Sie will nicht nur mit Zahlen überzeugen, sondern Europa auch in die Köpfe bringen: Isabel Mauderli, Europabeauftragte des Landkreises Calw, vor dem Europäischen Parlament in Brüssel. Foto: Buckenmaier

Stelle von Isabel Mauderli im Landratsamt hat sich mehr als bezahlt gemacht - aber sie will nicht nur mit Zahlen überzeugen.

Kreis Calw/Brüssel - Eine Europabeauftragte im Calwer Landratsamt? Für jeden Stammtisch ist diese Vorstellung ein gefundenes Fressen. Auch Landrat Helmut Riegger hat, als er diesen Vorschlag in den Kreistag eingebracht hat, verbale Prügel bezogen. Dabei ist dieser Posten, wie sich herausgestellt hat, Millionen wert.

"Machen Sie mal Europa", hat der Kreischef vor anderthalb Jahren zu Isabel Mauderli gesagt, als sie als Einzelkämpferin in der Europa-Abteilung begonnen hat. Riegger gab ihr – wie allen seinen Führungskräften – ansonsten freie Hand. Und es ist genau dieser Freiraum, den die heute 33-Jährige mit deutsch-eidgenössischen Wurzeln brauchte – und weidlich nutzte: für den Kreis Calw und für seine hier ansässigen Unternehmen.

Ende 2012, als sie ihre Stelle antrat, lag das Antragsvolumen im Kreis für die verschiedenen Förderprogramme bei drei Millionen Euro, davon eine Million aus dem europäischen Fonds. Ein Jahr später hatte sich – dank Isabel Mauderli – dieses Volumen mehr als verdoppelt auf 6,4 Millionen Euro, ein Drittel des gesamten Regierungsbezirks Karlsruhe. Das meiste Geld wird Unternehmen zugute kommen: "Das wird 100 neue Arbeitsplätze schaffen und 29 Millionen Investitionsvolumen generieren", sagt die 33-Jährige. Dabei spricht sie über Zahlen gar nicht so gern. Sie will mehr, als nur die Fördertöpfe anzapfen. Sie will Europa in die Köpfe der Menschen bringen. Und sowieso: "Man braucht eine Strategie. Man muss wissen, wo man hin will, sonst läuft man Gefahr, jedem Förderprogramm hinterher zu laufen und sich zu verzetteln."

"Kontakte sind das A und O"

Wer also an die Milliardentöpfe will, muss zuerst die europäische Politik verstehen, dieses etwas abgehobene und für einen Außenstehenden ziemlich diffus wirkende Brüsseler System begriffen haben und vor allem eines: Kontakte pflegen zu den EU-Parlamentariern, zur EU-Kommission, zu den so genannten Exekutivagenturen, wo das Fördergeld verteilt wird, und zu den Lobbyisten, die in Brüssel das Gras wachsen hören.

Schon aus diesem Grund verlagert die 33-Jährige mehrmals im Jahr ihren Arbeitsplatz für ein paar Tage ins Europaviertel: "Kontakte", sagt sie, "sind das A und O". Für diesen spannenden Job hat sie das nötige Rüstzeug mitgebracht: Sie studierte (in Australien!) internationale und europäische Beziehungen und holte anschließend ihren Master in internationaler Betriebswirtschaft, während sie (parallel) als Wirtschaftsförderin einer Kommune arbeitete und damit ihr Studium finanzierte. Sie schloss mit Bestnoten ab, arbeitete dann in einer englischen Denkfabrik, die das Parlament berät, wie man Jugendliche für Politik begeistert, und kam dann nach Brüssel, wo sie in einer Generalagentur für die EU-Kommission tätig war.

Von diesen Kontakten, Informationen und von diesem Wissen, das sie sich angeeignet hat, profitiert sie jeden Tag. Sie startet demnächst eine Kampagne im Kreis, um Jugendliche für die Europawahl im Mai zu sensibilisieren, geht in die Schulen, um dort aufzuklären, wie spannend und wie wichtig Europa ist. Am Schreibtisch im Calwer Landratsamt brütet sie über Strategiepapieren, wie man die Region voranbringt und hat dafür 50 000 Euro Fördergelder losgeeist. Sie versucht einen regionalen Dialog anzustoßen, wie sich der Ärztemangel in der Region aufgrund des demografischen Wandels verändern wird, oder denkt über die intelligente Verknüpfung von verschiedenen Mobilitätsformen nach. Die dafür zur Verfügung stehenden Förderprogramme hat sie stets im Hinterkopf.

Jeder Arbeitstag sieht bei ihr anders aus: Morgens ruft jemand an, der eine Reithalle bauen will und dafür Subventionen erhofft, später meldet sich ein Unternehmer, der Geschäftspartner in der Türkei sucht, und schließlich klopft ein Kreisbürger an, der ein Kulturfestival veranstalten will. Ein Job, der fordert und ihr förmlich Spaß macht: "Meine Arbeit ist sehr, sehr spannend und zeigt, welches große Potenzial dieser Kreis Calw hat." Die volle Unterstützung des Landrats weiß sie dabei hinter sich.

Isabel Mauderli hat noch viele andere Eisen im Feuer. Noch während wir im Brüsseler Riegierungsviertel mit ihr ein Gespräch über ihr Leben als Europabeauftragte des Landkreises Calw führen, klingelt ihr Handy. Die SMS, die ihr ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubert, verheißt neue Fördermittel für den Kreis: "Ah, sie haben angebissen."

Weitere Informationen: E-Mail: Isabel.Mauderli@kreis-calw.de, Telefon 07051-160 280