Gerd Kunzmann (von links), Anabel Hirsch und Florian Kling stellen ihre Ideen vor. Foto: Rousek

Drei Bewerber sprechen in Stammheim über ihre Ideen. Ralf Eggert moderiert unterhaltsam. Mit Video

Calw-Stammheim - Erste städtische Kandidatenvorstellung: Vor rund 1000 Bürgern hatten die Oberbürgermeister-Kandidaten Anabel Hirsch, Gerd Kunzmann und Florian Kling in Stammheim die Möglichkeit, sich und ihr Wahlprogramm vorzustellen.

Für die Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters in Calw steht momentan ein regelrechter Vorstellungsmarathon an. Vergangene Woche in Heumaden, am Montag im Haus der Kirche, nun in Stammheim und am Freitag, 20. September, in der Calwer Aula.

Das Prinzip ist – bis auf die Veranstaltung im Haus der Kirche – immer gleich: Jeder Kandidat bekommt, in der Reihenfolge der Bewerbung, 15 Minuten Zeit sich vorzustellen, anschließend dürfen die Bürger 15 Minuten lang Fragen stellen. Gegenseitiges Zuhören ist dabei tabu – die jeweils anderen Bewerber werden unterdessen "verwahrt", wie es OB Ralf Eggert ausdrückte. Im Falle der Veranstaltung in Stammheim hieß das: Ab in die Container. Was aber nur halb so schlimm war, wie es klingt. Jeder Bewerber bekam ein eigenes Klassenzimmer in dem Containergebäude, das während der Sanierung des Maria von Linden-Gymnasiums mehrere Klassen beherbergt, bekamen die drei anwesenden Bewerber.

Apropos drei: Der Vierte im Bunde, Sanuel Speitelsbach, ließ sich bei der Kandidatenvorstellung in der Stammheimer Gemeindehalle nicht blicken. "Da muss ich Sie enttäuschen", schmunzelte Eggert, der die Veranstaltung moderierte. Raunen im Publikum. Letztlich ist sein Fernbleiben aber nur konsequent – schließlich möchte Speitelsbach laut eigenen Aussagen nicht für Stammheim als OB kandidieren.

Ziele erreichen

Durch dessen Abwesenheit betrat Anabel Hirsch zuerst die Bühne. "Wir sind in Calw zu Hause", betonte sie. Dabei habe sie festgestellt: "Es gibt viel zu tun." Viel, das sie als Oberbürgermeisterin angehen wolle. Wie sie das als Frau mit der Familie unter einen Hut bekommen würde?, fragt Hirsch rhetorisch in die Runde. "Genauso wie ein verheirateter Mann", ihre simple Antwort, für das sie den ersten Zwischenapplaus des Abends erhält.

Hirsch zeichnet eine Vision der Stadt Calw. Wie sie sich 2030 vorstellt: Gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, ein belebter Marktplatz, ein gut zugängliches Nagoldufer, ein funktionierendes Klimaschutzkonzept. Wie sie das finanzieren will, beantwortete Hirsch gleich selbst: "Es ist Teil meines Berufs mit Geld verantwortungsvoll umzugehen." In der sich anschließenden Fragerunde wollte ein Bürger es dann aber doch genauer wissen. Mit einem Kassensturz, der vollen Ausschöpfung der Fördergelder, einem vollen Gewerbegebiet möchte Hirsch ihre Ziele erreichen.

Eine Stimme dafür ist ihr schon mal sicher. So sicherte ein Mann im Publikum der Bewerberin zu, sie zu wählen, wenn sie definitiv innerhalb von vier Jahren eine Bedarfshaltestelle in Ernstmühl einführe. Der Deal: Klappt es nicht, muss sie zurücktreten. Hirsch sagte zu.

Das Deals Aushandeln schien an diesem Abend voll "en vogue" zu sein. Ein anderer Besucher nahm sich seinen Vorredner zum Vorbild und probierte dasselbe Modell bei Kunzmann – nur diesmal für Holzbronn. Auch hier mit Erfolg. Der 46-Jährige versprach, in Calw vom ersten Tag an voll durchzustarten. Auch in Zeiten des Wirtschaftsabschwungs wolle er hiesige Unternehmen fördern, die Ansiedlung weiterer Firmen vorantreiben und wieder ein Hallenbad schaffen. Letzteres nahm erneut eine Menge Raum bei der Kandidatenvorstellung ein. Kunzmann zeigte sich davon überzeugt, dass es das Richtige sei, ein Hallenbad anzusiedeln. Kinder müssten in einer Großen Kreisstadt das Schwimmen lernen können, betonte er.

Keine Option

Überdies will Kunzmann die Kinderfreundlichkeit verbessern – zum Beispiel in dem man Kindergartengebühren senkt. Priorität eins sei aber, wie er auf Rückfrage erläutert, die Innenstadtentwicklung. Stufen hinab zum Nagoldufer und eine Belebung des Marktplatzes zählten dazu. "Ich bin kein Experiment", schloss er seine Vorstellung. Und: Er könne nerven, wenn es gelte Großprojekte wie den Calwer Tunnel umzusetzen. Kontinuität habe er bereits in Remchingen bewiesen, wo er seit mehr als 20 Jahren bei der Gemeindeverwaltung arbeitet, so Kunzmann.

Kling ging zunächst auf sei ne Erfahrung in Sachen Digitalisierung ein, die er in den vergangenen Jahren gesammelt habe. Wenn auch seine Vermutung, dass irgendwo im Rathaus noch mit Schreibmaschinen gearbeitet werde, von OB Eggert mit einem heftigen Kopfschütteln verneint wurde. Nichtsdestotrotz: In dieser Hinsicht müsse laut Kling noch viel passieren. Ebenso wie beim Thema Innenstadt. "Das Tor vom Nordschwarzwald fängt momentan beim ZOB an", bedauert der 32-Jährige. Würde man den Tunnel vorantreiben, könnte das künftig ein schöneres Umfeld sein. Autos aus der Innenstadt zu verbannen ist dabei keine Option für Kling. Eher schweben ihm Kurzzeitparkplätze vor. Auch bei seinen Vorschlägen stellte sich für einige Bürger die Frage nach dem lieben Geld. Das möchte Kling – neben der Ansiedlung von Gewerbe – auch mit mehr Einkommenssteuer schaffen. Seine Rechnung: mehr Lebensqualität, mehr Leute, mehr Steuereinnahmen. "I däts wirklich gern mache", meinte der Bewerber zum Schluss.

Obwohl Kling auch in dieser Runde mit dem meisten Applaus die Bühne verließ, glauben nach einer schnellen Umfrage des amtierenden OBs – der übrigens überaus unterhaltsam moderierte – nur die wenigsten daran, dass sich die Wahl im ersten Wahlgang entscheidet. Nach der Veranstaltungen versammelten sich vor der Halle noch viele Bürger, um ihre Eindrücke zu teilen. Eindeutiges Echo? Gab es keines.