Bildung: Stadtpfarrer sieht beide Schulfächer als gleichwertig an / Zukunft der Glaubenslehre in Gefahr?

Calw (rk). Religionsunterricht ist wichtig und sollte erhalten bleiben. Das hat Calws Stadtpfarrer Dieter Raschko, wie in unserem gestrigen Bericht "Bauernfängern zuvorkommen" zu lesen war, betont. Der Artikel thematisierte eine Umfrage, laut der zwei Drittel der Deutschen sich wünschen, den Religionsunterricht abzuschaffen.

Unterricht, der Werte vermittelt, "bitter nötig"

Wichtig ist Raschko aber auch, dass er vor allem in einer Hinsicht recht verstanden wird: seiner Ansicht zum Schulfach Ethik.

"Es entspricht überhaupt nicht meiner Meinung, dass Ethik in irgendeiner Weise minderwertig gegenüber dem Religionsunterricht ist", unterstreicht der Stadtpfarrer. "Im Gegenteil: Beide Fächer sind bitter nötig in einer Zeit, in der nach Werten gerufen wird, viele aber gar nicht wissen, welche Werte denn gemeint sind."

Religions- und Ethikunterricht seien keine Gegensätze, die miteinander konkurrieren "Beide stellen den Menschen in den Mittelpunkt und verstehen sich auch als Korrektiv gegenüber inhumanem Denken und Handeln. Beide stellen sie Handlungsmöglichkeiten und Lebensmodelle für gelingendes Leben vor", erklärt Raschko. "Sie wollen den jungen Menschen begleiten. Beide Schulfächer wollen ›Bauernfängern zuvorkommen‹, wie es Diakon Bolz trefflich formuliert."

Der Unterschied der Fächer liege darin, dass sie sich zwar zu einem recht großen Teil mit denselben Fragen beschäftigen, diese jedoch anders behandeln.

Auch geistliche statt nur weltliche Herangehensweise

Während sich Ethikunterricht weltlich verstehe und Fragen ohne Bezug zu einem Gottesglauben thematisiere, beschäftige sich der Religionsunterricht auch mit "Fragen der Transzendenz", sagt der Stadtpfarrer. Er spreche ausdrücklich von Gott und berücksichtige neben Vernunft, Kultur- und Geistesgeschichte auch "Erfahrungen, die Menschen mit Gott machen". Dabei werde in beiden Fächern mit ähnlichen Methoden gearbeitet und "mit großem Enthusiasmus unterrichtet".

Die Zukunft des Religionsunterrichts sieht Raschko indes trotz allem kritisch, wenn auch noch nicht gefährdet. Denn obwohl der Stadtpfarrer klar für den Fortbestand des Fachs plädiert, stellt er sich auch die Frage, "wie lange in Calw noch eine nennenswerte Zahl Christen lebt, die für ihre Kinder einen Religionsunterricht wünscht".

Für den Moment zieht er aber aus seiner Erfahrung als Religionslehrer das Fazit: "Was die Werkrealschule in der Badstraße angeht, ist zu betonen: Beide Fächer (Ethik und Religion, Anm. d. Red.) sind zurzeit unverzichtbar. Auch der Religionsunterricht ist fest verankert."

Transzendenz ist ein aus dem Lateinischen stammender Begriff, der "Übersteigen" bedeutet. Gemeint ist damit in diesem Zusammenhang eine Art "Übersteigen" der Erfahrungen, die Menschen zum Beispiel durch Sehen, Hören, Fühlen, Riechen oder Schmecken machen können, gewissermaßen hin zur "göttlichen Welt". Etwas Transzendentes existiert in diesem Sinne "außerhalb" der Sinne und ist nicht von diesen abhängig.