Solche Schilder waren einen Tag lang am Brühl zu sehen. Foto: Privat

Anspielung auf KSK: "Zentrum für politische Schönheit" ernennt Calw zur "Kampfmittelverdachtszone".

Calw - "Vorsicht: Lebensgefahr!" Dieser Schriftzug prangte auf mehreren Plakaten, knallrot, die am Dienstag, 27. Oktober, am Brühl zu sehen waren. Darunter der Hinweis: "Sie befinden sich in einer Kampfmittelverdachtszone! Es besteht der begründete Verdacht, dass rechtsextreme KSK-Soldaten im eingezeichneten Gebiet Sprengstoff- und Munitionsdepots (aus Beständen der Bundeswehr) angelegt haben."

Was martialisch anmutet, entpuppt sich später als Aktion des "Zentrums für politische Schönheit". Der Hintergrund: Die Widerstandsbewegung möchte auf verschwundene Waffen und Munition in der Bundeswehr – und beim Kommando Spezialkräfte (KSK) – aufmerksam machen. Im Sommer wurde bekannt, dass Zehntausende Schuss Munition und mehr als 100 Dienstwaffen aus Bundeswehr-Beständen verschwunden waren.

Munition und Nazi-Literatur bei KSK-Soldat entdeckt

Diskussionen ausgelöst hatten die Plakate allen voran in der Facebook-Gruppe "Blaulichtnews Kreis Calw". Dort hatte eine Nutzerin ein Foto des Plakats hochgeladen, woraufhin sich eine hitzige Debatte entsponn. Ist es ernst? Oder Satire? Barbara Maucher, eine der vier Administratorinnen der Gruppe, machte sich im Internet auf die Suche nach Erklärungen. Und stieß schließlich auf das "Zentrum für politische Schönheit", erzählt sie.

Dieses wird auf der Homepage desselben so beschrieben: "Das Zentrum für Politische Schönheit ist die radikale Form des Humanismus: eine Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit." Und weiter: "Wir formen den politischen Widerstand des 21. Jahrhunderts und bewaffnen die Wirklichkeit mit moralischer Phantasie und der Geschichte. Widerstand ist eine Kunst, die weh tun, reizen und verstören muss."

Plakate hängen in unmittelbarer Nähe zum Spielplatz

Das scheinen sich die Initiatoren auch bei ihrer jüngsten Aktion zum Ziel gesetzt zu haben. Denn die Plakate hängen in unmittelbarer Nähe zum Spielplatz am Brühl. "Man kann von so einer Aktion halten was man will", sagt Maucher. Aber an einem Spielplatz gehe so etwas gar nicht. Plakate, auf denen groß "Lebensgefahr" steht, verunsichern die Leute, ist sich Maucher sicher. Auch für Migranten, die unter Umständen aus Krisengebieten stammen, eine problematische Situation. Corona sei schon heftig genug, betont die Administratorin. Da brauche es Zusammenhalt und keine Aktionen, die die Bevölkerung weiter spalten.

Sobald Maucher der Sache auf die Spur gekommen war, löste sie in der Gruppe auf, dass es sich bei der Aktion um Kunst handle. Die früheren Beiträge zu dem Thema wurden von den Administratorinnen gelöscht. Dazu hätten sie sich nach längerer Diskussion entschieden, sagt Maucher. "Wir wollen linken und rechten Trollen keine Plattform bieten." Doch auch unter dem Beitrag, der über die Aktion aufklärt, finden sich zahlreiche Kommentare – einige, die die Plakat-Aktion loben, andere, die mit Unverständnis reagieren.

Zentrum macht AKK verantwortlich

"Das Zentrum für politische Schönheit" selbst nimmt auf Anfrage unserer Zeitung keine Stellung zu der Kritik, die Plakate an einem Spielplatz aufgehängt zu haben. Stattdessen behaupten sie, die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) persönlich sei dafür verantwortlich, dass der gesamte Großraum Stuttgart-Ulm zur "Kampfmittelverdachtszone" erklärt worden sei.

Im Zuge der Aktion "Wo sind unsere Waffen" hatte das "Zentrum für politische Schönheit" unter anderem auch in Stuttgart solche Plakate aufgehängt und in Berlin vor dem Kanzleramt einen Container aufgestellt, in dem vorgeblich Waffen zurückgegeben werden können – bevorzugt die verschwundenen.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bekräftigt, dass sie die dargestellte Thematik der Waffen- und Munitionsverluste sehr ernst nehme. Dennoch werde "das Bundesministerium der Verteidigung die in Rede stehende Kunstaktion nicht weiter kommentieren. Nach unserer Kenntnis sind die zuständigen Sicherheitsbehörden informiert und ermitteln, sofern strafrechtliche relevante Tatbestände vorliegen."

Die Plakate am Brühl in Calw wurden noch am selben Abend vom städtischen Ordnungsamt entfernt.