An diesem Mittwoch wird wie gewohnt eine neue „Charlie Hebdo“-Ausgabe in den Kiosk-Regeln liegen. Foto: EPA

Die Überlebenden des "Charlie Hebdo"-Attentats haben mit Tränen in den Augen die neue Ausgabe produziert. Der Titel zeigt den Propheten Mohammed. Er hält ein Schild in Händen: „Je suis Charlie.“

Paris - Neue Mohammed-Zeichnungen, drei Millionen Exemplare Auflage und weltweite Aufmerksamkeit: Wenn die Attentäter von Paris gehofft haben, das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ mit ihren Morden zum Schweigen zu bringen, sind sie kläglich gescheitert. An diesem Mittwoch wird wie gewohnt eine neue „Charlie“-Ausgabe in den Kiosk-Regeln liegen. Spätestens am Samstag soll sie auch in Deutschland erhältlich sein. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, lautet die Botschaft an Kritiker - und alle Sympathisanten des Terrors.

 

Normal ist natürlich nichts mehr bei „Charlie Hebdo“. Bei dem Anschlag vor einer Woche starben acht Redaktionsmitglieder des Magazins - darunter auch Mohammed-Karikaturist und Redaktionsleiter Stéphane Charbonnier (47) alias Charb. Die Überlebenden haben in den Räumen der linksliberalen Tageszeitung „Libération“ Asyl bekommen.

„Wir haben uns gefragt, wie wir uns selbst treubleiben können, wie wir weiterlachen können“, sagt Chefredakteur Gérard Biard über die schwierigen Vorbereitungen für die jüngste Ausgabe. Ziel es gewesen, ein Titelbild zu kreieren, das die Leute trotz der Geschehnisse zum Lachen bringe.

Ob das gelungen ist, ob das angesichts eines solch grausamen Verbrechens gelingen kann, muss jeder Käufer für sich entscheiden. Das bereits am Montagabend vorab veröffentlichte Cover zeigt eine Zeichnung des Propheten Mohammed, der trauernd ein Schild mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) in den Händen hält. Über der Zeichnung steht in großen Buchstaben „Tout est pardonné“ (Alles ist vergeben). Die Botschaft scheint klar und bis auf die bildliche Darstellung des Propheten politisch korrekt. Sie lautet: Selbst der so oft von „Charlie Hebdo“ verunglimpfte Mohammed hätte ein solches Verbrechen niemals gutgeheißen.

„Ich habe geschrieben „Alles ist vergeben“ und ich habe angefangen zu weinen“, erzählt Zeichner Luz am Dienstag mit Tränen in den Augen über die Entstehung der Karikatur. „Das war die Titelseite.“

Mit Spannung wurde erwartet, was für Zeichnungen den Weg in den Innenteil des Magazins gefunden haben. Sie hielt die Redaktion zunächst noch geheim. In der Vergangenheit hatte „Charlie Hebdo“ das Blatt wiederholt mit Karikaturen für Aufsehen gesorgt, die mindestens an die Grenze der Geschmacklosigkeit gehen. Morddrohungen brachte der Redaktion unter anderem eine Ausgabe aus dem Jahr 2012 ein. In einer der Zeichnungen war beispielsweise der Hauptdarsteller eines umstrittenen Mohammed-Schmähvideos aus den USA mit einem Schweinekopf in der Hand zu sehen. Er fragt den Filmemacher, ob er sich sicher sei, dass der Prophet mit so etwas Sex gehabt habe.

Mohammed-Karikaturen wie diese gelten als Hintergrund des Terroranschlags. Nach den Glaubensvorstellungen von Muslimen sollen weder Gott noch Mohammed oder andere Propheten bildlich dargestellt werden. Zudem gilt das Schwein in der islamischen Welt als unrein.

Die Redaktion druckte damals direkt neben ihren derben Karikaturen eine bissige Rechtfertigung, die heute wie eine düstere Prophezeiung wirkt. „Malst Du einen glorreichen Mohammed, stirbst Du, zeichnest Du ihn lustig, stirbst Du. (...) Mit diesen Faschisten gibt es nichts zu verhandeln“, kommentierte der am vergangenen Mittwoch erschossene Charb damals. Das Gesetz gebe die Freiheit, sich ohne Rückhalt zu amüsieren und die systematische Gewalt der Islamisten gebe sie auch.

Ägyptische Islamgelehrte sehen dies offensichtlich noch immer ganz anders und übten am Dienstag scharfe Kritik an der neuen „Charlie Hebdo“-Ausgabe, von der 50-mal so viele Exemplare gedruckt werden wie vor den Terroranschlägen. Die wichtige religiöse Einrichtung Dar al-Ifta („Haus der Rechtsprechung“) in Kairo wertete die Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen als „rassistischen Akt“. Die „Charlie Hebdo“-Führung hält dies jedoch nicht ab, die neue aktuelle Ausgabe sogar in mehreren Sprechen zu drucken. Neben den französischen Exemplaren soll es Übersetzungen ins Englische, Spanische, Italienische, Arabische und Türkische geben.