Finanzen: Kreistag verabschiedet Haushalt 2021 unter besonderen Umständen / 14 Gegenstimmen
Von großer Einmütigkeit war im Calwer Kreistag in Bezug auf den Haushalt 2021 keine Spur. Auf der einen Seite die "Großen" CDU und Freie Wähler und auf der anderen Seite SPD, Grüne und FDP. Die Großen für eine niedrigere Kreisumlage, die "Kleinen" für eine höhere – angesichts von enormen Schulden und enormen Aufgaben für den Landkreis. Die "Großen" setzten sich durch.
Bad Liebenzell/Kreis Calw. In Corona-Zeiten einen Haushalt aufzustellen – das ist derzeit für keine Kommune ein leichtes Unterfangen. Erst recht nicht, wenn man millionenschwere Projekte vor der Brust hat. Wie im Fall des Landkreises Calw die Hermann-Hesse-Bahn sowie die Erweiterung (Nagold) und den Neubau eines Krankenhauses (Calw). Dazu noch die Erweiterung des Landratsamtes in Calw. Und natürlich Corona.
Einiges davon soll über Schulden finanziert werden, was etliche Kreisräte durchaus kritisch sehen. Eine andere Einnahmequelle des Landkreises ist die Kreisumlage, die die Städte und Gemeinden an den Landkreis zu entrichten haben. Die Kreisumlage zu erhöhen, um die Projekte zu finanzieren, das sehen die Kommunen kritisch, würde ihnen das doch den eigenen Handlungsspielraum einschränken. Mehr Schulden oder doch mehr Kreisumlage? – Um diese zwei Möglichkeiten rang der Calwer Kreistag in seiner größtenteils online abgehaltenen Haushaltssitzung am Montag.
Auf der einen Seite CDU und Freie Wähler, die dafür plädierten, die Kreisumlage bei 30 Punkten zu belassen – Landrat Helmut Riegger hatte in seinem ersten Haushaltsentwurf ursprünglich vorgeschlagen, den Satz auf 31,5 Prozent zu erhöhen. Auf der anderen Seite SPD und Grüne, die mit Unterstützung aus den Reihen der FDP beantragten, mit Hilfe einer Haushaltsstrukturkommission eine Million im Haushalt einzusparen. Dazu eine auf 30,5 Punkte festgelegte Kreisumlage und noch eine Verringerung der Mehrkosten beim ÖPNV nur um 500 000 Euro statt um 1,5 Millionen Euro. Das alles hätte es dem Landkreis möglich gemacht, die Neuverschuldung um eine Million Euro auf 9,2 Millionen Euro zu senken. Und man hätte noch 100 000 Euro für Klimaschutzprojekte übrig gehabt.
CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann machte gleich zu Beginn seiner Haushaltsrede klar, dass die CDU auf die Beibehaltung der 30 Punkte bei der Kreisumlage abzielt. Damit stiegen trotz den Umständen die Einnahmen des Kreises um 1,6 Millionen Euro auf dann 69,2 Millionen Euro. Dazu komme noch ein Rechnungsergebnis für das laufende Jahr, das dem Kreis wahrscheinlich einen zusätzlichen Finanzüberschuss von drei bis fünf Millionen Euro einbringe. Eine Beibehaltung der Kreisumlage bewahre deshalb die Balance zwischen Kreis und Kommunen und nehme auf die außergewöhnliche Finanzlage der Kommunen Rücksicht. Was die Ausgaben angehe, sei mehr als das Geplante – Hesse-Bahn, Kliniken und Anbau Landratsamt – gar nicht machbar. Als Zukunftsprojekte brachte Großmann vor allem die Digitalisierung und den Breitbandausbau aufs Tapet.
Einen kritischen Blick auf die Kreditaufnahme warf FWV-Fraktionschef Volker Schuler. Einer unbegrenzten Kreditaufnahme für Wunschprojekte des Landkreises widersetzten sich die Freien Wähler. Der Kreis könne sich über seine Finanzausstattung nicht beklagen, immerhin könne er ja sogar noch Rücklagen aufbauen und zehn Millionen Euro zusätzlich einnehmen. Wenn das nicht ausreiche, müsse der Kreistag massiv an die Aufgaben des Landkreises rangehen und nicht nur einfach alles durchwinken. Schuler sieht den Bus als Rückgrat des ÖPNV an seine Grenzen gekommen – ökonomisch wie ökologisch. Der Nahverkehrsplan gehöre dringend überarbeitet. Darüber hinaus forderte Schuler den Ausbau der Schulsozialarbeit und eine IT-Strategie für die Schulen.
Für die SPD verteidigte Rainer Prewo den gemeinsam mit den Grünen eingereichten Vorschlag zur Verringerung der Schuldenaufnahme. Er lasse den Gemeinden den größten Teil ihres Zuwachses. Prewo kritisierte die Art der Haushaltsverhandlungen als "unbefriedigend", als ein "fingerhakelndes, kurzatmiges Deal-Making" mit wenig strategischer Weitsicht. Vielmehr müsse der Kreis mit eigenen Entscheidungen positive Effekte auf die Finanzen erzielen. Etwa durch das Anziehen von Bevölkerung. Doch der Kreis sei dafür nur mäßig attraktiv, er brauche einen attraktiven ÖPNV, auch die Hessebahn sei da nur beschränkt hilfreich. Auch beim Tourismus und der Tourismus GmbH mache man zu wenig aus dem Potenzial des Landkreises.
FDP-Sprecher Albrecht Joos bezeichnete die enorme Verschuldung – Ende 2024 wird man bei 65 Millionen sein –, als "Belastung für die zukünftige Generation". Einseitig über die Verschuldung zu gehen, sei nicht weit genug in die Zukunft gedacht. Joos forderte eine höhere Kreisumlage von 30,5 Prozent und den Kreis Calw auf, sich für die Wasserstofftechnologie einzusetzen, sie habe ein "sehr großes Potenzial".
Angelika Reutter von der AfD kritisierte die den Umständen geschuldete Verkürzung der Redezeit der Räte als "demokratiefeindlich". In fünf Minuten könne man den Haushalt eines Landkreises, der sich im Krisenmodus befindet, nicht besprechen. Reutter verlangte die komplette Neuordnung des Busverkehrs und den prinzipiellen Vorzug der regionalen Anbieter. Darüber hinaus kritisierte sie die getroffenen Corona-Maßnahmen scharf.
Am Ende stand zunächst die Ablehnung der Initiativen von SPD/Grünen und der FDP – letztere mit nur einer Stimme Mehrheit. In der finalen Abstimmung stimmten 25 Räte für den Haushalt, 14 dagegen. Es gab eine Enthaltung