Rentner studieren auf der CMT Reiseprospekte Foto: Peter Petsch

Ein Drittel aller Reisen in Deutschland werden von Senioren gebucht. Sie tragen damit viel dazu bei, dass das Reisen statistisch gesehen sicherer wird.

Stuttgart - Hans-Jürgen Bruna und seine Frau Eveline haben noch viel vor an diesem Sonntag. Gerade informieren sich die beiden Senioren aus Schorndorf in Halle 9 der Landesmesse bei der CMT über interessante Rad- und Wanderreisen. Danach wollen sie noch Prospekte über die USA holen – für einen Trip nach Alaska. „Wir sind sehr reisefreudig und dreimal im Jahr unterwegs“, sagt Hans-Jürgen Bruna. Gebucht wird über das Reisebüro, aber keine Pauschalreise, individuell soll es sein. Damit passt der agile 69-Jährige zum demografischen Wandel und zum Trend: Jede dritte Reise in Deutschland wird von der Generation 60 plus gebucht. Sie trägt damit viel dazu bei, dass die Reisebranche sichere Einnahmen erwarten kann. „Diese Senioren haben anders als die Generation davor das Reisen eben schon in der aktiven Zeit gelernt“, sagt Martin Lohmann, wissenschaftlicher Berater der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).

Mit ihren Reisezielen heben sich die Brunas von der reisenden Mehrheit etwas ab, bedienen aber die kleineren Segmente wie Wellness, Wandern oder Individualreisen, die stetig am Wachsen sind. 45 Prozent der Deutschen planen für 2014, ein Ziel zu besuchen,an dem sie noch nicht gewesen sind. Die Neugier steigt. Die meisten Deutschen reisen in der Regel jedoch eher konservativ, bevorzugen bei der Auswahl ihrer Urlaubsformen Strand, Ausruhen, Familienurlaub und Natur.

Reisen innerhalb Deutschlands, nach Spanien, Italien, Österreich, Kroatien und die Türkei werden auch in diesem Jahr die Bestenlisten anführen. Das prognostizierte Wachstum von drei Prozent wird sich gleichmäßig auf diese klassischen Destinationen verteilen. Von Urlaubsmüdigkeit also keine Spur. 2013 haben die Deutschen 63 Milliarden Euro für Urlaub ausgeben, davon 52 Milliarden für Auslandsreisen. Tendenz 2014 steigend. Gründe dafür sind die positive Konjunktur und die gute Beschäftigungslage.

Uwe Schmid aus Rudersberg war mit seiner Familie per Wohnwagen zuletzt auch in den klassischen Mittelmeerländern unterwegs. Diesmal wird er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in die neuen Bundesländer und nach Berlin reisen. „Wir fahren einmal im Jahr weg, dafür aber dann vier Wochen“, sagt der 37-Jährige. Den Campingplatz, der auch Wellnessangebote oder Kinderprogramm anbieten sollte, sucht er sich über das Internet oder durch den Austausch mit Freunden. Dennoch bleibt das Reisebüro wichtigste Buchungsstelle.

So hält es auch Yvane Jimenez aus Kirchheim. Mit ihrem Partner Daniel Anwander lässt sich die 33-jährige Bolivianerin gerne beraten. 2014 stehen die Malediven, Kuba oder Namibia im Fokus. Daneben reist sie auch einmal pro Jahr zu ihrer Familie nach Bolivien. „Auf Urlaub wollen wir auf keinen Fall verzichten. Dann lieber ein kleineres Auto“, sagt Yvane Jimenez.

Ähnlich die Familie Gropp aus Stuttgart. Während sich drei Viertel aller Bundesbürger nur einen großen Urlaub leisten, planen Christian und Christiane Gropp mit ihrer kleinen Tochter einen Segelurlaub in Kroatien, Radfahren im August in Deutschland und einen längeren Trip nach Asien oder Australien. „Wir machen das gern über sogenannte Bausteinreisen und stellen das individuell zusammen“, sagt Christiane Gropp.

Bei so viel Reisefreudigkeit kann man sich nur wundern, dass die Deutschen den inoffiziellen Titel Reiseweltmeister 2012 an die Chinesen verloren haben, was die Reiseausgaben betrifft. Umgerechnet 102 Milliarden Dollar ließen die Chinesen im Ausland, 84 Milliarden Dollar (rund 61 Milliarden Euro) die Bundesbürger. „Das bedeutet aber nicht, dass die Chinesen überall auf der Welt spendierfreudig auftreten“, sagt Martin Lohmann. Die Chinesen ließen allein schon 40 Milliarden im Nachbarland Macau. Zudem liegen die Pro-Kopf-Ausgaben der rund 1,2 Milliarden Chinesen bei 75 US-Dollar, während die gut 80 Millionen Deutschen im Schnitt 1023 Dollar verbrauchen.