank.

Die Commerzbank kämpft mit ungewöhnlichen Aktionen um neue Kunden und ärgert damit die Konkurrenz. Solche Klagen seien „meistens ein Zeichen für den Mangel an Ideen“, sagt Martin Zielke, Privatkunden-Vorstand der Commerzbank.
 
Stuttgart - Herr Zielke, Ihre Wettbewerber sind nicht gut auf Sie zu sprechen. Ihre Angebote, mit denen Sie Kunden werben, sind ihnen ein Dorn im Auge. Wie kommen sie bei Kunden an?
Sehr gut. Wir haben im letzten Jahr 245 000 Kunden bundesweit hinzugewonnen, davon 175 000 in der Filialbank und rund 70 000 in der Direktbank. Das beantwortet die Frage eindeutig.
Sie versprechen Neukunden 50 Euro, wenn sie ein Girokonto eröffnen, und noch mal 50 Euro, wenn sie nicht zufrieden sind. Jetzt denken Sie darüber nach, auf die 50 Euro noch was draufzulegen. Lohnt sich das aus Ihrer Sicht?
Wir denken nicht nur darüber nach. Wir machen es aktuell. Und es lohnt sich für uns auch ökonomisch. Sonst würden wir es nicht tun. Es ist günstiger, Neukunden 50 oder 100 Euro zu zahlen, als darauf zu verzichten und mehr in die klassische Werbung zu investieren. Denn dann müssten wir deutlich mehr Geld aufwenden, um einen neuen Kunden zu gewinnen.
Sie zahlen Kunden 1000 Euro, wenn sie ihr Wertpapierdepot auf die Commerzbank übertragen. Das ist eine ungewöhnliche Marketing-Aktion für eine Bank – nach dem Motto: Wir geben Ihnen zehn Euro für Ihren alten Rasierer, wenn Sie bei uns einen neuen kaufen.
Der Vergleich hinkt. Einen Rasierer kauft man einmal, und das war es. Die Verwaltung eines Depots sichert uns über Jahre hinweg eine feste Kundenbeziehung und einen festen Ertrag. Die 1000 Euro zahlen wir, wenn uns Kunden ein Depotvolumen von mindestens 250 000 Euro anvertrauen. Auch das ist ökonomisch sinnvoll und für Kunden attraktiv. Deshalb nutzen es viele Anleger.
Ist der Wettbewerb so hart, dass Sie Kunden derart locken müssen?
Der Wettbewerb ist hart. Das ist aber nichts, worüber ich mich beklage. Wir haben unser Geschäftsmodell in den letzten Jahren grundlegend überarbeitet und gewinnen heute Kunden und Marktanteile. Die Klage über den Wettbewerb ist meistens ein Zeichen für den Mangel an Ideen.
Die Wettbewerber – vor allem Sparkassen und Volksbanken – sind verärgert, weil die Commerzbank in der Finanzkrise mit Staatsgeld gerettet wurde und ihnen jetzt mit solchen Aktionen das Leben schwermacht.
Es stimmt, wir haben eine schwierige Situation gehabt. Die Angebote, von denen Sie sprechen, haben damit aber nichts zu tun. Das kostenlose Girokonto und die 50 Euro Startguthaben gibt es schon deutlich länger. Diese Angebote sind ein durchkalkuliertes Modell. Dass das Wettbewerber nervös macht, ist doch das Beste, was uns passieren kann, und zeigt, dass wir es richtig machen.
Die Konkurrenz beklagt Kampfkonditionen der Commerzbank im Kreditgeschäft. Diese Klage verstummt nicht. Ist da was dran?
Wir bieten Kunden zum Beispiel in unserer Baufinanzierung Vergleiche mit mehr als 250 Banken an. Wir sind da in der Regel nicht die Günstigsten, und trotzdem gewinnen wir Marktanteile. Unser Vorteil ist, dass wir eine Standard-Baufinanzierung innerhalb von zwei Tagen zusagen können. Das ist im Zweifel für den Kunden wichtiger, als das günstigste Angebot zu erwischen.
Die Commerzbank investiert 120 Millionen Euro in ihr Filialnetz. Ein großer Wettbewerber geht genau den umgekehrten Weg und halbiert die Zahl seiner Filialen. Macht der etwas falsch?
Ich würde das nicht machen. Wir glauben an die Filiale und investieren in unser Filialnetz.
Auch Sie haben von 2008 bis heute 400 Standorte abgebaut.
