Ministerpräsident Stefan Mappus bei der Regionalkonferenz in Bühl Foto: dpa

Ministerpräsident Mappus hat bei der Regionalkonferenz in Bühl eine Art Vorwahlkampf gestartet.

Bühl - In neun Monaten ist Landtagswahl in Baden-Württemberg. Die CDU hat am Donnerstagabend eine Art Vorwahlkampf gestartet. Offiziell geht es in den Regionalkonferenzen um Landesthemen. Aber derzeit dreht sich alles um den Bund.

Das Motto ist nicht zu übersehen. "Starke Basis. Starke CDU" steht da in großen Lettern auf der Wand im Bürgerhaus in Bühl. Die CDU hat am Donnerstagabend in den Kreis Rastatt zur ersten von zehn Regionalkonferenzen geladen. Aber wo ist die CDU derzeit stark? Ist sie in der Selbstdarstellung nicht eher schwach? Mancher Landtagsabgeordnete sorgt sich um den sicher geglaubten Erfolg bei der Landtagswahl im März 2011. "Wenn man die Regionalkonferenzen nicht ohnehin geplant hätte, hätte man sie jetzt machen müssen", analysiert der Freiburger CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Schüle nachdenklich und räumt ein: "Der Diskussionsbedarf ist groß."

Mit ihrer Werbetour will die Südwest-CDU in den nächsten Wochen versuchen, das Stimmungsbild zu drehen. Aber kann das gelingen, wo sich CDU und FDP auf Bundesebene weiterhin streiten, wo niemand mehr prophezeien mag, wie die Bundespräsidentenwahl am 30. Juni ausgeht. "Wenn der Christian Wulff nicht gewählt wird, dann haben auch wir ein Problem", fürchtet eine CDU-Funktionärin aus der Ortenau.

So kann das in Berlin nicht weitergehen

CDU-Landeschef und Ministerpräsident Stefan Mappus weiß um die Gefahr. Also schlüpft er in eine Art Predigerrolle. Mit dem Mikrofon in der Hand läuft er vor der Bühne auf und ab. Ja, räumt er vor rund 250 Parteimitgliedern ein, die Stimmung sei derzeit "optimierungsfähig". Das konservative Element in der CDU sei "in den letzten Jahren etwas unter die Räder gekommen". Er gibt zu, dass das vergangene halbe Jahr der Bundesregierung "von Schnitzern" geprägt gewesen sei. Er rügt das Hin und Her um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, obwohl es vor der Bundestagswahl anders beschlossen war: "Es war für mich eine große Enttäuschung, dass das hintertrieben worden ist von bestimmter Stelle." Gemeint ist Bundesumweltminister Röttgen. Dass Mappus nun mit einer Verfassungsklage droht, falls die SPD die Verlängerung der Laufzeiten per Gericht verhindern will, zeigt, wie vergiftet die Atmosphäre ist.

Mappus rüffelt aber auch die CSU für ihre Querschüsse in der Gesundheitspolitik. Und er kritisiert CDU wie FDP auf Bundesebene, die vor der Wahl Steuersenkungen versprochen hätten, nun aber plötzlich von Steuererhöhungen redeten. Dabei geraten auch Parteifreunde ins Visier. Dass sein saarländischer Kollege Peter Müller eine Luxussteuer fordere, sei der "letzte Knaller". Und dass ausgerechnet CDU-Wirtschaftsrats-Chef Kurt Lauk die Erhöhung der Spitzensteuer gefordert habe, macht Mappus fassungslos. Die Leistungsträger in diesem Land würden "doch eh schon gemolken". Nein, da will der Ministerpräsident nicht mitmachen. "Sind wir doch mal ehrlich", sagt er zur Parteibasis gewandt, "die Leute draußen verzweifeln, dass plötzlich nicht mehr das gilt, was vor einem halben Jahr gesagt wurde." So könne das nicht weitergehen, sagt er in Richtung Berlin. Wie dort gerade regiert werde, das richte einen "verheerenden Schaden" an. Die Devise müsse jetzt heißen: "Mehr denken und arbeiten, weniger quatschen." Mappus fordert ein Ende des Durcheinanders: "Sonst haben wir ein Problem."

Kein Zweifel: Die Devise des Ministerpräsidenten an diesem Abend ist die Vorwärtsverteidigung. "Wir brauchen eine klare Linie in Berlin. In Baden-Württemberg haben wir sie." Deshalb werde er auch vor der Landtagswahl sagen, "wo wir nach der Wahl sparen werden. Man muss den Mut haben, auch Unpopuläres zu sagen." Da will einer nicht dasselbe Schicksal erleben, wie es sein Kollege Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen erlebt hat. Also verteidigt Mappus ausführlich und unter regem Beifall seine geplante Klage gegen den Länderfinanzausgleich und hebt wieder einmal seine Bildungspolitik hervor.

Und die Parteibasis? Fast 90 Minuten diskutiert sie mit Mappus, fordert eine bessere Vermittlung der politischen Inhalte, kritisiert Umstellungsprobleme bei der Werkrealschule. Mappus hört geduldig zu, antwortet ausführlich. Um 21.40 Uhr ist seine erste Regionalkonferenz vorbei. Seine Botschaft in die Nacht: Berlin könne sich doch "mal Anleihen in Baden-Württemberg holen", wie man ruhig und effektiv regiert. Ob es der Wähler auch so sieht?