Mit dem direkten Calwer S-Bahn-Anschluss wird so bald nichts werden Foto: Fritsch

Hermann-Hesse-Bahn stößt im Kreis Böblingen weiter auf Skepsis. Informationsabend in Weil der Stadt.

Calw/Weil der Stadt - An sich hat man im Kreis Böblingen nichts dagegen, dass Calw einen Bahnanschluss in Richtung Stuttgart bekommt. Nur mit der Hermann-Hesse-Bahn (HHB) will man sich nicht so recht anfreunden.

Das wurde bei einer Informationsveranstaltung in der gut gefüllten Weil der Städter Stadthalle am Montagabend deutlich. Man schöpft dabei Hoffnung aus dem Elektrifizierungskonzept, das Verkehrsminister Winfried Hermann Mitte April vorgelegt hatte.

Favorisiert wird von den Bürgermeistern Thilo Schreiber (Weil der Stadt) und Wolfgang Faißt (Renningen) eine direkte S-Bahn-Anbindung im Zuge einer Elektrifizierung. Dann brauche es die HHB nicht, die zwischen den beiden Städten parallel zur S-Bahn fährt.

Dagegen hat auch der Calwer Landrat Helmut Riegger nichts. Nur liege dafür bislang weder Finanzierung noch Planung vor. Förderrechtlich möglich sei derzeit nun mal allein die HHB.

Diesel schwer vermittelbar

Schreiber hielt dagegen: "Die HHB sollte jetzt gleich elektrifiziert und gebaut und als S-Bahn ausgebildet werden. Damit wären die Sorgen für die S-Bahn auf dem Streckenabschnitt Weil der Stadt-Renningen für immer erledigt." Zudem sei schwer vermittelbar, dass bei einer bevorstehendenden Elektrifizierung zunächst Dieseltriebwagen auf der HHB fahren sollen.

Der Böblinger Landrat Roland Bernhard schlug dagegen moderatere Töne an. Wer die Elektrifizierung wolle, müsse sagen, wer sie finanziere. Und nach dem die Calwer sich nun schon seit nahezu 20 Jahre um eine Anbindung an Stuttgart bemühen, seien weitere Verzögerungen kaum zumutbar und auch der Dieselbetrieb hinzunehmen.

Michael Stierle, Verkehrsplaner im Calwer Landratsamt, versicherte denn auch, dass zwischen Calw und Renningen so schnell wie möglich Brennstoffenzellen-Triebwagen zum Einsatz kommen sollen, die in Niedersachsen dieser Tage in den Regelbetrieb gehen.

Eine direkte S-Bahn-Anbindung ist damit keineswegs vom Tisch. Dagegen habe das Land nichts, wie Gerd Hickmann, als Vertreter des Verkehrsministeriums versicherte. Dafür brauche es allerdings eine erneute Standardisierte Bewertung. Derzeit arbeite sein Haus daran, wie der notwendige Koeffizient von größer als 1,0 erreicht werden kann. Der wurde 2012 verfehlt. Dann erst könne über die S-Bahn gesprochen werden und bis dahin brauche es die HHB. Werden die 1,0 nicht erreicht, bestehe die Gefahr, dass "am Ende gar nichts auf’s Gleis kommt".

Fragiles System

Schon die S-Bahn allein ist ein fragiles System mit einer Vielzahl von Verspätungen. Das wird durch die HHB nicht einfacher. Obwohl der Kreis Calw bei Störungen der S6 zu 100 Prozent Vorrang vor der HHB einräumt und damit auf einen diskriminierungsfreien Zugang verzichtet, sieht man das in Renningen und Weil der Stadt skeptisch. Deshalb wurde, wie Stierle sagte, eine zweite Fahrplanrobustheitsprüfung simuliert. Danach führt der Betrieb beider Bahnen allenfalls zu Verzögerungen im Sekundenbereich. Das wurde im Saal mit Gelächter quittiert.

Auch der lange Umstiegsweg von mehreren hundert Metern in Renningen wurde von den Bürgern kritisch gesehen.

Calws Landrat Riegger vergaß nicht darauf hinzuweisen, dass 2012 schon einmal der direkte S-Bahn-Anschluss angestrebt wurde. Das sei seinerzeit nicht nur an der fehlenden Wirtschaftlichkeit gescheitert, sondern auch am Widerstand des Verbands Region Stuttgart, zu dem auch der Kreis Böblingen gehört. Erst dann habe man sich im Kreis Calw entschlossen, die HHB zu bauen.