Das Classic-Center von Mercedes soll nach Stuttgart umziehen. Foto: Leif Piechowski

Am heutigen Freitag fällt die Entscheidung über die Architektur. Ob der Autobauer mehr als 60 Millionen Euro investiert, ist allerdings offen.

Die Daimler AG plant die großzügige Erweiterung ihrer  Mercedes-Welt am Wasen. Am heutigen Freitag fällt die Entscheidung über die Architektur. Eröffnet werden könnte frühestens Ende 2017. Doch noch fehlt der Baubeschluss.

Stuttgart - Im Juli 2012 hatte der Erfinder des Automobils die Erweiterung der aus Museum, Niederlassung und einer großen Arena bestehenden Mercedes-Welt am Cannstatter Wasen ausgelobt. Mit einjähriger Verspätung wird nun über die Architektur entschieden.

Die Mercedes-Welt soll um das bisher in Fellbach angesiedelte Classic Center, ein Zukunfts-Zentrum samt „Genius-Werkstätten“ für Kinder, Hörsaal mit 600 Plätzen, Classic-Sammlung mit 50 Exponaten und einer Zukunftsgarage mit 30 Forschungsfahrzeugen sowie einen Kunstbereich wachsen. Der neue Campus soll zum Ziel von jährlich einer Million Kunden und Besuchern werden. Zur Einordnung: Das Museum lockte 2013 genau 702.027 Gäste an.

Daimler plant auf dem 60.000 Quadratmeter großen, von der Stadt für 18,75 Millionen Euro gekauften bisherigen Sportgelände vor dem Museum Neubauten in einer Größe von 33.500 Quadratmetern. Zum Vergleich: Die Niederlassung beim Museum misst 10 000 Quadratmeter. Allein der Classic-Bereich mit 22 Reparaturstandplätzen, davon drei als gläserne Werkstatt, soll 11.700 Quadratmeter erhalten. Das Unternehmen rechnet mit einer Investitionssumme von 60 Millionen Euro – ohne Grundstück und Gebäudeausstattung.

Drei Architekturbüros haben es in die Endrunde geschafft: Barkow Leibinger aus Berlin, Haas Cook Zemmrich aus Stuttgart und Rex aus New York. Aus den Büros ist niemand zur Vorstellung der Entwürfe eingeladen, das macht Daimler selbst.

18 Preisrichter, darunter die Daimler-Vorstände Wolfgang Bernhard (Nutzfahrzeuge) und Thomas Weber (Forschung) werden von 13 bis 16.30 Uhr über die Architekturvorschläge entscheiden. Wer den am Mittwoch abrupt bei Daimler ausgeschiedenen Produktionschef Andreas Renschler in der Jury ersetzt war am Donnerstag noch nicht entschieden. Kommt Konzernchef Dieter Zetsche? Man werde Ersatz finden, hieß es. Juroren sind auch der Museums-Architekt Ben van Berkel und der Tragwerksplaner Professor Werner Sobek.

Der Konzern hat sich entschieden, am Freitag nach dem Votum des Preisgerichts nicht mehr als eine Pressemitteilung mit dem Gewinnernamen herauszugeben. Bilder werde man keine liefern, sagte eine Sprecherin, schließlich handele es sich um Entwürfe, zu denen „keine Fotos vorliegen“ – aussagefähige Zeichnungen müssen die Wettbewerber allerdings liefern.

Obwohl der neue Campus komplett öffentlich werden und das Areal städtebaulich aufgewertet werden soll zeigt sich Daimler außerordentlich verschlossen. In der 140 Seiten starken Ausschreibung werden die Architekten und alle weiteren Beteiligten zum Schweigen verpflichtet. Ein Grund könnte sein, dass die Bauentscheidung aussteht und Daimler vor zwei Jahren seine Pläne für ein neues, spektakuläres Verwaltungshochhaus im Untertürkheimer Stammwerk einstampfte. Zuvor waren sie öffentlichkeitswirksam präsentiert worden.

Bei der Ausschreibung 2012 zeigte sich Daimler entschlossen, den Campus so schnell wie möglich zu verwirklichen. „Der Auslober strebt eine möglichst kurze Bauzeit an. Der dafür notwendige enge Zeitplan für eine Eröffnung Ende 2016 setzt eine kurzfristige Umsetzung voraus“, hieß es damals. Schlägt man die einjährige Verzögerung dazu, könnte es bis Ende 2017 reichen.

Aus der Ausschreibung lassen sich ein paar Details herauslesen. So darf die 43,12 Meter breite Daimler-Teststrecke entlang des Neckars auf einer Länge von rund 140 Metern überbaut und damit ein Zugang vom Mercedes-Benz Campus zum Fluss geschaffen werden. Die Teststrecke mit ihrer 1967 errichteten Steilkurve (90 Grad Querneigung) liegt übrigens zum Teil auf einem städtischen Erbpacht-Grundstück. Trotz vieler Freiheiten müssen sich die Architekten in einem Punkt bescheiden: Die städtebauliche Dominanz des 48 Meter hohen Museums darf nicht angetastet werden.