Rund um das Feuer kam es zu lebhaften Diskussion. Foto: Biermayer

Auf Problem aufmerksam machen. Forderungen an die Politik. Familien seien an Sorge zerbrochen.

Gechingen - Der Wolf stellt Schäfer und Weidetierhalter vor Probleme. Um auf ihre Sorgen und Nöte aufmerksam zu machen, entzündeten sie in einer europaweiten Aktion Mahnfeuer – so auch am Freitag in Gechingen. Zudem formulierten sie Forderungen an die Politik.

"Seit Urzeiten entzünden Schäfer Feuer, um ihre Herden vor wilden Tieren zu schützen", meinte Anette Wohlfahrt vom Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg. In dieser Tradition stehe die Aktion des Mahnfeuers bei den Röserhütten des Gechinger Schwarzwaldvereins. Auch der Wildberger Bürgermeister Ulrich Bünger verwies auf die Tradition. "Wir pflegen mit dem Schäferlauf das Brauchtum", so Bünger. Man müsse aber auch die aktuellen Herausforderungen meistern, sonst sterbe dieser Beruf aus. Die größte Herausforderung sei derzeit der Wolf. Er mahnte aber einen sachlichen Diskurs zum Thema an.

In anschließenden Vorträgen verdeutlichten die Schäfer vor rund 300 Anwesenden ihre Position zu dem Raubtier. Zuerst erklärte Fachberater Florian Wagner die Wichtigkeit des Schäferhandwerks. Es sei unerlässlich für den Naturschutz und Erhalt der Kulturlandschaft im Südwesten. "Viele Tiere, Insekten und Pflanzen gibt es hier nur, weil die Schafe diese Gebiete beweiden", so Wagner. Wenn dies wegen dem Wolf nun nicht mehr geschehen könne, würden einige dieser Arten wohl aussterben.

Rund 80.000 Hektar Naturschutzflächen gebe es in Baden-Württemberg. "Der Wolf ist eine Gefahr für deren Erhaltung", so Wohlfahrt. Knapp 1000 Tiere seien in Deutschland heimisch, im Südwesten seien es momentan vier, in Europa insgesamt bis zu 18 000. "Der Wolf ist nicht vom Aussterben bedroht", meint Wohlfahrt. Er bedürfe deshalb keines besonderen Schutzes.

Familien seien bereits an der Sorge zerbrochen

Die von der Landesregierung vorgeschlagenen Herdenschutzmaßnahmen seien in der baden-württembergischen Landschaft auch nur bedingt umsetzbar. Ob höhere Zäune mit Strom, Herdenschutz- oder Hütehunde – alles sei in den kleinteiligen, hügeligen und sich oft in der Nähe zu Wohngebieten befindlichen Weidegebieten nur teilweise realisierbar. Auch die Versicherungsfrage stellt sich: Was passiert, wenn eine Herde auf der Flucht vor einem Wolf in den Straßenverkehr gerät? "Die Politik stellt viele Forderungen an uns, aber wie wir das in der Realität umsetzten sollen, sagt uns keiner", beklagt Wohlfahrt. Die Schäfer hätten nun ihrerseits einen Forderungskatalog erstellt.

Auch wer das alles bezahlen solle, bleibe unklar. Es gehe aber nicht nur ums Geld, sondern man benötige auch mehr Personal. Dies sei für die Schäferei schwer zu finden. All das setzte die Schäfer zudem psychisch unter Stress. Ständig müsse man mit einer Wolfattacke rechnen, dazu kämen Existenzängste.

Davon berichtete auch Karl-Heinz Kaulfuß, ein Tierarzt und Schäfer aus Ostdeutschland. Emotional schilderte er, wie Familien am Wolf zerbrächen. Aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwands und des Stresses seien schon viele Ehen gescheitert. Der soziale Aspekt des Wolfes werde oft vernachlässigt.

In seiner Heimat habe man seit 15 Jahren Erfahrungen mit dem Wolf gemacht. "Ich sage ihnen, all diese Herdenschutzmaßnahmen bringen nichts", meinte Kaulfuß. Der Wolf brauche zwei Generationen um zu wissen, wie er diese umgehen könne. Die Schäfer müssten sich Verbündete suchen und der Gesellschaft verdeutlichen, warum sie die Schäfer brauche, forderte Kaulfuß. Man solle sich aber nicht von der Politik vereinnahmen lassen. "Wir müssen nicht nur lernen mit dem Wolf zu leben, er muss auch lernen mit uns zu leben", brachte er es auf den Punkt.

Der Landtagsabgeordnete Thomas Blenke (CDU) ergriff schließlich auch noch das Wort. "Ich bin hier, um ihnen meine Solidarität auszudrücken", so Blenke. Er stehe auf der Seite der Jäger und spreche sich, wie seine Partei, für die Aufnahme des Wolfs in das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz auf – sprich der Wolf solle bejagt werden dürfen. Dass dies noch nicht so sei, schob er auf den Koalitionspartner in Stuttgart.

Abschließend wurde das Mahnfeuer entzündet. Rund um das Feuer fanden noch lebhafte Diskussionen zum Wolf statt. Die Schäfer waren aus dem ganzen Land angereist – ob von Freiburg, der Schwäbischen Alb oder Baden-Baden. "Ich glaube, wir konnten unser Position klar machen", zog Tina Bauer vom Schäfereibezirksverein ihr Fazit. Es seien auch Naturschutzvertreter und weitere Bürger vor Ort gewesen, stellte sie zufrieden fest. Nur, dass die Politik trotz Einladung nicht gekommen sei, enttäusche sie. "Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen", meinte ihre Kollegin Anette Wohlfahrt.