Mit seinen Äpfeln kam Reinhard Fortblieb 1986 erstmals auf den Calwer Wochenmarkt. Nun verabschiedete er sich aus Altersgründen Foto: Biermayer

Seit mehr als 35 Jahren verkauft der Obstbauer Reinhard Ortlieb auf dem Calwer Wochenmarkt Bio-Obst und -Gemüse. Aus Altersgründen hört er nun auf.

Calw - Auf dem Calwer Wochenmarkt ist Reinhard Ortlieb eine feste Größe. Seit mehr als 35 Jahren verkauft der Obstbauer dort Bio-Obst und -Gemüse. Aus Altersgründen hört er nun auf. Ein Nachfolger steht aber schon bereit.

Es war kalt am Samstag auf dem Wochenmarkt, sehr kalt sogar. Aber nicht einmal zweistellige Minusgrade hielten Stammkunden vom Einkauf ab. Und für viele war der Besuch an diesem Wochenende Pflicht. Sie wollten Danke sagen. Denn ein Fixpunkt des Wochenmarktes verabschiedete sich.

Bald 70 Jahre alt

Reinhard Ortlieb ist bald 70 Jahre alt. Er habe sich in den letzten Monaten lange überlegt, ob er seinen Stand weiter betreibe, erzählte er. "Es ist mir schwer gefallen", meinte er zu seiner Entscheidung. Aber nun ist es soweit. Aus Altersgründen hört er auf.

Zu Vorreitern gehört

Seit 1986 hatte er einen Stand auf dem Wochenmarkt in Calw. Damals hatte er den Obstbaubetrieb in Uhlbach, unweit der Grabkapelle auf dem Württemberg, von seinem Vater übernommen und auf Bioland-Landwirtschaft umgestellt. Ortlieb gehörte damit zu den absoluten Vorreitern. "1986 waren nur 0,3 Prozent der Ackerfläche in Deutschland bio", erinnerte er sich. Heute seien es fast 20 Prozent. Damals wie heute ist er in den Bioland-Verbänden engagiert und hat sie mit aufgebaut.

Echte Freundschaften

Für ihn sei klar gewesen, dass er nur so seinen Obstbau betreiben wolle. Sein Vater sei dem offen gegenüber gestanden. "Er hat gemeint, die Bio-Leute haben schon recht", so Ortlieb. Allerdings sei sein Vater skeptisch gewesen, ob man damit auch Geld verdienen könne. Und das sei anfänglich wirklich gar nicht so einfach gewesen, erzählte Ortlieb.

Große Auswahl an Beeren

So sei die Idee entstanden, einen Wochenmarktstand zu betreiben. Auf Calw sei die Wahl deshalb gefallen, weil er einerseits Bekannte in Altburg gehabt habe und andererseits sein Vater hier schon ab und zu auf dem Markt seine Waren verkaufte. "Wenn die Stuttgarter keine Erdbeeren mehr wollten, hat der die halt im Schwarzwald verkauft", erzählte er. In den 1970er-Jahren "haben die im Schwarzwald ja noch gar nicht gewusst, was Erdbeeren sind", scherzte Ortlieb.

Er habe 1986 dann ganz klein mit einem Apfelverkauf auf dem Calwer Markt angefangen. Das habe gut funktioniert. Es seien immer mehr Kunden gekommen und er habe sein Sortiment ausgebaut. Besonders die große Auswahl an Beeren erfreute sich großer Beliebtheit. Neben dem eigenen Obst habe er auch teilweise zugekauftes Gemüse angeboten – natürlich ebenfalls in Bio-Qualität. "Ich bin Bio-Obstbauer aus Passion", meinte er. Er sei immer mit 100 Prozent dabei gewesen.

Und seine Kunden hätten das geschätzt. "Ich habe hier in Calw sehr viele nette Menschen kennengelernt", erzählte Ortlieb. Über die Jahre seien so echte Freundschaften entstanden. Seine Produkte haben natürlich ihren Preis. Aber es gebe in Calw eben auch genügend Leute, die seine Arbeit und Fachkenntnis wertschätzen. Das freue ihn einfach. Und die ganzen Begegnungen hätten ihm auch menschlich viel gebracht.

Mehr Zeit für die Familie

Wie sehr seine Kunden Reinhard Ortlieb schätzen, war am Samstag zu sehen. Er wurde umarmt, die Menschen bedankten sich bei ihm und wünschten ihm für seine Zukunft alles Gute. "Sie haben der Stadt viel Gutes getan", meinte auch Isabel Götz, Fachbereichsleiterin Bildung, Kultur und Tourismus bei der Stadt Calw. Auf einen Bio-Stand müssen die Calwer auf dem Markt in Zukunft übrigens nicht verzichten. Mit Mathias John steht ein Nachfolger bereit. Er betreibt den Ulmenhof in Unterlengenhardt nach Demeter-Standards. Er wolle ein ähnliches Sortiment wie sein Vorgänger anbieten, so der 46-jährige John. "Ich freue mich drauf", meinte der Landwirt.

Auch Ortlieb freut sich auf seine Zukunft. Dass er im Winter jetzt samstags nicht mehr um halb fünf aufstehen müsse, sei schon gut, meinte er mit einem Lächeln. Außerdem habe er jetzt mehr Zeit für seine Familie. Sieben Enkel hat er mittlerweile. Mit ihnen musiziert er sehr gerne. Und ihm werde bestimmt auch sonst genug einfallen, was er mit der freien Zeit anfangen könne.

Besuche in Calw geplant

Seinen Obstbau in Uhlbach betreibt er zudem erst einmal weiter. Einen Nachfolger hierfür gebe es noch nicht. Sein Sohn Daniel – auch er war öfters am Markstand aktiv – betreibe einen Bio-Lieferdienst. Der habe schlicht keine Zeit, sich um den Obstbau zu kümmern.

Einmal kommt Reinhard Ortlieb aber noch auf den Wochenmarkt. Am nächsten Samstag können seine Kunden noch ihre Weihnachtsbestellungen abholen. Auch in Zukunft wolle er ab und zu mal in Calw vorbeischauen. Er kenne hier ja viele Leute. Die wolle er besuchen. Und vielleicht komme er auch nochmal mit seinen Erdbeeren wieder vorbei. Die Calwer würde es auf jeden Fall freuen.