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Gregor Pallast bringt sein Publikum zum Schmunzeln

Die Welt ist verrückt und zur Realsatire geworden. Es sind schwere Zeiten für Kabarettisten, meint Gregor Pallast, der am Samstagabend bei der Kleinen Bühne Calw zu Gast war.

Calw. Zu überspitzen und zu übertreiben – dazu lässt die Politik kaum Platz. So scheitert Pallast immer wieder an dem Versuch, Berater der Wähler zu werden. Ist es schon Verzweiflung, wenn er meint: Merkel muss man nicht verstehen? Man scheitert als Berater kläglich, wenn man partout nicht sagen kann, was die Politiker nach der Wahl tun werden. Da werden zuerst die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert, um sie dann ganz plötzlich abzuschalten. Was den Grünen in jahrelanger Regierungsbeteiligung nicht gelungen ist, hat Merkel im Handumdrehen hingekriegt. Pkw-Maut? Erst ein "ohne mich", dann gibt man dem Koalitionspartner CSU doch nach. Die Ehe für alle: Wer hätte gedacht, dass es sie unter einer CDU-Regierung geben wird?

Derweil schlägt Pallast den Bogen zur SPD und ihrer Vorsitzenden Andrea Nahles. Hat eine große Klappe und tut nichts. Die Partei sei zum Regierungshilfswerk degeneriert. Auf dem Weg zur Fünf-Prozent-Hürde komme ihr die FDP entgegen.

Also wirklich kein Platz mehr für Kabarettisten? Man könnte es fast meinen. Etwa wenn Pallast, von Beruf Lehrer, immer wieder den Bogen zur Schule schlägt. In seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen muss angesichts des eklatanten Lehrermangels die Verzweiflung groß sein. Da startet das Kultusministerium eine Postkartenaktion mit sprachlich skurrilen Sprüchen. Etwa: "Wirste Lehrerin – machste schlauer"; oder: "Job mit Kultstatus – Gönn Dir". Als er das einem Bekannten gezeigt habe mit dem Verweis, dass NRW Lehrer braucht, kam die passende Antwort: "Das sehe ich". Realsatire pur.

Nachdenklichkeit statt brüllendem Gelächter

Wirklich keine Arbeit mehr für Kabarettisten? Wohl doch nicht ganz, denn sonst würden Pallast und viele andere nicht auf der Bühne stehen. Dem Bonner Künstler gelingt es immer wieder, solche Kuriositäten aufzuzeigen und in Zusammenhang zu bringen. Pallast amüsiert damit sein Publikum. Das ruft dann eher leises Schmunzeln und Nachdenklichkeit statt brüllendes Gelächter und Schenkelklopfen hervor.

Denn Pallast ist kein Comedian, sondern klassischer Kabarettist. Er lädt seine Zuhörer ein, ihn auf seinen Gedankensprüngen zu begleiten. Das reicht dann von der Finanzkrise über AfD und Pegida über den Brexit bis hin zum Klimawandel. Und natürlich immer wieder das Thema Schule. Die sei, so befürchtet Pallast, nur noch dafür da, nach acht Jahren Gymnasium Schüler in die Lage zu versetzen, Schlagworte bei Wikipedia in ihr Smartphone einzugeben. Denn damit tragen sie im Scheckkartenformat (fast) das ganze Wissen der Welt in ihrer Hosentasche – und nicht mehr in ihrem Kopf. Es sei durchaus möglich, dass man in ein paar Jahren nicht mehr ins Fitness-Studio, sondern ins Brain-Studio gehe, um das Gehirn zu trainieren. Der Tag sei nicht mehr fern, an dem Gäste ihren Besuch absagen, weil das Navi nicht funktioniert…

Vor allem gegen Ende seines Auftritts landet Pallast immer wieder beim Gestern. War die Welt wirklich besser, als es noch ein Wählscheiben-Telefon und nur drei Fernsehprogramme gab mit Sendepausen, die vom Walross Antje gefüllt wurden? Und in Schulbüchern noch stand, was Kinder lernen sollen? Der Weg zurück kann die Lösung kaum sein. Die anzubieten ist allerdings auch nicht die Aufgabe von Komödianten.