Barbara Ogbone berichtete von ihren Erfahrungen mit weiblichen Flüchtlingen. Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Landratsamt veranstaltet Workshops zum Thema Flüchtlinge / Auch Kreisräte, Bürgermeister und Schulleiter dabei

Um Themen wie die Schaffung von Wohnraum, Vereine und Arbeitssuche, ging es beim zweiten Integrations-Workshop im Landratsamt Calw.

Kreis Calw. "Angela Merkel sagte letztens in einer Rede: ›Integration ist eine doppelte Herausforderung für alle, die hierher gekommen sind und auch für die, die sie aufnehmen. Der Weg ist lang und manchmal steinig‹", erinnert sich Landrat Helmut Riegger, als er die Besucher im Landratsamt begrüßt.

Um diesen steinigen Weg gut zu meistern und mitzugestalten, sei man heute da. Unter den Teilnehmern des zweiten Integrations-Workshops sind auch Kreisräte, Bürgermeister und Schulleiter. Ihre Anwesenheit bekräftigt, was Riegger sagt: "Der Zusammenhalt in der Gesellschaft ist von Bedeutung." Der letzte Workshop fand 2016 statt. Damals ging es hauptsächlich um die Unterbringung der Flüchtlinge, die gerade in großen Zahlen ankamen. Nun, da die Einwanderungszahlen sinken, stehe das Thema Integration im Vordergrund, so der Landrat.

Um Arbeit und Ausbildung, Wohnen, die Förderung von Frauen und Mädchen sowie um das Thema Integration in die Zivilgesellschaft ging es in diesem Rahmen. "Es wurden schon zahlreiche Flüchtlinge an Unternehmen vermittelt", berichtet Riegger. "Fachkräfte fehlen, und deswegen war es immer ein Ziel, die jungen Immigranten in Arbeit zu bringen." Das sei gelebte Inklusion.

Vorzeigebeispiele sind etwa Murtaza und Farzana Mokhtari. Die Geschwister sind 18 und 19 Jahre alt und leben zur Zeit in den Hoffnungsträgerhäusern in Bad Liebenzell. Vor drei Jahren kamen sie aus Afghanistan. Farzana machte bald die Mittlere Reife und Murtaza macht eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Sie machen Musik und Sport. Murtaza erzählt vom Führerschein, bei dem er die schriftliche Prüfung auf deutsch machen musste. "Das war wirklich ziemlich schwer", erinnert er sich. "Ich habe auch schon mit dem Führerschein angefangen", sagt die 18-jährige Farzana. Die Familie ist sehr zufrieden. Ihre Mutter sage immer: "Das Asylheim war wie die Hölle. Und das Hoffnungshaus ist nun wie das Paradies", erzählen die Geschwister.

Hier zeige sich, so Landrat Riegger, dass Integration erfolgreich sein könne, aber damit sei es nicht getan "Wir werden heute kein Patentrezept für das Thema Integration finden", stellt Riegger klar. "Aber wir wollen Ihnen zeigen, dass wir etwas tun, und wir möchten Ihre Ideen hören."

Norbert Weiser mit Zahlen

Sozialdezernent Norbert Weiser zeigt ein paar Zahlen auf. Unter den Zugängen zwischen 2014 und 2017 besteht der größte Anteil aus Türken. Menschen aus Syrien stehen erst an siebter Stelle. Die meisten Flüchtlinge kamen im Jahr 2015 an. Die Zahl ist bis zum Jahr 2018 auf nur noch knapp ein Zehntel geschrumpft. Unter den Flüchtlingen, die die B1-Deutsch-Prüfung des Integrationskurses an der VHS Oberes Nagoldtal absolvierten, bestanden gute 50 Prozent beim ersten Versuch. Beim Thema Arbeit sehe es besser aus. Während sich 2015 noch kein Flüchtling in einer Ausbildung befand, sind es im Dezember 2017 bereits 51. Mit diesen Vorkenntnissen entlässt Weiser die Teilnehmer in die Workshops.

"Der Aspekt Wohnen hat sich gewandelt. Die Gemeinschaftsunterkünfte werden langsam wieder in die Hand der Gemeinden zurückgeführt", sagt Tobias Haußmann, EU-Beauftragter des Landratsamts. "Wir müssen uns jetzt über neue Kooperationsformen Gedanken machen." Architekt Helmut Hauser und Bürgermeister Clemens Götz reden über ein Gebäude am Gleis 1 in Althengstett, das gezielt flexibel gebaut wurde. Durch die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten könne das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft, aber auch als gewöhnliches Mehrfamilienhaus dienen. "2016, wo die Flüchtlingswelle gerade sehr groß war, wollten wir auf alles vorbereitet sein", erklärt Götz.

Petra Ulrich, Integrationsmanagerin vom Landratsamt hat eine Idee, wie man den Vermietern die Ängste vor dem Vermieten an Flüchtlinge nehmen könnte. "Die Immigranten sollten einen Mietführerschein machen. Da lernen sie die Grundlagen des Wohnens in diesem Land, von Mülltrennung über die Einhaltung der Ruhezeiten bis hin zum Umgang mit Nachbarn." In den Reihen wird zustimmend genickt.

Einen Raum weiter erklärt Eberhard Carl, Integrationsmanager des Landkreises Calw, warum Vereinssport ein so sinnvolles Mittel zur Integration ist. "Erfolge im Team schweißen zusammen und auf dem Spielfeld sind alle gleich." Kompetenzen wie Durchhaltevermögen könnten ins Alltagsleben übernommen werden und im Job von Nutzen sein. Neu Zugezogene, die die Gepflogenheiten des Umfelds noch nicht kennen, profitieren also besonders davon, so Carl.

Erfahrungen aus der Praxis

Um ein anderes Thema geht es bei Barbara Ogbone, der Flüchtlingsbeauftragten von Althengstett. Sie berichtet von ihren Praxiserfahrungen mit weiblichen Flüchtlingen und deren Problemen. "Die Frauen kommen aus einer Gesellschaft, wo grundsätzlich ein Gefühl der Unsicherheit im öffentlichen Raum vorherrscht. Sie müssen erst lernen, dass sie hier in Deutschland auf der Straße oder am Arbeitsplatz sicher sind und dass es sicher ist, zum Beispiel zur Polizei zu gehen." Das erschwere die Integration sehr. Anfangs habe sie sich gewundert, warum die Frauen so wenig kommunizieren und kooperieren. Doch das sei verständlich. "Netzwerke von zu Hause brechen weg. Sie kennen niemanden, kennen das Land nicht und sprechen die Sprache nicht. Sie sind isoliert." Sie habe versucht, Beziehungen und Gespräche zu fördern. Deshalb gebe es in Althengstett einen interkulturellen Frauentreff, der regelmäßig in der Grundschule stattfinde und gut besucht sei, sagt Ogbone.

Die Ideen sollen nun dazu beitragen, Flüchtlinge, ob sie nun langfristig im Land bleiben oder nicht, zu begleiten, sagt Landrat Riegger. "Wir unterstützen sie, solange sie unsere Mitbürger sind."