Gespenstische Ruhe: die Stadt Lanzhou ist abgeriegelt. Foto: dpa

China riegelt wegen der Pandemie wieder eine Großstadt ab. Die rigide Coronapolitik hat dient nicht nur dem Gesundheitsschutz. Es geht auch um etwas anderes.

Lanzhou - Sechs Fälle reichen aus, dass die chinesischen Behörden eine vier Millionen-Metropole abriegeln: Seit Dienstag dürfen die Bewohner von Lanzhou, Hauptstadt der nordwestlichen Provinz Gansu, nur mehr in Notfällen ihre Wohnungen verlassen. Das bedeutet im Klartext: Alles außer Lebensmittel einkaufen ist offiziell untersagt. Und nur wer Impfnachweis und Gesundheitscode vorzeigen kann, kommt überhaupt wieder in die eigenen vier Wände.

Olympia steht am – da will man nichts riskieren

Was von deutscher Perspektive aus nach einer Corona-Diktatur klingt, gehört in China längst zur erprobten „Zero Covid“-Routine. Wann immer ein lokaler Infektionsherd auftaucht – möge er noch so klein sein –, packen die Behörden das große Besteck aus. Im vergangenen Jahr, als der Bevölkerung noch keine Vakzine zur Verfügung standen, hatte diese radikale Strategie Menschenleben gerettet und der Wirtschaft rasche Erholung verschafft. Dass China aber die Zügel nicht lockert, hat vor allem politische Gründe. Die Olympischen Winterspiele stehen in Peking an, im nächsten Herbst folgen zudem wichtige politische Treffen, bei denen sich Staatschef Xi Jinping für die dritte Amtszeit in Folge zum mächtigsten Mann des Landes ausrufen lassen will. Bis dahin solle „die Stabilität“ der Gesellschaft nicht gefährdet werden, heißt es.

Zudem kommt die Regierung nur mehr schwer aus ihrer eigens gebauten, rhetorischen Propaganda-Falle heraus: Ihrer Bevölkerung hat sie eingetrichtert, dass Chinas einmaliger Sieg über das Virus die Überlegenheit des chinesischen Systems demonstriert. Wenn es der Führung in Peking letztlich nur um die Gesundheit der Bevölkerung ginge, dann würde sie wohl als allererstes die wesentlich effizienteren Impfstoffe aus dem Westen zulassen. Doch diesen Gesichtsverlust möchte man sich nicht eingestehen.