Der Landkreis Calw wird 2018 voraussichtlich 51 Millionen Euro Schulden machen. (Symbolfoto) Foto: Wolf

Parteien sind sich uneinig über finanziellen Spielraum. Bis 2021 voraussichtlich 95 Millionen Euro.

Calw - Wenn’s um die Höhe der Kreisumlage geht, wird im Kreistag der Ton zunehmend rauer. Und die Anträge zu diesem Thema könnten konträrer nicht ausfallen. Während der Schuldenberg des Kreises wächst, haben die konservativen Fraktionen im Verwaltungsausschuss eine Senkung der Kreisumlage durchgedrückt.

Die Handzeichen, die sich die beiden Fraktionschefs Volker Schuler (Freie Wähler) und Jürgen Großmann (CDU) quer durch den Sitzungssaal zuwarfen, waren eindeutig. Es war eine spontane Verabredung zu einem kurzen Vieraugengespräch im Hinterzimmer. 20 Minuten später wiederholte sich das konservative Tête-à-Tete.

Jeder im Saal ahnte, was kommen würde. Kreisrat Erich Klemm von der SPD wollte in diesem Moment nicht mehr an sich halten, auch wenn FWV-Kreisrat Clemens Götz, der sich mit SPD-Fraktionschefin Ursula Utters zuvor einen scharfzüngigen Schlagabtausch geliefert hatte, mahnte, die Emotionen aus der Debatte rauszuhalten: "Es sind doch nur Zahlen."

Wie könne man da emotionsfrei bleiben, reagierte der SPD-Kreisrat sichtlich erregt, wenn man hinterher das beschließe, was die beiden Herren im Hinterzimmer ausbaldowert hätten. Die Kräfteverhältnisse waren im Verwaltungsausschuss unübersehbar: CDU und Freie Wähler verfügten über die klare Mehrheit.

Dennoch versuchten Grüne und SPD, mit einem eigenen Antrag gegenzusteuern: Statt 27 Prozent Kreisumlagehebesatz plädierten sie für eine Erhöhung auf 28 Prozent. Das hätte weitere zwei Millionen Euro für die Kreiskasse bedeutet, die von den Gemeinden aufzubringen gewesen wären. "Die Steuerquellen der Gemeinden sprudeln wie nie zuvor", begründete Johannes Schwarz von den Grünen den Antrag, während gleichzeitig der Schuldenberg des Kreises, Eigenbetriebe eingerechnet, von 41 Millionen Euro (Ende 2017) auf 51 Millionen Ende 2018 anwachse. Karl Braun (FDP) sprang Grünen und SPD zur Seite: "Jetzt sollte man die Zeit nutzen, um Polster anzulegen."

Landrat Riegger verwies im Lauf der Diskussion nicht nur auf mehrere Risiken im Haushalt durch Gesetzesänderungen oder wegen der Flüchtlingsunterbringung, sondern auch auf die millionenschweren Großprojekte Hesse-Bahn, Kliniken und Breitbandausbau, die den Schuldenberg des Kreises in vier Jahren, so die Prognose, auf 95 Millionen Euro anwachsen lassen. Trotz erhöhter Zuweisungen vom Land in Höhe von einer Million Euro habe der Kreishaushalt "keine Luft nach oben und nach unten", betonte Riegger: "Wir wollen keine Polster, wir wollen nur die Risiken abfedern."

Freie Wähler und Rieggers eigene Parteifreunde von der CDU waren da anderer Meinung. Sie machten in der Kreiskasse eine Liquidität von zwei Millionen Euro aus, die – wie Volker Schuler sich ausdrückte – "in der Cloud herumschwimmen". Und dieser Betrag weckte Begehrlichkeiten und führte schließlich zu dem Hinterzimmertreffen der beiden Fraktionschefs. Heraus kam dabei der Vorschlag der CDU, den Kreisumlagehebesatz um einen weiteren Prozentpunkt niedriger anzusetzen, als der Landrat in den Haushalt eingebracht hatte, und damit auf 26 Prozent zu senken. Das ergäbe für die Gemeinden eine Minderbelastung just in der Höhe von jenen zwei Millionen Euro aus Schulers "Cloud". Der FWV-Fraktionschef konnte sich sogar eine Senkung um 1,5 Prozent vorstellen. "Hat noch jemand mehr zu bieten?" reagierte der Landrat mit Sarkasmus.

"Kraftmeierei, nur um zu zeigen, wer hier das Sagen hat", polterte Freidemokrat Karl Braun. Zuvor war CDU-Kreisrat Gerhard Feeß energisch der "Mär" entgegengetreten, "dass in den Gemeinden alles wunderbar läuft". Zu viele Aufgaben, so der Altensteiger Bürgermeister, könnten die Kommunen nicht erfüllen: Während sich der Kreis ein Finanzpolster schaffe, müssten die Kommunen Kredite aufnehmen: "Das kann nicht sein."

Der Antrag von SPD/Grünen, den Hebesatz auf 28 Prozent zu erhöhen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Für einen Hebesatz von 26 Prozent und damit für eine Entlastung der Kommunen stimmten Freie Wähler und CDU geschlossen mit zehn Stimmen. Neun kamen von amtierenden Bürgermeistern.

"Ich sehe nicht, wo ich noch einsparen soll", reagierte Kreiskämmerer Albrecht Reusch achselzuckend.

"Sonst holen wir’s uns wieder bei den Gemeinden", warf der Erste Landesbeamte Zeno Danner ein. "Gut erkannt", gab Feeß zurück, ohne Danner auch nur eines Blickes zu würdigen. Das letzte Wort hat nun der Kreistag.