Wir haben die Dresdner Bank und die Commerzbank zusammengeführt – zwei große Banken mit zwei nahezu gleich großen Filialnetzen. Insgesamt hatten wir 1600 Filialen, einige lagen quasi einander gegenüber. Das haben wir bereinigt, aber wir haben keine Standorte aufgegeben. Die Kundennähe haben wir sogar vergrößert, denn vorher hatte jede Bank rund 800 Filialen, und heute haben wir als gemeinsame Bank 1200.
An die Investitionen sind Erwartungen geknüpft. Welche?
Wir wollen bis 2016 im Privatkundensegment wieder eine angemessene Rendite haben. Deshalb wollen wir bis dahin zum Beispiel rund eine Million Kunden dazugewinnen. Da sind wir auf einem guten Weg. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht nur Kosten zu sparen, sondern gleichzeitig zu investieren.
Bis Ende 2014 wollen Sie in den Filialen alles bieten, was eine Direktbank kann. Wird die Internettochter Comdirect dann überflüssig?
Nein, das glaube ich nicht. Es gibt Kunden, die überhaupt keine Online-Dienste in Anspruch nehmen, aber das werden immer weniger. Dann gibt es Kunden, die keine Beratung und keine Filialen brauchen und alles online machen wollen. Diese Gruppe ist viel kleiner, als man vor ein paar Jahren noch geglaubt hat. Und dann gibt es eine Gruppe, die vieles online machen möchte, die aber auf Beratung und persönlichen Service in einer Filiale nicht verzichten will.
Der Direktbank-Kunde würde bei Ihnen in der Filialbank auch bedient.
Ja, aber die Direktbank ganz ohne Filialangebot hat ganz andere Service- und damit Preismodelle. Das ist für manche Kunden ausschlaggebend. Aber der größte Teil der Kunden will auch in Zukunft beides in einem haben: die Filiale und das Direktbanking. Ich denke, es ist richtig, dass wir für beide Kundengruppen ein attraktives Angebot haben.
In Ihrer neuen Vorzeigefiliale darf der Kunde durch den ganzen Raum laufen, bis er an einen Geldautomaten kommt. Da gibt es genügend Gelegenheit, ihn anzusprechen und über neue Angebote zu reden. Welcher Kunde will das?
Die Geldautomaten stehen weiterhin nahe am Eingang, aber nicht mehr in einem durch eine Wand getrennten Raum. Es stimmt, unser neues Filialmodell wird viel stärker auf den Kunden als Gast zugeschnitten sein. Es gibt Rückzugsflächen für den Kunden, es gibt Bereiche für sehr vertrauliche Gespräche, Mitarbeiter sitzen nicht hinter ihren Schreibtischen, sondern empfangen die Kunden. Der Kunde soll Lust haben, in so eine Filiale zu gehen.
Und wenn er nur zum Geldautomaten möchte?
Dann geht er dahin.
Ihre 100 Mitarbeiter in Stuttgart haben im Rahmen des neuen Filialkonzepts 4000 Schulungsstunden hinter sich. Was mussten die lernen, was sie nicht schon konnten?
Auf jeden Fall nichts Fachliches. Das sind gut qualifizierte Bankmitarbeiterinnen und Bankmitarbeiter. Trainiert haben wir, wie das offene Raumkonzept den Umgang mit den Kunden verändert: Wie gehe ich auf Kunden zu, wie spreche ich Kunden an, ohne aufdringlich zu wirken? Dazu war die Schulung da.
Ältere Menschen tun sich immer noch schwer, eine Überweisung am Automaten einzugeben. Glauben Sie, die tun sich mit einer Videokasse leichter?
Wenn Sie außerhalb der Öffnungszeiten in die Filiale kommen, ist es ein interessanter Service gerade für diejenigen, die sich mit der Technik schwertun. Sie können per Video mit einem Menschen sprechen, der Ihnen hilft. Bisher wird diese Möglichkeit in unserer Testfiliale gut angenommen.
Was die Kunden am liebsten hätten, wäre mehr Rendite für eine sichere Geldanlage. Was empfehlen Ihre Mitarbeiter da?
Es wäre unprofessionell, wenn ich Ihnen jetzt ein Produkt nennen würde. Kunden sollten sich mit einem unserer Berater zusammensetzen und gemeinsam eine persönliche Anlagestrategie entwickeln. Dann finden wir das richtige Produkt, das zum Kunden passt.