Der Wolf und die Folgen beschäftigten nun erneut den Kreistag. Foto: Archiv

Schutz vor Raubtier ist kostspielig. Resolution fordert Land zu mehr Anstrengungen auf.

Kreis Calw - Reizthema Wolf: Der Landkreis Calw will Weidetierhalter stärker unterstützen und verfasste eine entsprechende Resolution. Die wurde auf Antrag der FDP nun auch auf den Schutz von Pferden und Rindern ausgedehnt – aber nicht von allen Kreisräten akzeptiert.

Schon bei einem einzigen Wort können sich beim Reizthema Wolf die Gemüter erhitzen. In der Sitzung des Verwaltungs- und Wirtschaftsausschusses der Kreistags lautete das: Problemwolf. Zwar taucht dieses Wort in keiner Unterlage auf, doch Peter Schäfer, Leiter des Amts für Landwirtschaft und Naturschutz im Landratsamt, hatte es in der Sitzung einmal in den Mund genommen. Den bislang einzigen Wolf im Nordschwarzwald so zu nennen, damit hatte Kreisrat Manfred Senk (fraktionslos) jedoch seinerseits ein Problem: "Bislang hat dieser Wolf kein einziges Mal einen völlig intakten Zaun überwunden, um völlig geschützte Tiere zu reißen."

Raubtier seit November 2017 im Schwarzwald heimisch

Wie man weiß, ist besagter Grauwolf, der den amtlichen Namen GW852m trägt, seit November 2017 im Nordschwarzwald ansässig. Seitdem griff er 13-mal Nutztiere an, davon viermal im Kreis Calw. 54 Schafe hat GW852m insgesamt gerissen. Laut der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg sind dafür aber unzureichende Schutzmaßnahmen seitens der Tierhalter verantwortlich.

Der Schutz der Tiere – insgesamt grasen im Kreis Calw rund 10.000 Schafe, 3000 Rinder und 1500 Pferde im Freien – ist für die Halter jedoch eine kostspielige Angelegenheit, weshalb sie der Landkreis stärker unterstützen will. Zwar wurde Anfang März das Bundesnaturschutzgesetz geändert, wodurch der gesetzlich eigentlich streng geschützte Wolf nun gejagt werden darf, sobald er Schafe gerissen hat. Doch Schäfer sagt: "Die Situation für Weidentierhalter ist weiterhin problematisch."

Mit der vom Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss verabschiedeten Resolution stellt sich der Kreis daher stärker hinter die Tierhalter. Darin fordert er die Landesregierung auf, "ihre Anstrengungen zu verstärken, um nach der erfolgten Rückkehr des Wolfes den Fortbestand der Weidetierhaltung zu gewährleisten." Und weiter: "Wir erwarten, dass die betroffenen Weidetierhalter und insbesondere die für den Erhalt der Kulturlandschaft unentbehrliche Schäferei wirkungsvoller unterstützt werden. Die nachhaltige Weidetierhaltung ist nur möglich, wenn der erhebliche zeitliche und materielle Mehraufwand ausgeglichen wird."

Für FDP-Kreisrat Hans-Jochen Burkhardt, zugleich größter Weidentierhalter im Kreis Calw, ist diese Resolution längst überfällig: "Seit der Wolf da ist, hat sich die Arbeit mit den Tieren völlig verändert. Ich kann nicht mehr mit einem Hütehund arbeiten, weil die Kühe auf den Hund losgehen – und neuerdings auch auf uns Menschen." Die Erfahrungen, die man in Niedersachsen und den neuen Bundesländern gemacht habe, zeige: "Es dauert zwei bis drei Jahre, nachdem der erste Wolf da ist, und es bildet sich ein Rudel", so Burkhardt. Dann würden auch Angriffe auf Rinder und Pferde erfolgen. Der FDP-Kreisrat schlug daher vor, auch den Schutz von Großtieren mit in die Resolution aufzunehmen. Dem stimmte der Ausschuss mehrheitlich zu. "Volles Verständnis für die Befürchtungen der Landwirte", sagte etwa Thomas Blenke (CDU).

Andreas Kubesch will Arbeit von Landesregierung geschätzt wissen

Andreas Kubesch (Grüne), der wie Senk nicht für die Resolution stimmte, wünschte sich dagegen mehr Wertschätzung für die bislang geleistete Arbeit der grün-schwarzen Landesregierung im Umgang mit dem Wolf und unterstrich: "In Baden-Württemberg hat es bis heute keinen Übergriff auf Rinder und Pferde gegeben. Die könnte es geben, aber das muss man einfach mal so registrieren."

Eine Sichtweise, für die Tierhalter Burkhardt kein Verständnis hat. Der Oberreichenbacher schimpfte: "Wir müssen doch nicht warten, wenn wir sehen, was jetzt schon in Niedersachsen und den neuen Bundesländern passiert. Warum muss das Kind erst in den Brunnen fallen? In diese Resolution muss eingearbeitet werden, dass der Wolf entnommen wird, wenn er sich an Großtieren vergreift, und nicht erst wieder geprüft wird und, und, und. Da fühlen wir uns als Praktiker verarscht. Das ist für jeden Geschädigten ein Schlag ins Gesicht." Ohnehin steht für Burkhardt fest: "Ich stelle die Weidentierhaltung definitiv ein, sobald es hier zur Rudelbildung kommt."

Das Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg zur Wolfsprävention für Schaf-, Ziegen- und Gehegewildhalter wurde im Landkreis Calw zügig umgesetzt. Gefördert werden 90 Prozent der Nettokosten der Materialbeschaffung. Für bisher 63 Anträge wurden vom Landkreis rund 130 000 Euro bewilligt. Kein Antrag wurde abgelehnt. Vier Anträge mit einer Fördersumme von insgesamt 15 000 Euro wurden in Hinblick auf die zu erwartenden verbesserten Förderbedingungen zurückgestellt und nun bearbeitet.