Die Stadt Calw müsste eigentlich einen Anteil von acht Millionen aufbringen – sieht sich dazu aber nicht in der Lage
Von Roland Buckenmaier
Kreis Calw. Bei der geplanten Calwer S-Bahnanbindung stellt sich immer mehr die Frage, wer das Millionen-Projekt bezahlen soll. Die Stadt Calw jedenfalls sieht sich außer Stande, ihren Anteil von acht Millionen Euro aufzubringen. Und Calws klamme Haushaltslage ist nicht der einzige Stolperstein für dieses Zukunftsprojekt. Im jüngsten Verwaltungsausschuss des Kreistags kamen neue Zahlen auf den Tisch: Sollte die Hermann-Hesse-Bahn tatsächlich, wie geplant, bis ins Jahr 2019 ihren Betrieb aufgenommen haben und täglich 2800 Menschen Richtung Renningen chauffieren, würden jährlich 2,4 Millionen Euro an Betriebskosten – für Fahrzeug, Personal, Energie und Wartung – anfallen. Und diese Summe müsste der Landkreis stemmen und voraussichtlich über die Kreisumlage an die Kommunen weiter geben. Im Nachbarkreis Böblingen, verweist Kreiskämmerer Albrecht Reusch, verfahre man genauso: "Das macht dort sechs Punkte bei der Kreisumlage aus. Die öffentlichen Verkehrssysteme müssen uns was wert sein."
Aber wer bezahlt überhaupt den Bau der neuen Schienstrecke? 48,3 Millionen würde die Variante mit Dieselbetrieb kosten, 57 Millionen sind für den Elektrobetrieb kalkuliert. 50 Prozent davon, so hofft man, übernimmt das Land. Doch Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte in dieser Woche bei seinem Besuch im Kreis allzu große Erwartungen gedämpft. Natürlich könne man sich einen Zuschuss des Landes vorstellen, sagte er: "Die Frage ist nur wann?" Dabei wollte man das Projekt bis im Jahr 2019 nicht nur gebaut, sondern auch abgerechnet haben.
"Das ist doch ein Schnäppchen"
Die andere Hälfte der Baukosten, also 25 Millionen Euro, würden sich der Landkreis einerseits und die drei Anrainergemeinden (also Calw, Althengstett und Ostelsheim) anderseits teilen. Weil die beiden letztgenannten Kommunen schuldenfrei sind, fragte SPD-Fraktionschef Rainer Prewo in der Sitzung: "Wo ist das Problem?" Angesichts des "infrastrukturellen Quantensprungs" für die drei Kommunen sei deren Millionenanteil doch "ein Schnäppchen".
Ralf Eggert, Oberbürgermeister der Stadt Calw, sieht das freilich anders. Auf seine Stadt kämen, nach einem Einwohnerschlüssel berechnet, rund zwei Drittel des Anteils der Anrainerkommunen zu – umgerechnet also runde acht Millionen Euro. "Diesen Anteil kann die Stadt nicht tragen", erklärte das Calwer Stadtoberhaupt auf Anfrage unserer Zeitung kategorisch und verwies auf die ungelöste Rathaussanierung. Die Konsequenz sähe aus seiner Sicht düster aus: "Dann verfallen diese vier Gebäude am Marktplatz vollends."
Und sowieso müsste die Hesse-Stadt über diese geforderten acht Millionen hinaus fünf Millionen für ÖPNV- und Park & Ride-Anlagen ausgeben. Bei deren Förderung von 50 Prozent wären dies insgesamt 10,5 Millionen Euro, die seine Stadt zu schultern hätte – also fast so viel wie der Landkreis, auf den rund zwölf Millionen Euro zukommen. Eggert ("Das Ziel eint uns mit dem Landkreis") hofft, dass der Kreistag die klamme Haushaltslage seiner Stadt anerkennt und versucht, den Calwer Anteil auf fünf Millionen zu drücken: "Mehr geht jedoch nicht – das ist auch keine Verhandlungstaktik."
Kreiskämmerer Reusch ist dennoch optimistisch: "Wir kennen die Calwer Position. Es geht um die Höhe und weniger um das ›Ob‹." Und man stehe auch noch nicht am Ende der Verhandlungen.
Eine andere "große Herausforderung" sieht er indes in Spezies, die im Laufe der Jahrzehnte die alte Schwarzwaldbahnstrecke für sich zurückerobert haben. Zum Beispiel die Fledermauspopulationen in den Tunnels oder auch die "Gelbbauchunke", ein Froschlurch, der gemeinhin in Tümpeln zuhause ist und den man im Gewann Hau gefunden habe. Reusch: "In solchen Fällen muss man einen naturschutzrechtlichen Ausgleich schaffen." Welche Konsequenzen das bisweilen habe, sehe man ja bei Stuttgart 21.