Mittlerweile ist das Kloster Hirsau schon wieder weitestgehend von den Utensilien der Veranstaltungsreihe befreit. Foto: Bernert Foto: Schwarzwälder Bote

Bilanz: Drei Monate "Raus ins Kloster" sind vorbei / Veranstalter ziehen Bilanz / Kultur geboten

5500 Besucher kamen seit Mitte Juni ins Hirsauer Kloster. Geboten war dort so einiges – Comedy, Kabarett, Musik, Theater und Kino. Mit der Veranstaltungsreihe "Raus ins Kloster" wollten die Organisatoren aus der Corona-Lethargie ausbrechen. Und das, davon sind sie allesamt überzeugt, sei ihnen auch gelungen.

Calw-Hirsau. Am 19. Juni ging die erste Veranstaltung des Formats im Hirsauer Kloster über die Bühne. Damals noch unter dem Titel "Kleines Sommerkino" und mit einer maximalen Besucherzahl von 99. "Die Känguru-Chroniken" markierten den Start, umrahmt von einem Poetry Slam. Über drei Wochenenden lief dieses "Kleine Sommerkino". Dann wurde das Format "Raus ins Kloster" aus der Taufe gehoben. Zusätzlich zum Kino wolle man, so hieß es damals, den Leuten die komplette Bandbreite an Kultur bieten. Trotz Corona.

Nun, genau drei Monate später, ist die Bühne aus dem Kreuzgang des Hirsauer Klosters verschwunden. Wo die Tribüne aufgebaut war, ist jetzt wieder der Rasen zu sehen. Die Veranstalter – das Kulturamt der Stadt Calw, das Kommunale Kino Pforzheim, MF Sound & Light, Jürgen Ott und Tom Sanchez – lassen im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten die vergangenen Wochen und die rund 50 Veranstaltungen Revue passieren.

In einem sind sie sich alle einig: Das Ziel, den Leuten Kultur unter Corona-Bedindungen zu bieten, habe man erreicht. Die Bühne im Kloster Hirsau sei mit allen Arten von Kultur bespielt worden, sagt Markus Kleinschmidt von der Stadt Calw – Theater, Film, Gesang, Comedy und so weiter. Den Satz "In Calw ist nichts los", der speziell in den sozialen Medien hin und wieder fällt, sieht Kleinschmidt spätestens damit als widerlegt.

Isabel Götz ist erst seit diesem Jahr Kulturamtsleiterin bei der Calwer Verwaltung. Für sie war die Situation also im doppelten Sinne neu – zum einen, weil sie solche Veranstaltungen bislang lediglich aus der Zuschauerperspektive kannte, zum anderen weil für sie, wie für alle, die aus Corona erwachsenden Ideen eine Neuheit darstellten. "Ich bin beeindruckt, welche Vielfalt auf die Beine gestellt wurde", lobt sie. Alle Akteure hätten an einem Strang gezogen und so ein Progamm auf die Beine gestellt, das "seinesgleichen in der Umgebung sucht". Zumal schon das "Kleine Sommerkino" einen Rekord gebrochen hat: Das war nämlich das erste Open-Air-Kino in ganz Baden-Württemberg (Autokinos ausgenommen).

Doch gerade der Anfang der Veranstaltungsreihe hatte auch seine Tücken. Durch immer neue Verordnungen und Unklarheiten in Bezug auf die Fördermittel des Landes waren die Organisatoren lange im Dunkeln getappt, was die weitere Planung anbelangt. Dann musste alles ganz schnell gehen. Dadurch sei die Vorlaufzeit für Werbemaßnahmen aber ziemlich kurz gewesen, bedauert Sanchez. Was dazu führte, dass der Anfang von "Raus ins Kloster" etwas holprig gewesen sei und einige Veranstataltungen sogar mangels Zuschauer abgesagt werden mussten. "Die ersten Events waren nicht ganz so gut besucht", bedauert er. "Dann aber steigerten sich die Besucherzahlen von Veranstaltung zu Veranstaltung." Lektion Nummer zwei, die die Veranstalter lernen mussten: Nachmittagskino läuft nicht. Das bestätigt Frank Neubert, Vorsitzender des Fördervereins des Kommunalen Kinos Pforzheim. Es sei zu dieser Tageszeit viel zu heiß gewesen. Jedoch könne man mit der neuen LED-Leinwand bereits früher starten und müsse nicht warten, bis die Sonne komplett untergegangen ist.

Psychische Belastung

Für die Verantwortlichen, die allesamt in der einen oder anderen Weise in der Veranstaltungsbranche tätig sind, sei "Raus ins Kloster" eine Abwechslung zu der Corona-Tristesse der ersten Jahreshälfte gewesen. Sanchez beschreibt es gar als eine Art "Seelentherapie", bei der er sich mit Musikern, Künstlern, Veranstalterkollegen und Bühnentechnikern, aber auch mit den Besuchern austauschen konnte. "Es war einfach schön, nach jeder Veranstaltung die aufmunternden Worte der Besucher zu hören und immer wieder die Dankesreden der Künstler entgegennehmen zu dürfen", schwärmt er. Auch der Austausch mit den Kollegen habe ihm gut gefallen. Das bestätigen auch die anderen Organisatoren, die sich alle sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit zeigen.

Ebenfalls ein wichtiger Aspekt des Erfolges, betont Ott: die lokalen Künstler. "Man hat gesehen, was für Perlen wir hier haben." Das sei für ihn mit das Wichtigste gewesen. Den Künstlern gehe es nämlich nicht nur finanziell schlecht, wenn sie nicht auftreten dürfen. Auch psychisch sei das eine Belastung. Umso dankbarer seien sie ob der Auftritte im Kloster gewesen. Dasselbe gelte für Besucher, von denen laut Ott sehr positive Rückmeldungen gekommen seien.

Und, was natürlich derzeit auch eine gewichtige Rolle spielt, in Sachen Corona sei alles glatt gegangen, freut sich Götz. Das Hygienekonzept habe Wirkung gezeigt. Inzwischen sind die Reihen der Veranstalter derart eng zusammengerückt, dass sogar schon über eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe 2021 spekuliert wird. "Was machen wir eigentlich nächstes Jahr?", fragt der Interimsgeschäftsführer des Kommunalen Kinos Pforzheim lachend. Doch da wird, so hofft Ott, wieder der "normale" Klostersommer stattfinden können, den er organisiert. Zumindest ist er schon längst mit dessen Planung beschäftigt. Ansonsten gilt, hält Sanchez fest: Mit etwas Kreativität und der Bereitschaft, etwas mehr Aufwand in Kauf zu nehmen, sei auch so die ein oder andere Veranstaltung wieder möglich. Wie man gesehen hat.