Beate Wintermantel (von links), Andrea Perschke und Daniela Rinderknecht schätzen die "Mutmacher.Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Landeskirche verlängert Aktion "Mutmacher" / Manchmal geht es einfach nur um Essen und Trinken

Neben vielen schlechten gibt es auch positive Nachrichten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Einen solchen Lichtblick stellt die Aktion "Mutmacher" dar. Dieses Soforthilfeprogramm hat die württembergische Landeskirche nun verlängert. Der Fond wurde mit einer Million Euro gespeist und hat Menschen auf direktem Weg geholfen.

Kreis Calw. Wie Menschen durch die Pandemie ins Hintertreffen geraten können, wie manche nicht einmal etwas zum Essen haben, darüber berichteten nun zwei Mitarbeiterinnen des Diakonieverbandes Nördlicher Schwarzwald: Daniela Rinderknecht und Beate Wintermantel von den Diakonie-Beratungsstellen Calw und Nagold haben seit einigen Monaten noch mehr an Beratungen zu leisten, als es schon vor Corona der Fall war. Tendenz: Weiter steigend! Denn durch den Ausbruch der Pandemie vergrößern sich in manchen Haushalten die ohnehin vorhandenen finanziellen Sorgen.

Klopapier-Hysterie belastet Familie

Wintermantel, die im Bereich Calw arbeitet, weiß von einer Familie mit zwei Schul- und einem Kindergartenkind. Alle befanden sich vor der Schließung in der Ganztagsbetreuung. Die Familie lebt von "Hartz IV". Die Kinder konnten in den Einrichtungen bislang auswärts warm essen. Durch Teilhabepakete, die beispielsweise durch das Landratsamt unterstützt wurden, mussten die Eltern lediglich einen Euro aufzahlen. Nun sind die Kinder zuhause; jedoch kann man für einen Euro kein Essen zubereiten. Hier kam noch die Schließung der Tafel-Läden dazu. Die Folge waren erheblich teurere Lebensmittel im regionalen Supermarkt. Sogar die anfängliche Klopapier- und Mehl-Hysterie belastete die Familie mit Mehrkosten. Da sie kein Auto haben, mussten sie vermehrt den Bus in Anspruch nehmen. Nicht zuletzt wurde für das "Zuhause-Bleiben" in der kleinen Wohnung Bastelmaterial und Spiele gekauft. Dieser Bedarf wäre ja "sonst durch Kindergarten und Schule gedeckt", so Wintermantel. Sorge bereitet nun noch die Rechnung über eine Stromnachzahlung, welche aussteht. Ganz zu schweigen von dem schulischen Auftrag, mit einem PC Kontakt zu halten. In dieser Familie gab es nur einen Laptop. Die Auseinandersetzungen mit zwei schulpflichtigen Kindern waren vorprogrammiert. Und exakt dort setzte das "Mutmacher-Projekt" ein. Die Familie erhielt unbürokratisch einen Zuschuss von 100 Euro.

Daniela Rinderknecht aus Nagold berichtete von einem Ehepaar mit Kind. Die Familie stand selbstständig im Leben und benötigte keine fremde Hilfe. Die Frau arbeitete in einem Hotel. Der Mann hatte einen 450-Euro-Job und betreute das Kleinkind. Plötzlich sackte das geringe Familieneinkommen durch Kurzarbeit unter eine Grenze, bei der es um existenzielle Fragen geht. Mittlerweile ist die Frau entlassen worden, weil das Hotel schließen musste. Bei solchen Schicksalen, in denen ja Menschen unverschuldet in Not geraten, erfüllten "Mutmacher"-Spenden genau ihren Zweck, so das Credo der beiden Diakonieberaterinnen.

Frau will 50 Euro wieder zurückgeben

Deren Chefin, die Geschäftsführerin des Diakonieverbandes, Andrea Perschke, hat ein weiteres, gänzlich banales Beispiel parat. 50 Euro konnten einer Familie zugeteilt werden, die kein Geld für eine Druckerpatrone hatte. Das Kind musste aber die Schulaufgaben ausdrucken.

Ein Erlebnis freute die Helferinnen besonders. Eine junge Migrantin, die sich für die Ausbildung zur Altenpflegerin bemühte, war willens, sich fehlende Sprachkenntnisse anzueignen. Da dies corona-bedingt nicht möglich war, war es wichtig, schnelle staatliche Unterstützungen zu erlangen, was zeitnah schwierig war. "Da war es schon mal schön, einen Hunderter über den Tisch schieben und unbürokratisch helfen zu können", freute sich die Beraterin. Denn auch dabei ging es um existenzielle Dinge wie Essen und Trinken. Dann passierte etwas, was auch die sonst sozial eingestellten Diakonie- Damen sprachlos machte: Die junge Frau kam irgendwann zurück, als sie Boden unter den Füßen spürte und wollte 50 Euro zurück geben. "Sie wollte, dass andere Menschen auch eine solche Hilfe erhalten können."

Für die drei Damen aus dem Diakonieverband ist es wichtig, dass die Menschen wissen, "dass sie nicht alleine gelassen sind". Anlaufstellen gibt es für die vielschichtigen schwierigen Lebenslagen im ganzen Kreis. Rinderknecht und Wintermantel betonen ausdrücklich, dass die Spenden direkt bei den Menschen ankommen.

Einen Vorteil im Hause Diakonieverband Calw – Nagold – Neuenbürg: Die Mitarbeiter arbeiten Tür an Tür. Oft gibt es Schnittpunkte von einer Lebenslage zur nächsten. Die Fachleute aus den verschiedensten Arbeitsgebieten helfen sich dann schon mal gegenseitig. Sei es bei Geldsorgen, bei Einsamkeit oder man befindet sich im Behörden- und Formular-Dschungel. Man berät und leistet in aktuellen Notlagen finanzielle Unterstützung.

Nun ist die Aktion "Mutmacher" bis zum 31. Dezember 2021 verlängert worden.

Wer auch für die "Mutmacher" spenden möchte, bekommt Informationen beim Diakonieverband Nördlicher Schwarzwald, Telefon 07452/841 029. Das Besondere: Jeder Euro, der nun gespendet wird, wird durch die Landeskirche verdoppelt.