Die Bürogebäude aus dem Jahr 1972 sind seit 2009 verwaist. Foto: Leif Piechowski

Gelände und Gebäude der früheren IBM-Zentrale in Vaihingen stehen vor der Zwangsversteigerung. Die Stadt sieht darin die Chance für das 20 Hektar große Gelände. Auf ihm könnten neben den Büros Wohnungen für bis zu 1200 Menschen entstehen.

Stuttgart - Für den ehemaligen IBM-Campus am Autobahnkreuz Stuttgart läuft das Bewertungsverfahren für die voraussichtlich zum Jahresende anstehende Zwangsversteigerung. Die Stadt bemüht sich um Kontaktaufnahme mit dem Geschäftsführer der 2011 in die Insolvenz gegangenen sechs Objektgesellschaften.

Kein Kauf durch die Kommune

Die Stadt könnte als Ortspolizeibehörde künftig für die Sicherung des umzäunten Geländes zuständig werden. An einen Kauf durch die Kommune sei nicht gedacht, sagte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) am Mittwoch, es gebe „großes Investoreninteresse“. Mögliche neue Eigentümer könnten auf einen neuen Bebauungsplan setzen. Ihn will die Stadt, die dafür ein Kolloquium veranstaltet hatte, in den nächsten zwei Jahren entwickeln. Die bisherige Büro-Monostruktur soll durch Wohnbebauung, vornehmlich für Studenten, ergänzt werden. Auch neue Büros wären in dem „Innovations- und Wissenschaftsstandort“ an Stelle der riesigen Parkplatzflächen und teils im Wald möglich.

Föll und OB Fritz Kuhn haben am Mittwoch den Verwaltungsausschuss des Gemeinderates in nicht öffentlicher Sitzung über den Fortgang der Hängepartie informiert. Das riesige, von Wald umgebenen Gelände, war 2008 vom Computerriesen an den US-Investor CB Richar Ellis verkauft worden. Der teilte es auf sechs Objektgesellschaften (fünf Bürogebäude einschließlich Kantine und die 2500 Parkplätze) auf und suchte Mieter – für 14 Euro pro Quadratmeter. Er fand aber keine.

Gigantische Fehlinvestition

Die Amerikaner sowie die Geld gebenden Banken hatten sich offenbar heftig verspekuliert. Dem Vernehmen nach hatte Ellis 83 Millionen Euro gezahlt. Pro Jahr fielen 1,65 Millionen Euro für Unterhalt und Sicherung an. Den Käufern ging im November 2011 das Geld aus. Seitdem stand das Gelände unter Insolvenzverwaltung. DG-Hyp und M. M. Warburg & Co. als Kreditgeber wollen die Fehlinvestition nun nicht weiter treiben.

Am 31. März 2014 gab der Verwalter die Immobilien an die insolventen Objektgesellschaften zurück und stellte Unterhalt und Sicherung ein. Letztere könnte bald auf die Stadt zukommen. Man nehme Kontakt zum dem in Genf ansässigen Geschäftsführer der Objektgesellschaften auf, sagte Föll. Es sei aber nicht zu erwarten, dass man in Genf Geld für die Sicherung finde. Als Ortspolizeibehörde müsste dann die Stadt mit einem „Minimalprogramm“ tätig werden, also Zäune kontrollieren und schauen, „dass keine Bäume umfallen“. Wasser, Strom und Heizung seien in den Bürohäusern vor dem Winter abgestellt worden, also sei keine Gefahr im Verzug. Der Fall des alten IBM-Campus sei für die Stadt sehr ungewöhnlich, auch was die Dimension angehe.

Keine kulturelle Zwischennutzung

Vorschlägen von Freien Wählern und Grünen im Gemeinderat, das Gelände zwischenzeitig einer kulturellen Nutzung oder verschiedenen Mietern zugänglich zu machen müsse die Stadt absagen, so Föll. Man habe nicht die Schlüsselgewalt, eine Zwischennutzung könne nur der Eigentümer zulassen, „sonst wäre das Hausfriedensbruch“.

Campus und IBM-Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Sie waren 1972 nach den Plänen des Architekten Egon Eiermann errichtet worden.