Doris Reichenauer steht für schwäbische Comedy „at it‘s best“, wobei das schlicht gesagt untertrieben ist.
Hat man Doris Reichenauer vor Augen und hat sie schon mal erlebt in einem ihrer Bühnenprogramme, kann man sich fröhlicher Gesichtszüge gar nicht erwehren. Sie steht für schwäbische Comedy „at it‘s best“. Wobei es immer mehr als nur Comedy ist, es ist „von vielem ebbes“.
Es ist zuvorderst ihr schonungsloser Blick auf den Alltag, ihren eigenen, gelebten, der im Publikum so manches Deja vu auslöst und den sie so humorig und urkomisch verpackt, dass kein Auge trocken bleibt. Es ist Situationskomik, die bei den Auftritten im Dialog mit ihrem Publikum entsteht und damit spontan und immer wieder anders originell ist. Es ist ein wenig Theater, ein bissle Kabarett und Pantomime und es können manche Szenen schon auch etwas Tiefgang haben, wenn sich der Zuschauer, die Zuschauerin selbst im Spiegel entdeckt.
Als Duo „Dui do on de Sell“ hat sie zusammen mit Petra Binder über 20 Jahre die Comedy-Bühnen im Wilden Süden und bis nach Norddeutschland gerockt.
Seit zwei Jahren solo unterwegs
Seit fast zwei Jahren, nachdem sich Petra Binder aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hat, ist Doris Reichenauer mit Solo-Programmen und als Moderatorin erfolgreich allein unterwegs. Es galt, etwas Neues zu wagen, etwas anders zu machen als bisher, und doch eine gewisse Kontinuität beizubehalten. Ihre vielen Fans dürfen sich noch lange über ihren messerscharfen Humor und Zwerchfellattacken in bestem Schwäbisch freuen.
Wenn Doris Reichenauer im Gespräch erzählt, dass sie früher sehr schüchtern war, mag man es kaum glauben. „Ich hab den Mund nicht aufgebracht, ich war immer sehr selbstkritisch und bin das auch heute noch.“
Künstlerische Familie
Sie ist in der Gäugemeinde Gechingen großgeworden und in einer musikalischen und musikbegeisterten Familie aufgewachsen. „Unser Vater hat Ziehharmonika gespielt am Sonntag, mein Bruder Claus ebenfalls und auch Klavier, ich hab‘ gesungen, unsere kleine Schwester Meggy hat getanzt und Mutter hat gekocht.“ lacht Doris.
Ihr Theatertalent wurde in der Schulzeit entdeckt von ihrem Rektor, „im Tell durfte ich mitspielen, weil ich singen und heulen konnte.“ Später war sie Teil des Schauspiel-Kaders der Theatergruppe der Sportfreunde Gechingen. Sportlich war die junge Doris auch unterwegs und zwar durchaus erfolgreich in der Faustball-Bundesliga und im Kunstturnen.
Lebenserfahrung gesammelt
Erst mal was Richtiges gelernt hat Doris natürlich auch, nämlich technische Zeichnerin beim Automobilhersteller mit dem großen Stern. „Nach zehn Jahren ging es dort nicht mehr.“ erzählt sie. Ihre Eltern waren selbstständig mit einem Elektrogeschäft, „ich wollte auch immer unabhängig sein.“ Sie hat im Ladengeschäft der Eltern ein Second-Hand für Kindersachen aufgemacht, „das hat aber nichts gebracht.“ Fünf Jahre in der Immobilienbranche brachten ihr zwar weitere Lebenserfahrung, aber es war noch immer nicht das, was sie aus vollem Herzen und mit der großen Leidenschaft, die die Besucher ihrer Shows so sehr lieben, total gern macht.
Bei einem kurzen Besuch in Gechingen saß einst Paul Hansen, der legendäre Schreiber der „Stäffelesrutscher“ im Publikum bei einer Aufführung der Sportverein-Theatergruppe. „Er hat extra eine Rolle für mich geschrieben.“ berichtet Doris, dass er sie vom Fleck weg engagiert hat für die Stuttgarter Mundartbühne. Dort kreuzten sich auch die Wege von Doris und Petra Binder und die Idee für das Duo „Dui do on de Sell“ war geboren.
Absoluter Familienmensch
Doris ist ein absoluter Familienmensch und sehr heimatverbunden, wie sie erzählt. Als junge, noch ungebundene Erwachsene habe sie einen „Ausflug“ ins wenige Kilometer entfernte Holzgerlingen gemacht, sprich, sich dort eine Wohnung genommen, weil sie wollte ja unabhängig sein, lacht sie. „Ich hab‘ so sehr Heimweh gehabt und bin deshalb bald wieder zurück nach Gechingen gezogen.“ Wo sie bis heute mit ihrem zweiten Mann und den Familien von Tochter und Sohn lebt. Im Privat- und Familienleben von Doris wird gelebte Harmonie großgeschrieben, verrät sie, „ich habe das beste Verhältnis mit meinem Ex-Mann, er macht zum Beispiel die Einspieler zu meinen Programmen.“
Mittlerweile wurde Doris ein erstes Enkelkind geschenkt und sie ist total verliebt in den kleinen Mann: „Oma sein ist das Dessert des Lebens,“ schwärmt sie, „das erdet mich, alles andere ist unwichtig.“
In ihren Solo-Programmen verrät Doris so einiges aus ihrem Privatleben, ihr Mann und ihr Sohn müssten da jetzt noch mehr einstecken als bisher schon, schmunzelt sie, „und auch aus meiner Kindheit erzähle ich so manches.“
„Ich stand immer auf der Sonnenseite des Lebens.“ stellt die von ihrem Publikum begeistert gefeierte, bodenständige, sympathische und natürliche Komödiantin beim Rückblick fest. „Mir sind immer wieder Chancen und Möglichkeiten zugeflogen und Türen haben sich geöffnet.“ so ihr dankbares Erinnern. Deshalb hat sie auch noch keine Gedanken ans Aufhören, warum auch, siehe oben: „Wenn man etwas gern macht und dann aufhört, wird man alt. Und bis zur Rente brauch ich noch ein paar Jahre.“ Unabhängig sein gilt auch für später: „Ich wollte immer mein eigenes Konto und wissen: wenn ich mir eine Handtasche kaufe, hab‘ ich sie verdient.“
Ihr Publikum darf sich freuen, denn nach der Auszeit für eine Hüft-Operation und die anschließende Reha ist Doris Reichenauer ab Ende April wieder auf den Comedy-Bühnen im Ländle unterwegs und macht ein ums andere Mal deutlich: „Jetzt hat’s gschnacklt …“