Fußballspielen im Verein, Musikunterricht, Teilnahme an einem Kunstprojekt – all dies ist für viele Kinder fest in ihrem Wochenplan verankert. Für andere hingegen ist es Luxus, den ihre Eltern sich nicht leisten können. An dieser Stelle setzt seit fünf Jahren die Aktion "Goldmund" der Caritas Schwarzwald-Gäu an.
Calw - 54 Kindern aus dem Kreis Calw hat die Caritas Schwarzwald-Gäu in den vergangenen fünf Jahren etwas ermöglicht, das für viele selbstverständlich scheint: eine Vereinsmitgliedschaft, musikalische Förderung, Kunstprojekte. All das kostet Geld, das etlichen Familien im Kreis schlicht fehlt. Vor allem in der anhaltenden Corona-Krise. Das Projekt "Goldmund" unterstützt diese Familien seit fünf Jahren, indem sie Kosten für Förderung in den Bereichen Sport, Musik und Kunst übernimmt.
Der Name stammt, wie sollte es in der jüngst sogar offiziell dazu ernannten Hermann-Hesse-Stadt anders sein, aus einem Werk Hesses. 2016 war das Kuratorium des Projekts, das aus Vertretern von Vereinen, Kirche und anderen Einrichtungen besteht, erstmals zusammengekommen. Daran erinnert sich Bratislav Bozovic, bei der Caritas mit dem Projekt betraut, noch genau.
Seither berät das Gremium mehrmals im Jahr über die Anträge, die von Familien aus dem Kreis eingegangen sind. Lediglich zwei waren es im ersten Jahr, später stieg die Zahl stetig. 2019 erreichte sie mit 34 Anträgen auf Unterstützung ihren Höhepunkt, wie Fabienne Christen von der Caritas erläuterte. 2020 dann der Einbruch – wegen Corona. Viele Angebote, die normalerweise unterstützt werden, wurden gar nicht erst angeboten. Viele Familien hatten andere Sorgen, gibt Christen Einblick in die Gründe für "den Knick". 2021 hält dieser immer noch an. 18 Anträge seien bislang eingegangen. "Der Bedarf ist eigentlich höher", fürchtet Christen. Doch viele trauen sich wohl nicht, sich für das Projekt "Goldmund" zu melden.
Breiter aufstellen
Kuratoriumsmitglied Veronika Reis-Wehrstein empfindet Corona als "größte Blockade" hinsichtlich des Knüpfens von Kontakten. Dies sei nämlich zu großen Teilen bei Veranstaltungen wie der Vesperkirche geschehen. Dort, meint sie, werde "die Not sichtbar". Durch Corona sei Armut schwieriger zu erkennen. "Armut im Verdeckten".
Hinzu komme die Scham, die viele ob ihrer Situation empfinden, fügt Benjamin Knoll, als Geschäftsführer des TSV Calw im Kuratorium, hinzu. Deshalb sei es Aufgabe des Gremiums, dass deren Hilfe trotzdem bei den Familien ankommt. Christoph Perrot, der das Thema sowohl aus seinem Engagement bei der Kirche, als auch aus Unternehmersicht kennt, sieht noch zu viele Hürden, wenn es darum geht, sich zu seiner Notlage zu bekennen. "Wir müssen noch mehr einladen, uns noch breiter aufstellen", appelliert er.
Das Prozedere verlaufe weitestgehend anonym, erklärt Christen. Sogar die Kuratoriumsmitglieder bekommen nur anonymisierte Anträge vorgelegt. So sei der Schutz der Privatsphäre der Antragsteller gewahrt. Unterstützung für Unter-18-Jährige, die im Kreis Calw wohnen, kann immer für zwölf Monate beantragt werden, Folgeanträge sind ebenfalls möglich. Das nehmen viele Familien in Anspruch, weiß Christen. Dieses Jahr waren alle Anträge solche für eine weitere Förderung.
Lebensfreude schenken
Das Ganze steht und fällt freilich, mit dem "was oben reinkommt", also welches Budget der Aktion "Goldmund" zur Verfügung steht. Deshalb werben die Kuratoriumsmitglieder um Spenden. Große Unterstützung habe "Goldmund" seit dem Bestehen von der Trötschler-Wall-Stiftung erhalten, die sich gegen Kinderarmut einsetzt.
Dieses Problem hat sich in den vergangenen Jahren keineswegs verbessert. Die Kinder, die einmal gefördert werden, brauchen meist dauerhaft Unterstützung, so Knoll. Das spreche nun nicht gerade für eine Entspannung ihrer Situation. Zudem habe Corona die Lage verschärft – Kurzarbeit oder gar Jobverlust hinterlassen ihre Spuren. Reis-Wehrstein weiß beispielsweise von zwei Familienvätern, die ihre Arbeit durch die Pandemie verloren haben.
"Immer mehr Leute befinden sich in Notlagen", sagt Bozovic. "Das geht alle Menschen an."
Corona, sagt Reis-Wehrstein, habe sie gelehrt, hinter die Fassade zu schauen. Not gebe es auch auf den zweiten Blick. Könne man diese lindern und den Kindern Lebensfreude schenken, habe sich alles gelohnt, meint Perrot. "Erfolg ist, wenn wir helfen." Dann gehe es auch gar nicht so sehr darum, wie vielen geholfen werde. Jeder Einzelne sei wichtig. Die Kuratoriumsmitglieder bekommen für diesen Einsatz auch viel Dankbarkeit zurück. "Und das erfüllt mich mit Freude und Motivation, weiterzumachen", so Perrot.