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Mittendrin: Redakteure stürzen sich mit der DLRG in die Fluten. Hallenbad in Althengstett gut ausgelastet

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Althengstett ist einer der größten Vereine der Gäugemeinde. Ein Verein, bei dem nicht nur der Sport des Sports wegen im Vordergrund steht, sondern vor allem eines: das Retten von Menschenleben. Zwei Redakteure des Schwarzwälder Bote absolvieren eine Trainingsstunde bei den Schwimmern.

Althengstett. Schwungvoll springe ich (Sebastian Buck) vom Startblock aus ins 25-Meter-Becken des Althengstetter Hallenbads. Als das kühle Wasser mich umschließt, geht der Schalter im Kopf wie früher auf den Modus "Lebensrettung". Im Schnellgang kraule ich zu meiner Kollegin Bianca Rousek. Die spielt in dieser Situation das Ertrinkungsopfer. Anschwimmen, aus dem Halswürgegriff befreien, Patient in den Standardfesselschleppgriff nehmen und wieder zurück. Als wäre das nicht schon anstrengend genug, lässt Rainer Kömpf, Vorsitzender der DLRG Althengstett, keine Ruhepause zu. "Auf gehts, weiter", motiviert er mich. Die zweite Aufgabe, die vor mir liegt, liegt exakt vier Meter unter mir auf dem Grund des Beckens: ein Fünf-Kilo-Ring.

Drei Mal tief Luft holen und kopfwärts in die Tiefe. Mit jedem Beinschlag nimmt der Druck auf die Ohren zu. Auf halber Strecke Druckausgleich und weiter geht’s – der Weg nach unten kommt mir ewig vor. Doch dann kralle ich mir endlich den schwarzen Ring und hieve ihn an die Wasseroberfläche. Geschafft? Denkste. Kömpf kommt schon mit der nächsten Teilaufgabe um die Ecke: "Jetzt die Kollegin aus dem Wasser ziehen." Das ist trotz des Fliegengewichts der Kollegin nicht ganz einfach, weil durch einen unachtsamen Moment das Kreuz am Beckenrand arg malträtiert werden könnte.

Doch es geht alles gut, die Kollegin überlebt die Bergung. Ich aber bin nach dieser Rettungs-Kombiübung völlig am Ende. "Eigentlich kommt da jetzt noch Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) dazu", sagt Kömpf. Und das drei Minuten lang. Darauf verzichte ich aber freimütig – am Morgen war nämlich schon betrieblicher DRK-Kurs. Ich weiß also, wie anstrengend das ist.

Vorsitzender beklagt, dass immer mehr Bäder schließen

Daher bin ich froh, dass es die letzte Übung für den heutigen Abend ist. Die Kombiübung, die ich gerade gemacht habe, umfasst nämlich all das, was Kömpf uns zuvor gezeigt hatte – nacheinander.

Während wir uns langsam zu den Umkleiden begeben, trainieren andere Schwimmer munter weiter – sie müssen zwar keine HLW exerzieren an diesem Abend, aber das Trainingspensum ist bei den Top-Schwimmern der DLRG hoch – sie nehmen schließlich auch regelmäßig an Wettkämpfen teil.

Der Terminkalender im Althengstetter Bad platzt hingegen aus allen Nähten. Auf jeder Bahn befinden sich Schwimmer, von den Spinden sind die meisten belegt. Kein Wunder, erklärt Kömpf. Pro Übungsabend werden innerhalb von rund vier Stunden zwischen 120 und 140 Kinder sowie Jugendliche trainiert, die meisten zwischen 14 und 16 Jahre alt. Da ist es gut, dass man das neue Gerhard-Schanz-Sportzentrum hat, das erst 2018 eingeweiht wurde. Das Hallenbad an sich gab es vorher schon, die komplette Technik, der Umkleidebereich und das Nicht-Schwimmerbecken sind aber erneuert worden.

Über mangelnde Auslastung könne sich das Bad seither nicht beklagen, bestätigt Kömpf. Allein die Althengstetter Ortsgruppe gemeinsam mit dem Stützpunkt in Gechingen hat knapp 500 Mitglieder, von denen viele regelmäßig die Halle besuchen. Hinzu kommen die Schulen, die Volkshochschule, die Kindersportschule, andere Vereine und der normale Badebetrieb. "Ein brutal großes Einzugsgebiet", fasst der Vereinsvorsitzende zusammen. Was er auch darauf schiebt, dass immer mehr Hallenbäder schließen. Inzwischen ist das im Gerhard-Schanz-Sportzentrum das größte im ganzen Landkreis. "Eigentlich traurig für einen Bäderkreis", moniert er. Auf der anderen Seite sei es aber natürlich auch schön, dass die Nachfrage so hoch sei.

