In China haben die Behörden angeblich die weitverbreiteten Corona-Apps genutzt, um Proteste zu unterbinden. Verärgerte Bankkunden bekamen plötzlich rote Codes auf ihren Handys angezeigt – und durften sich nicht mehr frei bewegen.
In Zentralchina haben die Behörden angeblich die weitverbreiteten Corona-Apps genutzt, um Proteste zu unterbinden. Wie staatliche Medien berichteten, wollten zuletzt zahlreiche verärgerte Bankkunden, deren Konten eingefroren worden waren, in die Hauptstadt der Provinz Henan reisen. Bei der Ankunft in Zhengzhou war der Gesundheitscode auf ihren Handys aber plötzlich rot. Internet-Nutzer warfen den chinesischen Behörden daraufhin „Machtmissbrauch“ vor.
China verfolgt seit Beginn der Corona-Pandemie eine strikte „Null-Covid-Strategie“. Um Zugang zu öffentlichen Orten und Verkehrsmitteln zu erhalten, müssen die Menschen überall in China QR-Codes mit ihren Smartphones scannen. Nur wenn die App den korrekten Farbcode anzeigt, wird der Zugang gestattet. Menschen mit einem roten Code – entweder weil sie selbst infiziert sind oder Kontakt zu einem Infizierten hatten – dürfen sich nicht frei bewegen.
Bank fürchtete Proteste verärgerter Kunden
In Henan hatten vier Banken Mitte April die Konten tausender Kunden eingefroren. Verärgerte Bankkunden, die kein Geld mehr abheben konnten, versuchten daraufhin nach Zhengzhou zu reisen, um persönlich bei ihrer Bank vorstellig zu werden - die Behörden befürchteten offenbar größere Proteste.
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Ein Bankkunde hatte laut staatlichen Medienberichten bei seiner Ankunft in der Stadt dann plötzlich einen roten Code in seiner Corona-App, obwohl er ein negatives PCR-Testergebnis hatte. Ein anderer Bankkunde hatte einen roten Code, obwohl er zuvor gar nicht das Haus verlassen hatte. Wie die staatliche „Global Times“ berichtete, wurden bei anderen Betroffenen aus roten plötzlich wieder grüne Codes, als sie Zhengzhou wieder verließen.
Chinesen machen ihrem Ärger in sozialen Netzwerken Luft
In den chinesischen Online-Netzwerken häuften sich am Mittwoch kritische Kommentare. „Mir ist ein Schauer über den Rücken gelaufen. Unkontrollierte Macht ist zu beängstigend“, schrieb ein Nutzer im chinesischen Twitter-Pendant Weibo. „Das ist ganz klar Machtmissbrauch“, schrieb ein anderer Weibo-Nutzer.
Auch die „Global Times“ übte in einem Kommentar scharfe Kritik. Das Vorgehen in Henan verstoße „nicht nur gegen die gesellschaftliche Moral, sondern möglicherweise auch gegen das Gesetz“, schrieb der frühere Herausgeber und bekannte Kommentator Hu Xijin. Er sprach von einem „Verstoß gegen die Gesetze zur Pandemie-Prävention“, der „die Unterstützung der Menschen für den Kampf gegen das Virus unterminiert“.
Gesundheitsbehörde kündigt Untersuchung der Vorfälle an
Die Gesundheitsbehörden in Zhengzhou teilten der Nachrichtenagentur AFP mit, die Vorfälle würden „untersucht“. Die „Global Times“ zitierte die Behörden von Henan mit der Aussage, dass ein Datenbankfehler hinter den Problemen mit den Corona-Apps stecken könnte.
Chinas Corona-Apps stehen nicht zum ersten Mal in der Kritik. Bürgerrechtsaktivisten werfen den Behörden schon länger vor, das System zu nutzen, um Proteste zu verhindern und Rechte einzuschränken. Mehrere Oppositionelle erklärten, ihre Gesundheitscodes seien plötzlich rot geworden, als sie versuchten, in größere Städte zu reisen, um an Prozessen teilzunehmen oder bei Behörden vorstellig zu werden.