Foto: Bianca Rousek

Mitarbeiter erinnern sich an 24. Juli 2007 zurück. Zwölf Jahre, 2000 Kisten, ein Rathaus.

Calw - Es ist der 24. Juli 2007, als diese Nachricht die Runde macht: Das Calwer Rathaus muss evakuiert werden, weil es einsturzgefährdet ist. Nun, zwölf Jahre später, zieht die Verwaltung in das frisch sanierte Rathaus ein. Zeit für einen Rückblick.

"Ich erinnere mich noch sehr genau an den Tag, an dem ich erfahren habe, dass wir das Rathaus räumen müssen", erzählt Marion Buck, Fachbereichsleiterin Steuerung und Service bei der Stadt Calw. Am 24. Juli 2007 wurde sie vom damaligen Oberbürgermeister Manfred Dunst in dessen Büro gerufen. Sofort rückte er mit der Nachricht heraus, dass das Rathaus evakuiert werden müsse, weil es einsturzgefährdet sei. "Ich habe erst gedacht, er macht ein Späßle", gibt Buck zu. Je mehr der Statiker, der mit am Tisch saß, jedoch erklärte, desto klarer wurde ihr: Das ist Ernst.

Wie ernst, das weiß Volker Goedel, Leiter der Abteilung Hochbau, aus erster Hand. Er war dabei, als der Statiker die städtischen Gebäude, darunter auch das Rathaus, in Augenschein nahm. "Dass es Mängel gab, war uns komplett bewusst", gibt er zu. Immer wieder habe man Sanierungsmittel angemeldet, was damals aber nicht finanzierbar war. Dann folgte der Paukenschlag: "Der Statiker hat mich am nächsten Morgen angerufen und gemeint, er habe eine schlaflose Nacht gehabt", erinnert sich Goedel. Gemeinsam mit einem Kollegen kam der Experte für Holzbau noch einmal ins Rathaus. Spätestens beim Betrachten einer ziemlich schräg stehenden Stütze wurde klar: Das Haus muss gesperrt werden. "Das hat mich schon überrascht", sagt Goedel. In einer Amtsleiterbesprechung informierten die Männer ihre Kollegen "und dann ist das sofort ins Rollen gekommen", meint er. Schon am nächsten Tag stand der Bauhof mit Umzugskartons vor der Tür.

Gewölbekeller sorgt für Verzögerung

Nun mussten nicht nur die Büros mit allem Drum und Dran herausgeschafft werden, sondern auch tonnenweise Akten, die im Dachstuhl gelagert worden waren. 2000 bis 3000 Kartons wurden schließlich mit Hilfe der Feuerwehr aus dem einsturzgefährdeten Rathaus geborgen. Per Drehleiter, beziehungsweise Schrägaufzug, um es für die Helfer einfacher zu machen, erklärt Werner Rentschler, damals Stadtbrandmeister. Drei Tage lang hat das gebraucht. "Dann war die Belastung schon mal nicht mehr in diesem Maße vorhanden", meint Rentschler.

Auch wenn es damals hieß, dass das Gewicht der Akten ursächlich für die instabile Statik sei, bezweifelt Goedel das heute. Vielmehr sei die wohl größte Überraschung der Bauzeit daran Schuld: Ein Kellergewölbe, von dem niemand wusste, der nirgendwo verzeichnet war. Viele der Stützen standen nicht in der Mitte des Gewölbes, sondern an dessen Rand. "Dadurch ist die Bausubstanz instabil geworden", erklärt der Leiter des Hochbauamts. Gleich zu Beginn des Projekts sorgte der Gewölbekeller für die erste Verzögerung. Weitere folgten.

Unser Video vom Baustellenrundgang:

Zum Glück für die Mitarbeiter der Verwaltung fanden sich sofort nach der Räumuung des Rathauses Ersatzbüros. So stand zum Beispiel das Vermessungsamt in der Bahnhofstraße zu diesem Zeitpunkt leer; im Übergangsbüro des OBs gab ein Zahnarzt seine Praxis auf. "Wir hatten großes Glück", sind sich alle einig. Ohne die Städtebauförderung hätte man das alles jedoch nicht stemmen können.

2011 gab es einen Wechsel im Büro des Oberbürgermeisters. Ralf Eggert löste Manfred Dunst an der Verwaltungsspitze ab. "Im Dezember 2011 fand ich eine Stadt ohne eigenes Rathaus vor", schmunzelt Eggert. Dabei hatte er schon als Kind davon geträumt einmal, wenn er groß ist, ein eigenes Rathaus zu haben.

Erst 2014 kam er diesem Wunsch ein Stückchen näher, als mit der Sanierung begonnen wurde. Allein die Entkernung und die Untersuchung des denkmalgeschützten Gebäudes hatten bis 2009 gedauert. Ideenwettbewerb, Baubeschluss und Auftragsvergabe nahmen nochmal fünf Jahre in Anspruch. Im Sommer 2014 rollten dann die ersten Bagger an. Zuerst war eine Fertigstellung 2017 geplant. Schnell wurde aber klar, dass sich die Arbeiten verzögern werden. Und dennoch: "Es war eine sportliche Planung", so Goedel.

Mit Feuereifer vorangetrieben

Auch bei den ursprünglich vorgesehenen Kosten von rund zwölf Millionen Euro blieb es nicht. Statt zwölf Millionen schlägt die Rathaussanierung nun mit 19 Millionen Euro zu Buche. "Die Substanz war schlechter, als die ersten Untersuchungen haben vermuten lassen", meint er.

Nun, wieder knapp fünf Jahre später, zieht die Verwaltung nach und nach in das sanierte Rathaus ein. Zuerst das Büro des OBs, später die anderen Abteilungen. Noch ist zwar nicht alles fertig – auch wenn die ersten Mitarbeiter schon im Rathaus arbeiten, weden hier und da noch Arbeiten fertiggestellt – aber bisher läuft beim Endspurt alles nach Plan. Auch wenn es zugeht wie in einem Bienenstock.

Die Erleichterung darüber, dass das Mammutprojekt nun dem Ende zugeht, ist bei allen Beteiligten spürbar. "Die Handwerker waren mitunter am Verzweifeln", sagt Goedel. Auch, weil es eine so detailversessene Arbeit gewesen sei, wie man sie selten erlebe. "Und der Aufwand bei einem öffentlichen Gebäude ist natürlich größer."

Es war ein Projekt, dass von allen Beteiligten mit Feuereifer vorangetrieben wurde. Der Architekt zum Beispiel begleitet die Sanierung noch immer, obwohl er mittlerweile längst im Ruhestand ist.

Der Zusammenhalt innerhalb der Verwaltung sei bewundernswert gewesen, schwärmt Buck. "Das war auch etwas, was mir sehr in Erinnerung geblieben ist." OB Eggert ist sein Stolz deutlich anzumerken, als er durch die Räume geht, die nun beinahe fertig sind. Auch wenn es lange gedauert hat – nun bekommt er endlich sein "eigenes" Rathaus.