Marion Gentges spricht mit Günther-Martin Pauli über ihren Brief an Nancy Faeser. Foto: Karina Eyrich

Mit einem Traum-Ergebnis von 97,8 Prozent hat die CDU Zollernalbkreis Nicole Hoffmeister-Kraut beim Parteitag als Vorsitzende bestätigt. Ernst hingegen waren die Gesichter beim Vortrag von Marion Gentges über Flucht und Migration.

Die kritische Grenze des Leistbaren sei erreicht, sagt Marion Gentges. Die Ministerin für Justiz und Migration in Baden-Württemberg ist in eine „Herzkammer der Politik“ gekommen, wie Kreisvorsitzende Nicole Hoffmeister-Kraut, ihre Kabinettskollegin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, es nennt – in eine Kommune, zum CDU-Kreisverband Zollernalbkreis, und spricht vor den Bürgermeistern, Ortsvorstehern und Landrat Günther-Martin Pauli, die vor Ort die Asylsuchenden unterbringen müssen.

„Die Bereitschaft der Ehrenamtlichen sinkt“

Ein Viertel aller Asylanträge in der EU sei 2022 in Deutschland gestellt worden, so Gentges. Heuer schon 30 Prozent. In Relation zur Zahl der Einwohner liege Deutschland auf Platz drei hinter Österreich und Griechenland. Die Regelkapazitäten der Aufnahme in Baden-Württemberg seien zu 130 Prozent ausgelastet. Während Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) davon spreche, dass Deutschland keine Migrationskrise habe, seien Kommunen, Landkreise und Behörden räumlich und personell überfordert, und die Bereitschaft der Menschen, Geflüchtete aufzunehmen, sinke: „Viele Ehrenamtliche laufen auf den Felgen.“ Hauptamtliche Stellen fänden kein Personal mehr.

Gentges: Landrat Pauli kämpft mit offenem Visier

Wie hoch die Wellen vor Ort schlagen, weiß Gentges und lobt Landrat Pauli, der in Killer „mit offenem Visier“ vor die Menschen getreten sei, sich der Diskussion gestellt habe, „obwohl er niedergebrüllt wurde“.

Gentges fordert deshalb, „die Fluchtmigration in unser Land endlich wirkungsvoll zu begrenzen“ und hat im August an Nancy Faeser geschrieben: „Wir laufen Gefahr, die Menschen in unserem Land zu verlieren, und riskieren unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt“, heißt es in dem Brief, der einen Link zum Video von der Versammlung am 19. Juli in Killer enthält. Die Ministerin ruft Faeser auf, „temporäre stationäre und mobile Grenzkontrollen“ einzurichten und konsequent jene abzuschieben, „deren Fluchtgründe wir nicht anerkennen können“. Andernfalls werde „Asylrecht de facto zum Einwanderungsrecht“.

Flüchtende wollen kommen – Arbeitskräfte nicht

Warum Deutschland so attraktiv für Flucht-, nicht aber für Arbeitsmigration sei, ist die nächste Frage, die Gentges stellt. Zu den Vorschlägen, die sie – auch Faeser – macht, gehört die Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsstaaten, etwa der Magreb-Staaten, um schnelleres Rückführen zu ermöglichen. Auch als Signal an Fluchtwillige, „nicht all ihr Geld an Schleuser zu hängen“.

Die Diskussion, die folgt, zeugt von der Brisanz des Themas vor Ort. Bettina Zundel will wissen, ob die deutschen Gesetze überhaupt ermöglichten, wirksam den Hebel anzusetzen, und erfährt unter anderem, dass Verfahren sich deutlich verlangsamten, sobald ein Asyl-Antragsteller eine Erstaufnahmeeinrichtung verlassen habe.

Wie viel Bürgermeister Frank Schroft und seine Meßstetter für Geflüchtete getan haben, weiß Marion Gentges – und weiß es zu schätzen. /Eyrich

Krischan Spengler beklagt, dass Deutschland de facto handlungsunfähig sei, wenn selbst ein dritter Versuch, einen Straftäter abzuschieben, nicht gelinge – was Gentges unterstreicht: In ihrem Haus bemühe sich inzwischen ein Sonder-Stab, die rechtlichen Voraussetzungen für Abschiebungen herzustellen.

Nicole Hoffmeister-Kraut und Landrat Pauli nutzen den Abend, um all jenen zu danken, die sich bei der Bewältigung der Migration engagieren – und blicken dabei vor allem Richtung Meßstetten, der Stadt von Lea und Ankunftszentrum Ukraine. Dass es gelungen sei, Letzteres binnen weniger Tage nach Kriegsausbruch einzurichten, macht Pauli auch ein bisschen stolz.