Carsten Gabbert heißt der neue Regierungspräsident in Freiburg und damit auch der Mann, in dessen Behörde wichtige Weichenstellungen für den Schwarzwald-Baar-Kreis vorgenommen werden.
Bei seinem ersten offiziellen Besuch im Landratsamt interessierte sich Carsten Gabbert (51) besonders, wie in der Außenstelle im ehemaligen Villinger Postamt gearbeitet wird.
„New Work“ nannte er das, was dort die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes praktizieren. Statt Einzel- gibt es dort Großraumbüros, und die Beschäftigten haben keinen eigenen Schreibtisch mehr, sondern suchen sich einen Arbeitsplatz. Das Interesse des Freiburger Regierungspräsidenten, der gerade ein Jahr im Amt ist, kommt nicht von ungefähr: Gabbert, der 16 Jahre Bürgermeister von Schuttertal (Ortenaukreis) war und den Grünen angehört, war lange als selbstständiger Strategie- und Personalberater in Kommunen und Landkreisen unterwegs, um sie in Digitalisierungs- und Bürgerbeteiligungsprozessen zu unterstützen.
Zwei Behörden, eine Sorge
Landrat Sven Hinterseh (CDU) zeigte sich im Jugendamtsgebäude an der Brigach „stolz auf die Kollegen, die den Prozess so gut mittragen“, bei dem es um mehr gehe als ein paar Schreibtische und Bürostühle umzustellen. Personelle Sorgen hat auch der Regierungspräsident. Seine Behörde – eines von vier baden-württembergischen Regierungspräsidien – steht zwischen den Landesministerien und den Kommunen, sie ist Rechtsaufsichtsbehörde für die großen Kreisstädte und Landratsämter und Bewilligungsbehörde bei vielen Zuschüssen.
Doch von den 1800 Stellen des RP Freiburg sind momentan 100 unbesetzt, und Carsten Gabbert macht keinen Hehl daraus, dass es auch in Zukunft schwierig werde, geeignete Bewerber zu finden, zumal in den nächsten zehn Jahren 600 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Aufgrund der Unterbesetzung gehe manchmal nicht alles so schnell wie gewünscht.
Baureferat sitzt im Kreis
Das RP Freiburg unterhält mit dem Baureferat Ost eine Außenstelle in Donaueschingen, die sich um Bau, Ausbau und Unterhaltung von Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, aber auch Brückenbauwerke kümmert.
Aktuell beschäftigen sich die Planer und Ingenieure des Regierungspräsidiums mit dem 5,5 Kilometer langen Ausbau der B 523 zwischen Herdenen/Neuer Markt (Villingen) und Mönchweiler, den Baumängeln an der Lärmschutzwand an der B 27 bei Hüfingen oder dem Bau der zweiten Gauchachtalbrücke vor dem Dögginger Tunnel, der noch durch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht blockiert ist.
Bei der B 523, die eine Verbindung zwischen dem Nordzubringer (zur Autobahn) und der B 33 und damit eine Ortsumfahrung von Villingen darstellen soll, gab es vor einem Jahr eine öffentliche Bürgerbeteiligung.
Die dort vorgebrachten Anregungen sind inzwischen in die Pläne eingearbeitet. Derzeit läuft der fachübergreifende Variantenvergleich in Abstimmung mit dem baden-württembergischen Verkehrsministerium. Ist dieser beendet, werden die Pläne an das Bundesverkehrsministerium übergeben. Anschließend kann das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden, das erneut eine Bürgerbeteiligung vorsieht.
Einen Beschleuniger gibt’s
Die vom Regierungspräsidium favorisierte Planvariante sieht ein Brückenbauwerk auf Stelzen am Mönchsee vor, weil dort ein Biotop tangiert wird. Das Straßenbauprojekt mit einem Volumen von 25,9 Millionen Euro steht mit dem Vermerk „vordringlicher Bedarf“ im Bundesverkehrswegeplan 2030. Eine Prognose darüber, wie viel Zeit noch bis zum ersten Spatenstich vergeht, wollte der Regierungspräsident aber nicht geben.
Dass der Bund in den nächsten Jahren 500 Milliarden Euro in Infrastruktur und Klimaschutz investieren will, könne eventuell den Bau des fehlenden Teilstücks der B 523 beschleunigen, meinte Gabbert.
Geld für Schulen
Der Regierungspräsident hatte bei seinem Besuch auch ein Gespräch mit den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern der 20 Kommunen im Schwarzwald-Baar-Kreis sowie den Fraktionssprechern im Kreistag. Dabei war auch die Förderung für Schulbaumaßnahmen aufgrund des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung angesprochen worden. Carsten Gabbert äußerte sich froh darüber, dass zu den Bundesmitteln in Höhe von 250 Millionen Euro für Baden-Württemberg, die dreimal so hohen Wünschen gegenüberstanden, nun auch zusätzlich 750 Millionen Landesmittel fließen werden. „Alles, was bis April beantragt war, kann gefördert werden“, so Gabbert.
Für viele Kommunen sei aber der Eigenanteil von 40 Prozent schon eine Herausforderung. Die Verwaltungsvorschrift für Baden-Württemberg sei noch im Entstehen, jedoch in der Endphase.
Keine Trump’sche Art
Carsten Gabbert trat für eine dezentrale Stromerzeugung durch Photovoltaik, Wind- und Wasserkraftwerke ein. Das Regierungspräsidium habe mit seiner Stabsstelle für erneuerbare Energie und Klimaschutz mehrfach Investoren und Kommunen an einen Tisch gebracht. „Das hat dazu geführt, dass wir schnellere Genehmigungsprozesse haben“, so der Regierungspräsident stolz.
Landrat Sven Hinterseh und sein Gast sprachen dabei die sechs Windräder an, die sich auf dem Höhenzug Länge zwischen Hüfingen-Fürstenberg und Donaueschingen-Neudingen im Bau befinden, aber auch den im Neuhäuslewald bei Villingen und Pfaffenweiler geplante Windpark. „Ich bin guter Dinge, dass wir in fünf bis sechs Jahren große Fortschritte machen“, so Gabbert. Selbst wenn ein Auerhahn gesichtet werde, heiße das nicht, dass die Planung stillstehen muss. Dass gegen Anlagen zur regenerativen Energiegewinnung geklagt werde, müsse man in einem Rechtsstaat aushalten können, ist Carsten Gabbert überzeugt: „Wenn man nicht Trump’sche Verhältnisse will, muss man akzeptieren, dass Gerichte überprüfen, ob das Landratsamt mit einer Baugenehmigung die richtige Entscheidung getroffen hat.“
„In guten Händen“
Landrat Sven Hinterseh sprach von einer guten Zusammenarbeit zwischen Schwarzwald-Baar-Kreis und Regierungspräsidium: „Wir fühlen uns in guten Händen“, so der Landrat und überreichte seinem Gast den großformatigen Bildband „Schwarzwald-Baar – Begegnungen mit dem Quellenland“. Gabbert ist nicht zum ersten Mal im Landkreis unterwegs. Zuletzt war er mit seinem Sohn hier – bei einem Fußballspiel in Villingen, denn sein Sohn kickt bei den A-Junioren des SC Lahr.
Info
Dem Regierungsbezirk Freiburg
gehören neun südbadische Landkreise und der Stadtkreis Freiburg an. Größter ist der Ortenaukreis (445 000 Einwohner), Kleinster der Kreis Rottweil (140 400 Einwohner) Der Schwarzwald-Baar-Kreis bewegt sich mit 214 250 Einwohnern im Mittelfeld.