Im April gelang vier Männern die Flucht aus dem Klinikum Nordschwarzwald. Alle wurden wieder gefasst und stehen jetzt in Tübingen vor Gericht. Foto: Klormann

Vier verurteilte Straftäter waren aus dem Klinikum Nordschwarzwald ausgebrochen.

Tübingen/Calw-Hirsau - Vier Männer stehen seit Mittwoch wegen ihres spektakulären Ausbruchs aus der geschlossenen Abteilung des Klinikums Nordschwarzwald im vergangenen April vor dem Landgericht Tübingen.

Es ist nicht verboten, aus dem Gefängnis auszubrechen. Auch für die Flucht aus der "Geschlossenen" einer psychiatrischen Klinik gibt es keinen Paragrafen im Strafgesetzbuch. Strafbar sind allenfalls die Methoden, die dazu angewendet werden.

Den vier Straftätern, denen am späten Abend des 10. April die Flucht aus der Forensischen Abteilung des Zentrums für Psychiatrie auf der Höhe über Hirsau gelungen war, wirft Staatsanwältin Barbara Nonnenmann schweren Raub, gefährliche Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsberaubung vor.

Die sofort ausgelöste Großfahndung, bei der auch Spürhunde und ein Hubschrauber eingesetzt wurden, brachte das Quartett schon im Verlauf des nächsten Vormittags wieder hinter Gitter. Zwei der Männer konnte die Polizei am frühen Morgen nahe dem Hirsauer Bahnhof stellen. Auch die beiden anderen Ausbrecher wurden wenige Stunden später an der Bahnstrecke zwischen Ernstmühl und Bad Liebenzell aufgespürt und festgenommen.

Die Männer im Alter zwischen 24 und 42 Jahren saßen "nach dem Scheitern der Therapie", noch zur Entziehung im so genannten Maßregelvollzug der Klinik ein, und hatten wegen Diebstahls, Drogendelikten und Raubes teils noch "erhebliche Haftstrafen zu verbüßen", so die Staatsanwältin. Für den Ältesten war nach Haftende im Jahr 2023 Sicherungsverwahrung angeordnet.

Zwei Ausbrecher drücken einem Pfleger die Luft ab

Sie sollen sich abgesprochen haben. Um 22.05 Uhr soll zunächst der aus Russland stammende Lastwagenfahrer M. im so genannten Krisenbereich eine Pflegerin überwältigt und ihr mit einem Ruck den Schlüsselchip und das Telefon aus der Hosentasche gerissen haben – mit dem Ruf "Das ist eine Meuterei!". Einem weiteren Pfleger, der sich wehrte, drückten zwei andere Ausbrecher die Luft ab, bis beide Bedienstete ihren Widerstand und den Versuch aufgaben, Sicherungsalarm auszulösen.

Der Älteste, nach Verbüßung der Haftstrafe zu weiterer Sicherungsverwahrung verurteilt, hatte sich laut Anklage mit einem "abgebrochenen massiven Kunststoffbesteck" bewaffnet. Er soll als Wortführer gedroht haben: "Ich habe nichts mehr zu verlieren." Man wolle die Pfleger zwar nicht verletzen, aber bei weiterem Widerstand werde es "gleich sehr ungemütlich".

Die bedrohten Pfleger fügten sich und wurden von den Männern eingesperrt. Mit den erbeuteten elektronischen Schlüsseln gelangten die vier Ausbrecher danach mühelos ins Freie. Dass sie diese Chips und die erbeuteten Telefone dann noch auf dem Klinikgelände gleich wieder wegwarfen, ist für die Kammervorsitzende Manuela Haußmann insofern "problematisch", als ein "dauerhafter Enteignungsvorsatz" fraglich sein könnte. Die eingesperrten Pfleger konnten Kollegen recht schnell auf sich aufmerksam machen, die dann Alarm auslösten und die Polizei verständigten.

Alle vier Angeklagten wollten weder Angaben zur Person noch zur Sache machen, ließen sie nach Verlesung der Anklage über ihre Verteidiger verlauten. Am Nachmittag sagten die ermittelnden Kriminalbeamten aus. Der auf vier weitere Verhandlungstage geplante Prozess wird am 2. März mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt.