Mitglieder des Umweltausschusses diskutieren leidenschaftlich zum Thema Wolf in Baden-Württemberg.

Calw - Der Wolf war auch Thema in der jüngsten Umweltausschuss-Sitzung des Calwer Kreistages. Reinhold Rau, Leiter des Dezernates Land- und Forstwirtschaft, Verbraucherschutz, gab den Räten einen Überblick über den Stand in Sachen Wolf, dem eine emotionale Debatte folgte.

Seit 2015 gebe es wieder Wölfe in Baden-Württemberg, sechs verschiedene seien nachgewiesen, sagte Dezernent Reinhold Rau. Da ein Wolf, nämlich das Individuum "GW852m", in der Zeit von November 2017 bis Mai 2018 18-mal sicher in der Gegend von Bad Wildbad bis Bad Rippoldsau-Schapbach nachgewiesen wurde, wird das Tier als sesshaft oder als residenter Wolf bezeichnet.

Unter anderem ist dieser Wolf für die Schafsattacke in Bad Wildbad verantwortlich, der Ende April 44 Schafe zum Opfer fielen. Durch die Nachweise über diesen Zeitraum von sechs Monaten habe das Umweltministerium deshalb eine "Förderkulisse Wolfsprävention" ausgewiesen, so Rau. In dieser Förderkulisse wird Elektro-Weidezaunmaterial für Schafe, Ziegen und Gehegewild mit 90 Prozent der Nettokosten gefördert.

Artenschutzrechtlich streng geschützt

Rau wies darauf hin, dass der Wolf "artenschutzrechtlich strengstens geschützt" sei. Die Zuwanderung nach Deutschland sei über die Restpopulation erfolgt, die sich vor allem in Osteuropa und Skandinavien gehalten habe. 2000 sei das erste Paar in Sachsen nachgewiesen worden. 2017 – Rau bezog sich dabei auf Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) mit Stand vom 1. November – seien 60 bestehende Rudel, 13 Paare ohne Nachwuchs sowie drei Einzeltiere nachgewiesen. 2016 habe es, so die Zahlen der DBBW, 285 Wolfsübergriffe mit 1079 getöteten Tieren gegeben, darunter 855 Schafe und 67 Rinder. Sowohl bei der Wolfspopulation als auch bei den Übergriffen gebe es eine "exponentielle Entwicklung" und Rau geht auch davon aus, dass weiter Wölfe nach Baden-Württemberg zuwandern und Paare und Rudel bilden werden.

Das Konfliktpotenzial zwischen Wolf und Mensch bezeichnet der Dezernent als "äußerst gering". In den vergangenen 18 Jahren habe es in Deutschland keine Vorfälle gegeben, in den vergangenen 50 Jahren in ganz Europa insgesamt neun. Davon seien fünf auf Tollwut zurückzuführen und vier Wölfe seien zuvor angefüttert worden, so Rau weiter. Er zog als Fazit: "Der Wolf wird wieder heimische Tierart. Es wird dauerhaft zu Konflikten kommen und die emotionale Auseinandersetzung wird anhalten."

Aufgaben des Landratsamtes seien die Unterstützung beim Monitoring, die Beratung bei Herdenschutzmaßnahmen sowie die Information.

Als weitere Aufgabe sieht der Erste Landesbeamte Zeno Danner, "dafür zu sorgen, dass die emotionale Debatte nicht zu Gräben führt".

Wie schwierig genau dies ist, zeigte sich in der anschließenden Debatte. Dieter Gischer, SPD-Kreisrat aus Bad Wildbad warf dem Land vor, Kommunen und Bevölkerung allein gelassen zu haben. Nötige Informationen seien nicht angekommen. Auch das Landratsamt, antwortete Rau, habe dies mehrfach angemahnt, aber das Umweltministerium wolle erst das Wolfskonzept erarbeiten, bevor es Auskunft gebe.

Auch Landwirt und Kreisrat Martin Blaich (CDU) machte seinem Ärger Luft. "Seit Jahren weiß man, dass der Wolf kommt. Trotzdem war man fast unvorbereitet", sagte er. Im Nordschwarzwald herrsche eine besondere Situation. Denn vor allem kleine Betriebe würden für die Offenhaltung der Schwarzwaldtäler sorgen. "Wenn der Wolf da rein geht, hören die auf", so seine Meinung. Zudem seien nicht nur Schafe, sondern auch Rinder betroffen.

Haiterbachs Bürgermeister Andreas Hölzlberger (CDU) sieht "die Entwicklung mit einer gewissen Sorge. Die Landwirtschaft geht vor, auch wenn der Wolf streng geschützt ist." Man müsse jetzt beobachten, ob diese Schutzmaßnahmen ausreichen und das Landratsamt solle "das Thema kritisch und konstruktiv mitbegleiten."

Danner antwortete, dass man den Kontakt mit dem Land suche und sich auch für Informationsveranstaltungen stark mache.

Karlheinz Kistner (FWV), Bürgermeister der Gemeinde Oberreichenbach, forderte, dass sich der Landkreis mit den Nachbarkreisen zusammen an die Landesregierung wenden solle, damit die Schutzmaßnahmen für alle Tierhalter gefördert werden. Er fragte: "Ein Problembär darf erschossen werden. Was ist mit dem Wolf?" Rau antwortete, dass dort, wo Wolfsrudel sind, auch Rinder angegriffen würden. Zudem gebe es in anderen Bundesländern Regelungen, wann ein Wolf "letal der Wildbahn entnommen werden" könne. Dies sei der Fall, wenn ein Wolf Menschen oder mehrmals geschützte Weiden angreife.

Der Erste Landesbeamte sagte zu, dass man den Kontakt mit dem Umweltministerium suche. Aber vielleicht eher in kleinem Rahmen als mit einem Brief über die Öffentlichkeit. Das sei vielleicht erfolgversprechender. "Ich habe nicht den Eindruck, dass der Brief aus Bad Wildbad viel geholfen hat", sagte Danner.

Senk sieht auch Versagen bei Tierhaltern

Richtig emotional wurde es dann im Ausschuss, als Manfred Senk (Grüne) das Wort ergriff. Es seien, so der ehemalige Forstbeamte aus Bad Herrenalb, in Baden-Württemberg "keine Übergriffe in geschützter Herde passiert", sondern vielmehr bei Herden, die teilweise völlig ungeschützt gewesen seien.

So auch in Bad Wildbad, wo die komplette Bachseite nicht gezäunt gewesen sei. Das habe dem Wolf "einen Bärendienst erwiesen", dabei sei es "das Versagen des Tierhalters gewesen", das zu dem Übergriff geführt habe. Dem Landesschafzuchtverband sei bekannt gewesen, dass das Tier da ist. "Die Herde hätte nicht ungeschützt auf der Weide stehen dürfen", so Senk weiter.

Vor allem Walter Beuerle (CDU), ehemaliger Bürgermeister in Neubulach, und Andreas Hölzlberger ereiferten sich an diesen Aussagen. Obwohl Zeno Danner mehrfach darauf hinwies, jetzt genau diese Emotionen heraus zu nehmen und die Debatte zu beenden, da die Positionen klar seien, meldete sich Hölzlberger noch einmal zu Wort und forderte abschließend vehement, "die Schuld nicht bei den Tierhaltern" zu suchen.