So hätte er aussehen sollen, der Kölner "Charlie Hebdo"-Karnelvalswagen. Foto: Festkomitee Kölner Karneval

Die Wogen schlagen hoch um die Absage eines "Charlie Hebdo"-Wagens beim Kölner Karneval. Sogar in der baden-württembergischen Landesregierung wird kontrovers diskutiert. Die Kölner Jecken geben sich selbstkritisch.

Köln - Nach dem Stopp des „Charlie-Hebdo“-Wagens übt das Festkomitee Kölner Karneval Selbstkritik. „Im Nachhinein müssen wir erkennen, dass es möglicherweise keine so gute Idee war, den Entwurf so frühzeitig zu präsentieren und damit einen langen Zeitraum für die Entwicklung von Schreckensszenarien zu lassen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Kölner Karnevals. Dort hatte das Komitee über den Rosenmontags-Wagen zum Terror von Paris abstimmen lassen. Er sollte einen Jeck mit Pappnase zeigen, der das Gewehr eines Terroristen mit einem Buntstift verstopft.

 

In den Medien habe sich eine Diskussion über angebliche Sicherheitsrisiken durch diesen Wagen entwickelt, hieß es am Freitag in der Erklärung des Festkomitees: „Im Ergebnis setzte am Mittwoch eine Welle der Angst ein.“ Damit habe der Rosenmontagszug plötzlich seine Leichtigkeit verloren. „Wir reagieren also nicht auf etwaige Drohungen, wir reagieren auf die Ängste und Sorgen der Menschen.“

Viel Kritik im Netz

Der Stopp des Wagens war vor allem auf der Facebook-Seite des Kölner Karnevals heftig kritisiert worden. Kabarettist Jürgen Becker hatte gesagt, statt öffentlich über den Wagen abstimmen zu lassen, wäre es besser gewesen, wenn mögliche Attentäter vorher gar nicht gewusst hätten, dass es ihn geben würde.

Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) kritisierte die Absage. „Wer hier ohne handfesten Grund weicht, der macht ungewollt dem Terror Platz“, sagte er im Landtag in Düsseldorf. „Der Terror verbereitet Angst und genau das ist ja auch das Ziel der Attentäter.“ Das Festkomitee beteuerte nach dem Stopp: „Unsere geradlinige Haltung zur Meinungsfreiheit hat sich nicht geändert.“

Grün-Rot in Baden-Württemberg uneins

In Baden-Württemberg ist sogar die grün-rote Landesregierung uneins: Während Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Absage des Kölner Karnevals befürwortete, sprach der Grünen-Innenexperte Uli Sckerl von einem „ganz schlechten Zeichen“.

Gall sagte der „Eßlinger Zeitung“: „Angesichts der gegenwärtigen Situation halte ich es sogar für klug, wenn die Menschen so entschieden haben, weil ich finde, dass es kein Zeichen von Schwäche ist, wenn man kein Öl ins Feuer gießt.“

Wenn beim Karneval „eingeknickt“ werde, sagte Sckerl, dann sei das „vorauseilender Gehorsam“. Millionen Menschen hätten nach den Anschlägen entschlossen für Meinungsfreiheit demonstriert. „Wenn jetzt selbst die Jecken zurückweichen, dann haben die Mörder von Paris gewonnen.“

"Mohammed fährt auf jeden Fall nicht mit"

In Düsseldorf, das traditionell als Erzrivale Kölns gilt, lassen die Jecken weiter offen, ob sie den Terror von Paris im Rosenmontagszug thematisieren. Zugbauer Jacques Tilly sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, wenn es solch einen Wagen gäbe, würde das vorher nicht verraten. Es gebe aber verschiedene Ideen. „Ein Mohammed fährt auf jeden Fall nicht mit, ich bin doch nicht lebensmüde.“

Den Vorschlag, den für Köln gedachten Wagen in Düsseldorf mitfahren zu lassen, lehnte Josef Hinkel, Präsident des Comitees Düsseldorfer Carneval, ab. Der dortige Zug trage Tillys Handschrift, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Nachdem in Köln bisher nur der Wagen, der nicht gebaut wird, im Rampenlicht stand, stellte das Festkomitee am Freitag die Motive vor, die nun wirklich gebaut werden. 26 werden es sein, darunter kölsche Themen wie das Verkehrschaos in der Stadt oder die unfertige Moschee.

Besonders aktuell ist der Wagen unter dem Motto „Leech us für Kölle“ (Licht aus für Köln), auf dem die Müllabfuhr vor dem dunklen Dom Krawallmacher entsorgt. Am 5. Januar war an vielen Gebäuden, auch am Dom, während einer Demonstration der rechtspopulistischen „Kögida“ die Beleuchtung abgeschaltet worden, aus Protest gegen Ausländerhass und Islamfeindlichkeit. Zum diesjährigen Motto „Social Jeck“, das die Sozialen Netzwerke aufgreift, gibt es acht Wagen, die Shitstorms, Facebook und die digitale Überforderung auf den Arm nehmen.