Stichwort hoch. Das ist die Anspannung auch bei mir (Bianca Rousek). Spulen wir also eine Stunde zurück, zum Anfang unserer Trainingseinheit. Denn ich muss zugeben, ein großer Fan von Wasser, vor allem wenn es kalt ist, bin ich nicht. Ein bisschen Plantschen in der Nähe des Beckenrands, vielleicht eine Bahn schwimmen und dann schnell wieder zurück auf die Liegewiese. So sah für mich bislang ein Besuch im Freibad aus. Um nicht missverstanden zu werden: Ich kann schwimmen. Nur mag ich es eben nicht sonderlich. Umso gespannter bin ich demnach, wie das heutige Training ablaufen wird.

Zum "Aufwärmen" sollen wir vier Bahnen, je 25 Meter, schwimmen, sagt Kömpf. Obwohl ich mich durchaus als sportlich bezeichnen würde, entgleisen mir für einen Moment die Gesichtszüge. "Donnerwetter, das ist echt viel", denke ich. Aber wider Erwarten klappt es dann doch ohne Schwierigkeiten. Ebenso wie das Tauchen nach den Ringen. In geringerer Tiefe überhaupt kein Problem, in vier Metern dann schon eine Herausforderung, insbesondere in Hinblick auf den Druck auf den Ohren.

Nachdem Kömpf uns einige grundlegenden Übungen zum Thema Menschenrettung im Wasser mithilfe des jungen Rettungsschwimmers Lasse Tiedje demonstriert hat, kündigt er das "Kleiderschwimmen" an. Sieht ungefähr genauso kurios aus, wie es klingt. Dabei zieht man nämlich ein weites Hemd und eine Hose aus Baumwolle an, was ein wenig an Karate-Anzüge erinnert, und absolviert damit die Schwimm-Übungen. Der Effekt: Die Kleidung saugt sich mit Wasser voll und erschwert das Schwimmen enorm. Auch das muss aber geübt sein, denn bei einer Rettung bleibt oft keine Zeit, sich zuerst auszuziehen.

Im Ernstfall ist die betroffene Person bewusstlos

Nach weiteren zwei Bahnen mit jenem Erschwernis folgt die ultimative Herausforderung: Im Wasser sollen wir das Hemd und die Hose ausziehen und an den Beckenrand werfen. Gar nicht so leicht, muss man sich einerseits durch Strampeln über Wasser halten und andererseits die Knöpfe des Hemds ausfädeln. Ha, bei dieser Übung bin ich sogar schneller als mein im Schwimmen weit mehr geübter Kollege.

Kein Wunder, denn ich (Sebastian Buck) habe die Kollegin zuvor über eine Länge abgeschleppt – also gerettet, um dem DLRG-Fachjargon zu entfliehen. Und das strengt dank der vollgesaugten Baumwollkleider "saumäßig" an. Die Kollegin hilft bis auf ein "das ist aber gechillt" herzlich wenig mit. Doch das soll so sein, denn im Ernstfall ist die Person bewusstlos, also für keinerlei Mithilfe zu gebrauchen.

Auf halber Strecke sackt die Leistung in den Beinen in den Keller. Zwar war ich selbst mehr als zehn Jahre in der DLRG aktiv, bin auch Inhaber des Silbernen Rettungsschwimmabzeichens, aber auch schon eine Weile außer Übung. Von gelegentlich im Sommer geschwommenen Kilometern im Freibad einmal abgesehen. Brutal anstrengend ist die Übung in Kleidern auch für mich. Am Ende bringe ich aber sowohl Kollegin als auch Kleider heil an Land. Jetzt wie in alten DLRG-Zeiten noch locker "Ausschwimmen"? An diesem Abend ein Ding der Unmöglichkeit. Ich bin völlig fertig nach dem straffen Trainingsprogramm, das Kömpf uns verordnet hat. Aber irgendwie auch stolz, denn erstaunlich viel weiß ich als Rettungsschwimmer a.D. noch.

Für uns beide war der Abend nicht nur anstrengend, sondern auch lehrreich. Denn zu welchen Leistungen man als Rettungsschwimmer im Ernstfall tatsächlich fähig sein muss, zeigt sich erst mit derlei Übungen. Davor gilt es höchsten Respekt zu haben. Wir sind freilich trotzdem froh, es nach der Trainingsstunde wieder ans Ufer geschafft zu haben – und das ganz ohne von Kömpf oder seinen Helfern an selbiges gerettet werden zu müssen.