Calw - Noch ist nicht entschieden, wer der neue Oberbürgermeister von Calw wird. Keiner der Bewerber erhielt mehr als 50 Prozent der Stimmen. Als Favorit geht mit 44,4 Prozent der Stimmen Florian Kling hervor. Nun werden die Calwer am Sonntag, 13. Oktober, erneut an die Wahlurnen gebeten.

18 Uhr, im Eingangsbereich des Calwer Rathauses: Die Wahllokale haben geschlossen, die Urnen mit den Stimmzetteln werden ausgekippt. Wie hier geschieht es wohl gleichzeitig in allen Wahllokalen der Stadt. Helfer zählen die Stimmen aus. Die große Frage, die im Raum steht: Wer hat wohl das Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters gemacht? Noch ist es unklar.

Unterdessen beginnt sich der Sitzungssaal des Rathauses zu füllen; interessierte Bürger strömen herein, warten gespannt auf das Ergebnis.

18.21 Uhr: Die ersten drei Wahlbezirke sind ausgezählt; ein Beamer wirft die Zahlen in Echtzeit auf eine Leinwand im Sitzungssaal. Das erste Zwischenergebnis: Speitelsbach 0,7 Prozent, Anabel Hirsch 35,3 Prozent, Gerd Kunzmann 23,9 Prozent, Florian Kling 39,8 Prozent. Noch sind es erst wenige Hundert Stimmen; wahlberechtigt sind 18 459 Bürger. Und doch deutet sich an: Einen neuen Oberbürgermeister oder eine neue Oberbürgermeisterin gibt es an diesem Abend wahrscheinlich nicht.

Von jetzt an geht es Schlag auf Schlag: Sechs, sieben, neun Bezirke sind gegen 18.30 Uhr ausgezählt. 0,7 Prozent Speitelsbach, 26,9 Prozent Hirsch, 31,8 Prozent Kunzmann, 40,6 Prozent Kling. Eine Tendenz für den Ausgang der Wahl? Reicht es einem der Kandidaten für die mehr als 50 Prozent der geforderten Stimmen, die es bei der ersten Runde der Wahl braucht? Kandidat Kling rückt immer näher an die 50-Prozent-Marke heran, die es bräuchte, um im ersten Wahlgang eine Entscheidung herbeizuführen.

In den Besucherreihen wird aufgeregt getuschelt. Immer wieder erstaunte Zwischenrufe, wenn neue Zahlen auf der Leinwand erscheinen. Der Sitzungssaal füllt sich weiter. Zu den Bürgern kommen nun auch etliche Kommunalpolitiker hinzu – beispielsweise der Erste Landesbeamte Frank Wiehe oder Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger.

Inzwischen sind 19 Wahlbezirke ausgezählt. Es wird klarer: An diesem Abend bleibt es unklar.

Beteiligung noch niedriger als 2011

Eine Sache ist nun aber Fakt: Wer der oder die neue Oberbürgermeister/in von Calw wird, wird erst am Sonntag, 13. Oktober, entschieden.

Die Wahlbeteiligung war bei diesem ersten Wahlgang ausgesprochen gering. Lediglich 41,5 Prozent der Wahlberechtigten setzten ihr Kreuz auf dem Stimmzettel. Bei der vorangegangenen Wahl 2011 waren es noch 46,11 Prozent. Es scheint ein allgemeiner Trend zu sein, dass die Beteiligung zurückgeht. 2003 gingen immerhin noch 55,51 Prozent zur Wahl. Viele äußern sich enttäuscht über das offenbar geringe Interesse der Bevölkerung.

Der Spuk ist vorbei. Die ersten Besucher treten wieder den Heimweg an. Nun tritt Noch-OB Ralf Eggert ans Mikrofon. Er lädt alle nach draußen ein, wo sich bereits die Stadtkapelle in Position gebracht hat. Sie spielen ein Stück, dann wird offiziell das Wahlergebnis verkündet. "Eine Verwaltung beschäftigt so eine Wahl ganz arg", sagt Eggert. Nicht nur die Vorbereitungen und die Wahl an sich bedeute viel Aufwand, auch die Beteiligung der Bürger treibe die Verantwortlichen um. Nachdem um 12 Uhr noch nicht einmal 15 Prozent ihre Stimme abgegeben hatten, habe man schon das Schlimmste befürchtet.

Nun zum vorläufigen Ergebnis: Speitelsbach vereint 0,6 Prozent der Stimmen auf sich Hirsch 22,7 Prozent, Kunzmann 32,2 Prozent, Kling 44,4 Prozent. "Ich gratuliere allen", meint Eggert. Nun gelte es in den kommenden zwei Woche nochmal Wahlkampf zu betreiben. "Das geht an die Substanz, aber es lohnt sich."

Die Kandidaten werden auf dem Marktplatz von Menschen umringt. Es wird gratuliert, sie geben Interviews, machen Fotos. "Ich bin froh, dass wir es aus eigener Kraft so weit geschafft haben", sagt Hirsch. In zwei Wochen werden sie nochmal das Beste geben, um diejenigen zu überzeugen, die nicht sie gewählt haben.

Kunzmann hätte sich ein paar Prozent mehr erhofft, gibt er zu. "Aber ich bin nicht unzufrieden." Der 46-Jährige möchte zunächst eine Nacht über die Wahl schlafen, das Ergebnis analysieren und dann seine nächsten Schritte planen. "Aber ich bin den Calwern verpflichtet." Daher gehe er davon aus, dass er auch bei der Neuwahl wieder antreten wird.

Strahlend trifft man Kling an. "Ich bin super zufrieden, dass mir so viele Leute ihr Vertrauen geschenkt haben", freut er sich. Mit dieser Rückendeckung werde er nun weiter machen und zum Beispiel mit Hausbesuchen versuchen, auch die anderen Bürger von sich zu überzeugen.

Zurück im Rathaus ist es deutlich ruhiger geworden. Einige wenige stehen vor dem Sitzungssaal, tauschen sich aus und essen vom Büfett. Jedes Mal, wenn sich jemand verabschiedet, fällt derselbe Satz: "Wir sehen uns in zwei Wochen."

Die Geschehnisse des Abends gibt es zum Nachlesen mit Videobeiträgen in unserem Liveticker.

Kommentar: Völlig offen

Von Ralf Klormann

Steht der neue Calwer Oberbürgermeister jetzt schon fest? Mit 44,4 Prozent der Stimmen hat Florian Kling sich deutlich abgesetzt; rund 5,6 Prozentpunkte fehlten ihm zum Sieg. Andererseits: Auch Gerd Kunzmann oder Anabel Hirsch könnte es gelingen, das Ruder herumzureißen. Denn zwei Wochen bleiben den Kandidaten bis zur Neuwahl noch, um die Bürger zu überzeugen. Zwei Wochen, die das Zünglein an der Waage sein können. Eines ist klar: Alle müssen nochmal richtig Gas geben, statt sich auf dem Erreichten auszuruhen. Vielleicht gibt es am 13. Oktober dann eine echte Überraschung. Der Ausgang dieser Wahl war teilweise absehbar. Zu deutlich schien Kling mit seinen Reden bei den Kandidatenvorstellungen zu begeistern. Nun hängt vieles davon ab, ob er diesen Spannungsbogen hält. Das Fazit? Eine klare Tendenz - aber ein völlig offenes Ergebnis.