Landrat fordert: Kreis Calw muss mehr Selbstbewusstsein zeigen / Renningen stellt Bedingungen für Anbindung der Hermann-Hesse-Bahn
Von Alfred Verstl
Calw/Böblingen. Für Helmut Riegger gibt es da nichts zu deuteln. Der Calwer Landrat redet Tacheles: "Unser Weg führt bis Renningen." Eine Hermann-Hesse-Bahn nur bis Weil der Stadt werde es mit dem Kreis Calw nicht geben.
"Wir müssen selbstbewusster werden", hebt Riegger im Gespräch mit unserer Zeitung hervor. "Jetzt sind wir dran", so der Calwer Landrat. Massiv sei im Zuge der Ansiedlung des Bosch-Forschungszentrums rund um Renningen in Straße und Schiene mit dem Bau der S 60 nach Sindelfingen investiert worden. Da kann Riegger nicht nachvollziehen, dass es im Nachbarkreis jetzt Vorbehalte gibt.
Damit befindet er sich auf einer Linie mit Clemens Götz. "Gebt den Bosch-Leuten doch die Bahnverbindung in den Schwarzwald", lautet der Appell des Althengstetter Bürgermeisters.
Von Schlachtgetöse und Schattengefechten sprechen Götz und Riegger, wenn sie die Äußerungen der Kommunalpolitiker aus dem Kreis Böblingen hören. Ratschläge brauche er von dort nicht, so der Calwer Landrat. Letztlich entscheide das Land, ob gebaut wird.
"Wir sind schon so lange dran", sagt Riegger. Alles sei offen kommuniziert und mit Landesverkehrsministerium und der Region Stuttgart abgesprochen. Da sei auch der Verkehrsdezernent des Landkreises Böblingen dabei gewesen. Schon deshalb könne er die nun geäußerten Bedenken nicht verstehen. Das sei Kirchturmspolitik.
Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt lässt sich von solchen Äußerungen nicht irritieren. Er und die Stadt stellen glasklare Bedingungen für eine Hesse-Bahn in seine Stadt. So komme nur eine Elektrifizierung in Frage. Wegen Lärm und Abgasemissionen komme der kostengünstigere Dieselbetrieb nicht in Frage. Zudem müssten moderne geräuschoptimierte Züge eingesetzt werden. Zugleich betonte Faißt, dass er eine Schienenverbindung zwischen den Kreisen Böblingen und Calw durchaus begrüße. Falls die Renninger Bedingungen nicht erfüllt werden, fahre die Bahn eben nur bis Weil der Stadt.
Bernhard will keine Fronten zwischen den Kreisen aufbauen
Fronten aufzubauen zwischen den beiden Landkreisen, das möchte der Böblinger Landrat Roland Bernhard auf gar keinen Fall. Es wäre durchaus sinnvoll, wenn es die Grenzen zwischen der Region Stuttgart und dem Schwarzwald, die jetzt noch zu spüren sind, nicht mehr gebe – schon wegen der starken wirtschaftlichen Verflechtungen und der damit verbundenen Pendlerströme.
Allerdings liebäugelt Bernhard damit, in einer ersten Stufe den Zug aus Calw nur bis Weil der Stadt fahren zu lassen. Er könne sich vorstellen, dass auch dort die Kriterien der Standardisierten Bewertung erfüllt werden, also mindestens die Quote von 1,0 erreicht wird.
Im Nachbarkreis hat, das wurde in der letzen Kreistagssitzung deutlich, für viele Kommunalpolitiker die Schönbuchbahn, die zwischen Böblingen und Dettenhausen verkehrt, eindeutig Priorität. Die müsse, so Bernhard, dringend ausgebaut und elektrifiziert werden. Mit geschätzten 48 Millionen Euro erreicht das Projekt eine ähnliche Größenordnung wie die Hermann-Hesse-Bahn. Immerhin fahren damit täglich 10 000 Menschen. Derzeit sieht Bernhard durchaus Chancen, dass beide Bahnvorhaben realisierbar sind.