Entlang der Bundesstraße 296 sieht es licht aus – wo vorher Bäume standen, liegen die Überreste jetzt säuberlich gestapelt. Foto: Buck

Naturschützer ärgern sich über ihrer Meinung nach unnötig massive Abholzung entlang der B 296.

Calw - Entlang der Bundesstraße 296 zwischen dem Kreisverkehr Sieben Tannen und der Abzweigung nach Holzbronn wurden zuletzt etliche Bäume abgeholzt. Laut der ForstBW, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Für Naturschützer ist das wiederum nur eine fadenscheinige Ausrede.

Als die B 296 zwischen dem Kreisverkehr Sieben Tannen und der Abzweigung nach Holzbronn vor einiger Zeit für eine Woche gesperrt wurde, hatte wohl keiner geahnt, dass die Strecke hinterher kaum mehr wiederzuerkennen sein würde. Nicht mal die ForstBW selbst, wie aus einer Stellungnahme des Försters Johannes Fünfgeld hervorging. Er hatte im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten eingeräumt, dass im Verlauf der Verkehrssicherungsarbeiten weit mehr Bäume gefällt werden mussten, als ursprünglich geplant – weil es ansonsten für Auto-, Fahrrad- und Lastwagenfahrer auf und neben der Bundesstraße unter Umständen gefährlich geworden wäre.

"Die sind völlig gesund"

Für einige Mitglieder der Naturschutzgruppe des Schwarzwaldvereins (SWV) Gechingen, des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Ortsgruppe Althengstett sowie des Naturschutzbunds (Nabu) Calw und Umgebung ist das schlicht nicht nachvollziehbar. Sie sind der Ansicht, dass ein Eingriff in diesem Maße nicht nötig gewesen wäre. Und sie haben eine ganze Reihe offener Fragen an die ForstBW. Diese formulieren die Vertreter der Gruppierungen an einem herbstlichen Morgen nicht weit entfernt vom künftigen Industriegebiet Lindenrain - symbolisch neben einem Stapel abgeholzter Stämme.

"Die sind völlig gesund", deutet Manfred Senk aufgebracht auf die gefällten Bäume, die nun fein säuberlich aufeinander liegen. Der ehemalige Förster aus Bad Herrenalb, der auch im Kreistag aktiv ist, wollte sich selbst ein Bild vom Ausmaß des Eingriffs machen. Und er fällt ein klares Urteil: "Das hat überhaupt nichts mit einer Verkehrssicherungsmaßnahme zu tun." Viele der Bäume, die laut Fünfgeld gefällt werden mussten, um den Verkehr nicht zu gefährden, stünden weit weg von der Straße. Und vom Borkenkäfer befallen sei nur ein Bruchteil der abgeholzten Fichten. Für Gisela Gröger vom BUND Ortsgruppe Althengstett ist Sicherheit in diesem Fall ohnehin kein Argument. Je größer die einsehbare Fläche rund um die Straße sei, desto schneller werde auch gefahren, argumentiert sie. Und dann sei ebenso wenig für Sicherheit gesorgt, wie wenn dort Bäume stünden.

Sensibler herangehen

Fünfgeld hatte im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten auf vier Gründe verwiesen, weshalb so viele Bäume weichen mussten: Zum einen seien etliche vom Borkenkäfer befallen, litten unter Trockenheitsschäden, der Rotfäule oder seien zwar gesund, aber ohne die anderen Bäume rundherum nicht stabil genug.

Dass das alles sukzessive ans Licht kam und dadurch mehr Bäume gefällt werden mussten als ursprünglich geplant, verwundert auch Patrick Maier, Geschäftsführer des BUND Regionalverband Nordschwarzwald. Man fange an und sei überrascht, wie schlecht der Wald dastehe - "und man hat die Verkehrssicherungspflicht also macht man sie weg", resümiert er. Daher stellt sich für Armin Winterstein, BUND Ortsgruppe Althengstett, die Frage, ob die ForstBW nicht genug Zeit gehabt habe, sich vorzubereiten. Denn wenn sie Zeit gehabt hätte - hätte man dann nicht - zumindest bei den gesunden Bäumen - auf andere Maßnahmen zurückgreifen können, wie eine Bodenverdichtung?, fragt Winterstein.

Senk ist sich sicher, die Antwort zu haben, warum die ForstBW sich für die Abholzung auf rund 3,5 Hektar entschieden habe: Wenn sie alles weg machen, haben die Mitarbeiter die kommenden 50 Jahre ihre Ruhe, unterstellt er als Motiv. Dieser Theorie stimmt auch Hans Necker zu, der sich seit Jahren als Naturschutzwart im Schwarzwaldverein Calw engagiert. Die ForstBW habe nur die Wirtschaftlichkeit des Waldes betrachtet. Dabei hätte sich Necker gewünscht, dass sie sensibler an die Sache herangehen. "Mit ein bisschen mehr Aufwand hätte man die Eingriffe auf ein Minimum beschränken können", ist er überzeugt.

Bäume schon gefällt

Doch nun ist es schon geschehen - die Bäume sind gefällt. Deshalb fordern die Vertreter der Naturschutz-Gruppen ein Konzept, wie der Ausgleich aussehen soll. Gröger und Senk sprechen sich für eine natürliche Aufforstung im Bereich der gefällten Bäume nahe dem Areal des künftigen Industriegebiets Lindenrain aus. Heißt: Alles wird so liegen gelassen, wie es jetzt ist und die Natur sorgt selbst für eine neue Landschaft. Weiter in Richtung Kreisverkehr wünscht sich Senk die Einsaat von Eichen und Buchen. Nicht das Einpflanzen wohlgemerkt, denn dann seien die Bäume "gehirnamputiert", erläutert der ehemalige Förster. Nur wenn sie ihre Wurzeln - das Gehirn der Bäume, wie Senk erklärt - auf natürliche Weise bilden könnten, würden die Bäume sich gut entwickeln.

Des Weiteren wünschen sich die Naturliebhaber einen Austausch zwischen Naturschutz und Forst. Man müsse die drei Funktionen des Waldes - Erholung, Schutz, Nutzen - wieder in Balance bringen. Das sei in beiderlei Interesse. Denn, empört sich Senk: "Wir haben kein Recht, die Natur zu vergewaltigen."