Michael Gaedt Foto: Kraufmann

Michael Gaedt von der Kleinen Tierschau wirbt für ein Zeltfestival auf dem Marienplatz.

Stuttgart - Das Comedy-Duo Die Kleine Tierschau plant im Spätsommer ein mehrwöchiges Zeltspektakel auf dem Marienplatz. Ohne ein Ja des Bezirksbeirats Süd besteht kaum eine Chance auf ein Gastspiel. Beim Vorsprechen von Tierschau-Chef Michael Gaedt vor dem Gremium diese Woche prallen zwei Welten aufeinander.

Michael Gaedt kann nicht anders. Rampenlicht wirkt auf ihn magisch, egal ob im Theaterhaus auf dem Pragsattel oder im Generationenhaus Heslach. Raschen Schritts stürzt er ins Politzentrum des Stuttgarter Südens. "I komm mr vor wie beim Abi, obwohl i gar koins han." Im Theaterhaus säße die Pointe, bei den Bezirksbeiräten will sie nicht recht zünden.

Michael Gaedt will mit der Kleinen Tierschau auf dem Marienplatz ein mindestens dreiwöchiges Gastspiel geben. Als er am Dienstag die Pläne dem Bezirksbeirat Süd vorstellt, sind die Rollen verteilt: Gaedts gibt den Clown, sein Manager Arne Beyer hat als seriöser Gegenpol neben dem Versammlungsleiter, Bezirksvorsteher Rupert Kellermann, Platz genommen. "Bezirksbeirat, i han gar net gwisst, was des isch", legt der Comedian leutselig schwäbelnd los. Gaedt hat sich - anders als die Vortragenden aus der Verwaltung - nicht hinter einem Beamer verschanzt, der Pläne an die Wand projiziert. Manche der 17 ehrenamtlichen Parteigänger lächeln ob des langhaarigen Spaßvogels mit gelber Brille verunsichert, andere murren, als fühlten sie sich nicht ernst genommen. Noch glaubt Gaedt, er könne mit Flapsigkeit punkten und kommt immer mehr in Fahrt. "Eine Schnapsidee" hätten sie sich ausgedacht. "Em Sommr schdella mr irgendwo a klois Zeltle auf." Drei Wochen lang wolle man täglich das Programm "30 Jahre Kleine Tierschau" präsentieren.

Als ein Bezirksbeirat Bedenken wegen zu viel Lärm äußert, steppt Gaedt etwas vor. Er glaubt immer noch an seine Strategie. "I versprech eich, de laude Sacha kommad vor dr Pause." Die Lacher bleiben aus. Allmählich dämmert ihm, dass er nicht zu seinen Fans spricht. Manche Stadtteilpolitiker, stellt sich heraus, haben noch nie von der Tierschau gehört. "Da habe ich gemerkt, dass ich mit Späßla nicht weiterkomm"', räumt Gaedt später ein.

Manager Beyer bemüht sich um Sachlichkeit: Das Zelt fasse 350 Zuschauer, um 22Uhr werde definitiv Schluss sein, man würde aber eigentlich gerne vier statt drei Wochen spielen, sonst rentiere sich der Aufwand kaum. Nun folgen bohrende Fragen. "Müssen Anwohner dann vier Wochen lang immer dasselbe hören?", fragt FDP-Rat Wolf-Dieter Wieland. Seine Frau höre ihn freiwillig seit 18 Jahren an, ist Gaedts letzter Kalauer. Wielands Stimme scheint verloren.

Aber Gaedt wandelt sich zum Kämpfer. Den Nachbarn werde er sich vorstellen, zur Generalprobe würden sie eingeladen. Und der Verkehr der vierspurigen B14 übertöne "mein Rasamäherle in der Show " auch am Abend um ein Vielfaches. Als sich der junge CDU-Mann Tim Stephan zu Wort meldet, gerät Gaedt freilich vollends in die Defensive. Nie habe man kommerzielle Veranstaltungen auf dem Platz zugelassen, so Stephan, "wir schaffen hier einen Präzedenzfall".

Die Rettung kommt fast unverhofft: Die Kleine Tierschau auf dem Marienplatz sei Kultur, nicht Kommerz und daher Werbung für den Stuttgarter Süden, argumentiert das öko-soziale Lager so wortreich wie Gaedt, aber ohne zu witzeln. "Wir sollten das Experiment wagen", schlägt Wolfgang Jaworek von den Grünen vor. Ratskollege Wieland schwenkt wieder um. Elf zu drei Stimmen bei zwei Enthaltungen lautet das Abstimmungsergebnis zugunsten der Tierschau. Michael Gaedt findet wieder Worte. Die Basis für den Genehmigungsmarathon bei der Stadt ist geschaffen.

Die Kleine Tierschau plant vom 18. August bis mindestens 9. September auf dem Marienplatz täglich eine Zeltshow.